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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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hat.«
    Thomas versuchte zu lächeln, was ihm nicht besonders gut gelang.
    »Wollen wir uns nicht setzen?«, fragte er.
    Eleonor lächelte nervös.
    »Es gibt nichts Besonderes«, meinte sie. »Thomas und ich arbeiten ja sehr viel, Thomas ist Stadtkämmerer bei der Gemeinde Vaxholm.«
    »Sozialkämmerer«, verbesserte Thomas sie.
    Eleonor ging ins Esszimmer und wies den Gästen ihre Plätze am Tisch an.
    »Nisse, wenn du dich vielleicht hierhin setzen würdest, Leopold, hier neben mir, Gunvor…«
    Die Gäste wussten das Essen und den Wein zu schätzen, die Stimmung wurde schon bald lebhaft. Thomas hörte Bruchstücke von Gesprächen über Gewinne, Geschäftsergebnisse, den Markt. Er versuchte zu essen, bekam aber kaum einen Bissen herunter, er war matt, und ihm war schwindlig. Nach einer Weile schlug der Regionalleiter mit der Gabel an sein Glas und bat um Ruhe.
    »Ich möchte auf Eleonor trinken«, sagte er feierlich, »unsere Gastgeberin an diesem netten Abend, und auf ihre fantastischen Resultate in der Bank während des letzten Geschäftsjahres. Sie sollen wissen, Eleonor, dass sich die Bankleitung Ihrer Erfolge, Ihrer Zielstrebigkeit und Ihres Enthusiasmus bewusst ist. Prost!«
    Thomas sah seine Frau an. Die lobenden Worte hatten Eleonors Wangen rot gefärbt.
    »Und als kleine Überraschung werde ich Ihnen bereits heute Abend verraten, in welcher Form die Leitung der Bank ihrer Zufriedenheit Ausdruck verleihen will.«
    Die vier Bankdirektoren streckten sich erwartungsvoll. Thomas wusste, dass nun der Clou des Abends kam, jetzt würde man ihnen ein paar Knochen vorwerfen.
    »Sie repräsentieren die Filialen mit den besten Geschäftszahlen in ganz Mittelschweden«, fuhr der Regionalleiter fort. »Die Rendite auf das Eigenkapital steigt auch in diesem Jahr, die Fragebögen der Firmen- und Privatkunden zeigen uns eine große Zufriedenheit mit Ihrer Arbeit.«
    Er machte eine Kunstpause.
    »Ich darf Ihnen darüber hinaus verraten, dass auch die Befragungen zur Wertschätzung der Filialleiter durch das Personal abgeschlossen sind und dass Sie auch hier an der Spitze stehen. Deshalb habe ich die große Freude«, sagte er und schmunzelte, »Ihnen mitzuteilen, dass die Leitung der Bank beschlossen hat, sowohl Ihre Extradividende als auch Ihre Gewinnbeteiligung zu erhöhen.«
    Eleonor schnappte nach Luft, ihre Augen glänzten vor Begeisterung.
    »Und«, ergänzte der Regionalleiter und beugte sich über den Tisch, »ab nächstem Jahr werden Sie zudem das Privileg genießen, in das Optionsprogramm der Leitung aufgenommen zu werden!«
    Jetzt konnten die versammelten Bankdirektoren nicht mehr ruhig bleiben und stießen kurze Jubelrufe aus.
    »Außerdem«, sagte der Regionalleiter, »werden Sie in den Genuss eines äußerst vorteilhaften Pakets von Krankenversicherungen kommen, das die Bank bezahlt. Damit werden nicht nur Sie selbst an allen Warteschlangen vorbeigelotst werden, sondern auch Ihre Angetrauten!«
    Eleonor sah Thomas freudig strahlend an.
    »Hast du gehört, Liebling, ist das nicht fantastisch?«
    Dann wandte sie sich wieder dem Regionalleiter zu.
    »Oh, Leopold, wie sollen wir nur der unglaublichen Anerkennung von Seiten der Bankleitung gerecht werden können, was für eine Verantwortung!«
    Der Regionalleiter erhob sich von seinem Platz.
    »Auf gemeinsame Erfolge!«
    Die anderen folgten seinem Beispiel.
    »Auf gemeinsame Erfolge!«
    Thomas spürte plötzlich, dass er sich übergeben musste. Er lief aus dem Esszimmer, durch den Flur und ins Badezimmer, schloss die Tür ab, warf sich über die Toilette und atmete stoßweise.
    Schweiß stand ihm auf der Stirn, und er war einer Ohnmacht nahe.
    Eleonor klopfte besorgt an die Tür.
    »Liebling, wie geht es dir? Was ist denn passiert?«
    Er antwortete nicht, wollte nur weinen.
    »Thomas!«
    »Mir ist schlecht«, sagte er. »Geh du zu den anderen, ich lege mich hin.«
    »Aber ich dachte, dass du vielleicht den Kaffee kochen könntest!«
    Er schloss die Augen. Seine Kehle brannte säuerlich von der heruntergewürgten Magensäure.
    »Ich kann nicht«, flüsterte er. »Es geht nicht mehr.«

FREITAG, 7. DEZEMBER
    Annika wachte drei Minuten vor sechs durstig und ausgehungert auf. Die Winternacht hinter den Fenstern war noch undurchdringlich, schwarz und kalt. Sie lag auf der Seite und betrachtete die leuchtenden Zeiger des Weckers. In achtzehn Minuten würde er klingeln.
    Um sieben musste sie im Söderkrankenhaus sein und durfte vor der Narkose weder essen noch trinken.

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