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Paradies für alle: Roman (German Edition)

Paradies für alle: Roman (German Edition)

Titel: Paradies für alle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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mehr, viel mehr:
    Ein Kasten mit kleinen auf Nadeln gesteckten Schokoladenstückchen verschiedener Sorten, sorgfältig mit lateinischen Namen auf winzigen Schildchen versehen, katalogisiert wie Käfer in einem Käferkasten.
    Ein Mobile aus Fischgräten, leider verheddert.
    Ein Puppenhaus in einer Streichholzschachtel. Das Puppenhaus hatte etwas Mädchenhaftes. Vielleicht, dachte ich, hat er das irgendwann für Lotta gebaut und zurückbekommen, um irgendetwas daran zu reparieren, den Wasserhahn in der Küche oder etwas dergleichen.
    »Ich werde eine Liste machen«, flüsterte ich. »Eine Liste von allen Dingen im Museum der Ideen. Es ist gar nicht schlecht, Listen zu machen, weißt du.«
    Claas nickte stumm.
    Auf dem letzten, äußersten Regal lag die Bibel, die ich in der Brotdose gefunden hatte. Dünndruck, Taschenformat.
    Es gab keine Bücher über Philosophie. Davids Kollektion an philosophischen Werken, teilweise entwendet aus der städtischen Bücherei, befand sich noch immer auf dem Fußboden von Rosekasts Wohnzimmer.
    Ich weiß nicht, wie lange wir so auf dem Bett saßen und nichts anderes taten, als die Regale anzusehen und die Gegenwart des anderen zu spüren. Schließlich nahm Claas das Briefmarkenalbum in die Hand und ließ seine Finger durch die Seiten gleiten.
    »Wir werden irgendetwas mit all diesen Dingen tun müssen«, sagte er.
    »Das ist einer der Sätze, die ich hasse«, sagte ich. »Ist es nicht jetzt, in diesem Moment, völlig egal, was wir mit den Dingen tun? Sie sind hier, das reicht doch. Warum musst du immer vernünftig denken?«
    Claas legte das Album auf Davids Kopfkissen und sah mich an.
    »Wenn ich nicht vernünftig denke«, sagte er, »werde ich verrückt. Es gibt zu viele schreckliche Dinge … in der Klinik … jeden Tag …«
    »Die Klinik ist wichtig, hm?«, fragte ich. »Nicht nur als Ort, an den du von zu Hause fliehst.«
    Er nickt. »Du hast gemerkt, wie wichtig eine Klinik sein kann. Es gibt eine Menge Menschen, deren Geschichten dort enden. Sie brauchen … jemanden. Es gibt nur zwei Wege, mit den schrecklichen Geschichten umzugehen. Entweder man verzweifelt. Gibt das Leben auf, das … Leben an sich. Oder man betrachtet die Dinge von außen. Nüchtern. Vernünftig.«
    Ich dachte an Thorsten Samstag. Er war den anderen Weg gegangen.
    »Wer zu vernünftig bleibt, wird kalt«, sagte ich.
    Claas legte seine Hand auf meine. Es war eine warme Hand, sie war viel wärmer als meine. Ich merkte, dass ich schon wieder fror, und er merkte es auch, nahm die Hand fort und legte stattdessen beide Arme um mich.
    »Das mit der Kälte ist ein Trugschluss«, flüsterte er. »Es sieht nur von außen so aus. Verstehst du?«
    »Ich glaube«, flüsterte ich, und dann hielten wir uns eine Zeitlang fest, dort auf Davids Bett, und es war eine ganz andere Art von Festhalten als die Umarmung von Thorsten.
    Thorsten war sehr weit weg, dachte ich, und er würde für immer sehr weit weg bleiben. Er hatte aufgegeben – das Leben an sich. Ich hätte es auch beinahe aufgegeben. Aber jetzt war ich froh, dass Claas mich nicht gelassen hatte.
    Ich liebte ihn nicht. Nein. Nicht auf die Art, auf die man liebt, wenn man verliebt ist. Nicht auf die Art, auf die ich David liebte. Aber ich war ihm dankbar für seine Anwesenheit. Für seine Wärme. Und das reichte vielleicht.
    »Wenn ich dir etwas sehr Dummes erzähle«, flüsterte ich. »Etwas … das nichts mit Vernunft zu tun hat … lach mich nicht aus.«
    »Ist es das, wovor du dauernd Angst hast? Dass ich dich auslache? Ich lache dich nicht aus. Ich verspreche es.«
    »David …«, begann ich. »Ich glaube, David hätte es verstanden … Es ist vielleicht nur eine Metapher, so wie der Satz, dass ich mich in den Bildern verstecke …« Ich rutschte noch tiefer in seine Umarmung und sagte ganz leise: »Da ist eine Mauer. Um mich. Sie ist auch jetzt da. In diesem Augenblick. Zwischen uns.«
    »Ja«, sagte Claas.
    »Man kann sie nicht sehen.«
    »Ich weiß«, sagte Claas.
    Das blaue Mondregenlicht hüllte uns wieder lange in Schweigen, und dann sagte ich: »Ich war bei einem Zeltlager, meinem allerersten Zeltlager – mit meiner Klasse und ein paar Lehrern. Ich war neun. So wie David. Ich habe versucht, mit den anderen zu spielen, aber sie waren immer schneller und lauter als ich, sie konnten mich nicht gebrauchen.
    Ich weiß noch, wie sehr ich mich nach meinem Zimmer sehnte. Nach meinem Pinsel und meinem Malblock. Ich hatte sogar ein paar bemalte

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