Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
mit der die Gemeinde der Flammenden Herzen ihre Ausgaben zahlt. Die Gemeinde muss ja von etwas leben, weisst du, der Harem von dem – dem Sektenführer, wie du ihn nennst. Und ihre Gebäude und so. Das Geld haben sie von der Firma Transmar“, erklärte Consuelo schnell.
„Bist du sicher?“ Vincent war, als habe er einen Schlag in die Magengrube bekommen. War es möglich? Wenn dies wahr war, so handelt es sich bei Transmar um eine noch viel schlimmere Bande, als er jemals vermutet hatte. Eine Sekte finanzieren? Was um Himmels willen waren die Hintergründe dafür?
„Transmar Import Export Ltd.? Meinst du die?“ fragte er deshalb, um alle Irrtümer auszuschliessen.
„Ja“, sagte Consuelo und ihre Stimme war nurmehr ein Flüstern.
Herrn Marcial lag die Mitteilung eines entfernten Mitgliedes der Gemeinde der Flammenden Herzen vor. Der getreue Schwachkopf arbeitete am Zoll und hatte es sich nicht nehmen lassen, die Ausreise der kleinen Consuelo zu bemerken und mitzuteilen. Marcial strich sich über seine sorgfältig gekämmten Locken an der Schläfe, während er über die Umstände der Ausreise des Mädchens las. Es war einer der wenigen Momente, in denen Marcial fast von Wut erstickt wurde. Dieses kleine Biest hatte es sich erlaubt, sich in den Schutz einer internationalen Organisation zu stellen und war nun abgehauen. Sie musste sich sogar einen Reisepass zugelegt haben. Was mochte sie diesen idiotischen Wohltätern erzählt haben?
Marcial erreichte seinen Siedepunkt. Wäre Consuelo nun vor ihm gestanden, so hätte er sie ganz einfach getötet. Es war ihm zu diesem Zeitpunkt gleichgültig, wie wertvoll sie war. Er malte sich alle Arten der Qual aus, mit der er sich rächen wollte. Er stellte sich vor, wie sie um Gnade bitten würde und er würde sie ihr unbeugsam verweigern.
Sein Bild der Rache wurde übermächtig und Marcial konnte kaum mehr sitzen bleiben. Er atmete schwer und steigerte sich ganz in seine Phantasie und seinen Groll.
Wo sein Herz hätte sein sollen, bildete sich eine Kugel von Hass. Sie war stachelig und von zerreissend unsteter Farbe. Herr Marcial verspürte die unendlich Befriedigung, sich von all der Schmach, die Consuelo ihm angetan, zu befreien. Er wollte alldas verspüren, wollte noch mehr von dieser Befreiung seines Hasses. Er liess eine der Frauen kommen, die erst seit neuem in der Gemeinde der Flammenden Herzen zu seiner Verfügung stand. Eingeschlossen in all seine Wut und seinen Hass stürzte er sich auf die junge Frau und erging sich ganz in dem Schwall seiner Triebe.
Dann schickte er sie fort, richtete seine Kleidung und leitete die nächsten Schritte in die Wege. Während dem er die Manschetten an seinen Ärmeln zurecht zupfte, war nichts mehr von seinem Inneren Aufruhr zu erkennen. Er war wieder so kalt wie je. Während er seinem Untergebenen den Suchauftrag nach diesem Vincent Thal übergab, der der Begleiter Consuelos gewesen war, trommelte er mit den Fingern auf die Tischkante. Neben seinem Handrücken stand ein Glas mit rötlich schimmernder Erdbeermarmelade. Als er allein war, begann er es auszulöffeln und das leichte Zucken neben seinem rechten Auge liess wieder nach.
Der Hass aber, den er ausgestossen hatte, schwirrte wie ein zielloses Geschoss um ihn und würde dereinst treffen.
In den vergangenen Monaten war es nicht besser geworden. Die Lebensmittel waren knapp und nur selten gab es mehr ausreichend Mais, Fleisch oder Bohnen. Im Asunción nahe dem Fluss häufte sich der Unmut und wie aus dem Abfall die Dämpfe steigen, gärte der Hass. Immer wieder rotteten sich die Jugendlichen zusammen, Banden aus den benachteiligten Stadtgebieten, und schwärmten dem Zentrum zu. Sie umzingelten gezielt vereinzelte Passanten, bedrohten sie mit Messern und Schusswaffen und raubten sie aus. Es war eine äusserst ärgerliche Angelegenheit, die immer wieder hartes Durchgreifen seitens derer erforderte, die sich ihre Sicherheitskräfte leisten konnten. Die Bewohner der Villenviertel schlossen sich zusammen und legten ihre kleine Miliz zusammen. Sie leiteten sie an, sich besser zu organisieren und die Polizei gegen die Ausdehnung der Slums zu unterstützen.
Wohlsituierte Leute unterhielten so zusammen eine private Armee, welche Militär und Polizei insofern überlegen war, als dass sie regelmässigen Sold erhielt. Dass sie diese durch Schutzgelder von Ladenbesitzern und privaten Anwohnern aufbesserte, wurde wohl oder übel geduldet. Jede Armee hatte ihren Preis,
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