Paradies Pollensa
Barton Russells Schwägerin. Jung, hübsch, ekelhaft reich. Heute Abend gibt Russell eine Party. Kennen Sie ihn? Glattrasierter Amerikaner, Großindustrieller. Seine Frau war Paulines Schwester.«
»Und wer gehört noch zu der Gesellschaft?«
»Sie werden sie in einer Minute kennen lernen, wenn die Musik zu Ende ist. Lola Valdez, Sie wissen, die südamerikanische Tänzerin von der neuen Show im Metropole, ist dabei und Stephen Carter. Sie kennen doch Carter – er ist Diplomat. Ein Geheimniskrämer. Bekannt als der ›schweigsame Stephen‹. Der Typ, der immer sagt: ›Ich bin nicht befugt, mich darüber zu äußern.‹ Hallo, da kommen sie ja!«
Poirot stand auf. Er wurde Barton Russell, Stephen Carter, Señora Lola Valdez, einem dunkelhaarigen, sinnlichen Geschöpf, und Pauline Weatherby vorgestellt, sehr jung, sehr blond und mit Augen wie Kornblumen.
»Was, das ist der große Monsieur Hercule Poirot?«, rief Russell. »Ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen. Wollen Sie sich nicht zu uns setzen? Das heißt, wenn Sie…«
»Er hat eine Verabredung mit einer Leiche«, unterbrach ihn Tony Chapell. »Oder ist es ein durchgebrannter Finanzmakler? Oder handelt es sich um den dicken Rubin des Radschas von Borrioboolagah?«
»Ach, mein Lieber, glauben Sie, ich sei immer im Dienst? Kann ich nicht einmal ausgehen, um mich zu amüsieren?«
»Vielleicht haben Sie mit Carter hier ein Treffen vereinbart. Das Neueste aus Genf: internationale Lage jetzt besonders gespannt. Die gestohlenen Pläne müssen gefunden werden, oder es kommt zum Krieg!«
»Musst du dich so idiotisch aufführen, Tony?«, sagte Pauline Weatherby schneidend.
»Entschuldige, Pauline.« Tony Chapell fiel in zerknirschtes Schweigen.
»Wie streng Sie sind, Mademoiselle.«
»Ich hasse Leute, die ständig den Hanswurst spielen.«
»Ich sehe schon, ich muss mich in Acht nehmen. Ich darf nur über ernsthafte Themen sprechen.«
»O nein, Monsieur Poirot. Sie meine ich doch nicht.« Sie wandte ihm ihr lächelndes Gesicht zu und fragte: »Sind Sie wirklich so eine Art Sherlock Holmes und ziehen die unglaublichsten Schlüsse aus den geringsten Kleinigkeiten?«
»Ach, das mit dem Schlüsseziehen – das ist in Wirklichkeit nicht so einfach. Aber soll ich es versuchen? Also, ich schließe, dass gelbe Iris Ihre Lieblingsblumen sind.«
»Ganz falsch, Monsieur Poirot. Maiglöckchen oder Rosen.«
Poirot seufzte. »Ein Fehltreffer. Ich will es noch einmal versuchen. Heute Abend, es ist noch nicht lange her, riefen Sie jemanden an.«
Pauline lachte und klatschte in die Hände. »Ganz richtig.«
»Es war kurz nachdem Sie hierherkamen?«
»Wieder richtig. Ich telefonierte in der Minute, als ich durch die Tür war.«
»Ah, das ist nicht so gut. Sie telefonierten, bevor Sie zu Ihrem Tisch hier kamen?«
»Ja.«
»Wirklich sehr schlecht.«
»O nein, ich finde, das war sehr gescheit von Ihnen. Woher wussten Sie, dass ich telefonierte?«
»Das, Mademoiselle, ist das Geheimnis eines großen Detektivs. Und die Person, die Sie anriefen – beginnt ihr Name mit einem P oder vielleicht mit einem H?«
»Falsch! Ich telefonierte mit meinem Mädchen, damit sie einige schrecklich wichtige Briefe zur Post bringt, die ich nicht mehr abschicken konnte. Ihr Name ist Louise.«
»Peinlich – sehr peinlich.«
Die Musik setzte wieder ein.
»Wie wäre es, Pauline?«, fragte Tony.
»Ich glaube nicht, dass ich schon wieder tanzen möchte, Tony.«
»Ist das nicht schlimm?«, sagte Tony verbittert in die Runde.
Poirot flüsterte dem südamerikanischen Mädchen auf seiner anderen Seite zu: »Señora, ich kann es nicht wagen, Sie aufzufordern, mit mir zu tanzen. Ich bin zu sehr aus grauer Vorzeit.«
»Ach, das ist doch Unsinn, was Sie da reden!«, entgegnete Lola Valdez. »Sie sind noch jung. Ihr Haar ist noch ganz schwarz!«
Poirot zuckte leicht zusammen.
»Pauline«, sagte Russell mit Nachdruck, »als dein Schwager und Vormund werde ich dich jetzt einfach auf die Tanzfläche verschleppen. Es ist ein Walzer, und Walzer ist so ungefähr das Einzige, was ich wirklich zustande bringe.«
»Ja, natürlich, Barton, dann wollen wir uns gleich auf die Beine machen.«
»Nett von dir, Pauline, du bist großartig.«
Sie zogen zusammen los. Tony kippte mit seinem Stuhl. Dann sah er Stephen Carter an.
»Sie reden gern, nicht wahr, Carter?«, bemerkte er. »Bringen eine Party so richtig in Schwung mit Ihrem Geschwätz, was?«
»Wirklich, Chapell, ich weiß nicht, was Sie
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