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Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Lied, das an jenem Abend damals in New York gespielt wurde. Russell muss es veranlasst haben. Mir gefällt das nicht.«
    »Nur Mut! – Nur Mut!«
    Wieder mahnte jemand zur Ruhe.
    Eine junge Frau schritt zur Mitte der Tanzfläche, eine pechschwarze Frau mit rollenden Augen und strahlendweißen Zähnen.
    Sie begann mit tiefer, heiserer Stimme zu singen – einer Stimme, die einen merkwürdig berührte.
     
    »Ich habe dich vergessen,
    Nie denk ich mehr an dich,
    Weiß nicht mehr deinen Gang,
    Weiß nicht mehr deine Stimme,
    Vergessen deine Worte,
    Nie denk ich mehr an dich.
    Kann heute nicht mehr sagen,
    Sind deine Augen blau,
    Sind deine Augen grau,
    Ich habe dich vergessen,
    Nie denk ich mehr an dich.
    Ich schwör es dir,
    Ich brauch nicht mehr an dich zu denken,
    Ich bin geheilt,
    An dich nur immer zu denken…
    An dich… an dich… an dich…«
     
    Die schluchzende Melodie und die tiefe samtene Stimme hatten eine große Wirkung. Die Sängerin hypnotisierte die Gäste, verzauberte sie. Alle im Raum starrten auf sie, gepackt von der Faszination, die von ihr ausstrahlte.
    Ein Ober ging leise um den Tisch mit den gelben Iris und schenkte nach, wobei er mit gedämpfter Stimme »Champagner« sagte, aber die Aufmerksamkeit der Gäste blieb auf den einen Lichtfleck gerichtet, in dem die schwarze Frau stand und sang:
     
    »Ich habe dich vergessen,
    Nie denk ich mehr an dich.
    Oh, was für eine Lüge!
    Ich werde ständig an dich denken, an dich denken,
    An dich bis in den Tod…«
     
    Frenetischer Beifall brach los. Die Lichter gingen wieder an. Russell kam zurück und nahm Platz.
    »Das Mädchen ist wundervoll! So etwas …«, rief Tony. Seine Worte wurden von Lolas leisem Aufschrei unterbrochen. »Da… da…!«
    Und dann sahen sie es alle. Pauline Weatherby sank nach vorn auf den Tisch.
    »Sie ist tot!«, rief Lola entsetzt. »Genau wie Iris – wie Iris damals in New York!«
    Poirot sprang auf und bedeutete den anderen, sich zurückzuhalten. Er beugte sich zu der zusammengesunkenen Gestalt hinab, ergriff eine schlaffe Hand und fühlte nach dem Puls.
    Sein Gesicht war blass und besorgt. Die anderen beobachteten ihn. Sie waren wie gelähmt, wie in Trance.
    Poirot nickte kummervoll. »Ja, sie ist tot – la pauvre petite. Und ich saß neben ihr! Aber diesmal wird der Mörder nicht entkommen!«
    Russell, aschgrau im Gesicht, murmelte: »Genau wie Iris… Sie sah etwas – Pauline hatte an jenem Abend etwas bemerkt. Sie war sich nur nicht sicher – sie sagte mir, sie wüsste es nicht genau… Wir müssen die Polizei holen… O Gott, die kleine Pauline…«
    »Wo ist ihr Glas?«, fragte Poirot. Er hob es an die Nase. »Ja, ich kann das Zyankali riechen. Ein Geruch nach Bittermandel… Dieselbe Methode, das gleiche Gift…« Er nahm ihre Handtasche.
    »Werfen wir doch einen Blick hinein.«
    »Glauben Sie etwa, dass es auch Selbstmord ist?«, rief Russell. »Niemals!«
    »Warten wir ab«, meinte Poirot. »Nein, es ist nichts drin. Das Licht ist zu rasch angegangen, verstehen Sie, so dass dem Mörder keine Zeit blieb. Deshalb hat er das Gift noch bei sich.«
    »Oder sie«, sagte Carter. Er blickte zu Lola Valdez.
    Sie fauchte sofort los: »Was meinen Sie damit? Was wollen Sie damit sagen? Etwa, dass ich sie getötet habe? Das ist nicht wahr – einfach nicht wahr! Warum sollte ich so etwas tun?«
    »Sie hatten in New York eine ziemliche Schwäche für Russell. Jedenfalls kam mir das Gerücht zu Ohren. Argentinische Schönheiten sind notorisch eifersüchtig.«
    »Das ist ein Haufen Lügen. Außerdem bin ich nicht aus Argentinien, sondern aus Peru. Ah – ich spucke auf Sie! Ich…« Sie verfiel in Spanisch.
    »Ich bitte um Ruhe«, rief Poirot. »Jetzt bin ich mit Sprechen an der Reihe.«
    Russell sagte mit energischer Stimme: »Jeder muss durchsucht werden.«
    »Non, non, das ist nicht nötig«, entgegnete Poirot ruhig.
    »Was meinen Sie damit: Nicht nötig?«
    »Ich, Hercule Poirot, weiß Bescheid. Ich sehe mit den Augen des Verstandes. Und ich will es Ihnen verraten. Mr Carter, würden Sie uns das Briefchen in Ihrer Brusttasche zeigen?«
    »In meiner Tasche ist nichts. Was zum Teufel…«
    »Tony, mein werter Freund, wenn Sie so nett wären…«
    »Verdammt!« schrie Carter.
    Tony zog das Briefchen blitzschnell heraus, bevor Carter sich wehren konnte.
    »Da ist es, Monsieur Poirot. Genau wie Sie sagten.«
    »Das ist ein gottverdammter Trick!«, brüllte Carter. Poirot nahm das Briefchen und las das Etikett. »Zyankali. Der

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