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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Man würde einen Stab in den Gebärmutterhals einführen, der den Gebärmuttermund so weit dehnen würde, dass der Inhalt der Gebärmutter abgesaugt werden konnte.
    Ein Junge, dachte sie. Mit hellen Haaren wie sein Papa.
    Sie legte sich auf den Rücken und sah zur Decke hinauf, konnte in der Dunkelheit aber keine Muster erkennen.
    Es besteht kein Grund zur Eile. Ich schaffe es noch rechtzeitig.
    Sie schloss die Augen und lauschte dem neugeborenen Tag, der zu atmen begann. Um sechs schaltete sich die Belüftung im Hinterhof ein, die Bremsen der Linie 48 quietschten, der Jingle zu den Morgennachrichten war aus der Wohnung des Nachbarn schräg unter ihr zu hören. Wohl bekannte, warme, freundliche Laute. Sie streckte die Arme aus, verschränkte sie unter dem Kopf und starrte in die Dunkelheit hinein.
    Der alte Oberst glitt schwer, verbittert und einsam an ihrem Blickfeld vorbei. Er glaubte nicht an die Menschen, nur an den Staat, hatte sich entschieden, an ihn zu glauben, man hatte immer eine Wahl.
    Aida war Heckenschützin gewesen, eine Mörderin, sie hatte diese Wahl getroffen. Die Umstände formen uns alle, aber dennoch wählen wir selbst.
    Annika spürte plötzlich das Gewicht der schweren Kette in ihren Händen, setzte sich auf, fand den Verschluss, bekam ihn mit Mühe auf und legte die Kette vor dem Wecker auf den Nachttisch.
    Die leuchtenden Zeiger warfen hellgrüne Reflexe in das Metall.
    Sie wollte die Dankbarkeit der Mörderin nicht.
    Sie stellte den Wecker ab, warf die Decke zur Seite, zog sich Bademantel und Stiefel an, griff nach ihrem Kulturbeutel und lief zur Dusche auf der anderen Seite des Hofs hinab. Sie wusch sich die Haare und spuckte sorgfältig aus, als sie sich die Zähne putzte, um vor der Narkose kein Wasser zu schlucken.
    Dann ging sie wieder in die Wohnung hinauf. Vielleicht sollte sie trotz allem eine Tageszeitung abonnieren. Es könnte doch Spaß machen, beim Frühstück zu lesen. Sie öffnete den Kühlschrank.
    Dort gab es Saft, Joghurt, Eier, Schinken, frischen Knoblauchkäse und luftgetrockneten italienischen Schinken. Sie hatte gestern im Supermarkt eingekauft. Sie starrte in den Kühlschrank hinein, hielt mit der einen Hand den Türgriff fest und ließ die andere auf ihren Bauch gleiten.
    Man wählt immer selbst.
    Sie holte tief Luft, eigentlich war es ganz einfach, plötzlich lachte sie auf, es war doch überhaupt nicht schwer.
    Sie holte den Saft heraus und goss sich ein großes Glas ein, schaltete eine Herdplatte an und setzte eine Bratpfanne darauf.
    Sie trank, schlug Eier in die Pfanne und schnitt Schinken dazu.
    Dann toastete sie Brot, bestrich es mit Knoblauchkäse und aß, während sie in dem Omelett rührte, aß immer weiter.
    Sie spürte, wie das Essen ihren Magen füllte, trank einen Schluck heißen Kaffee, und seine Wärme breitete sich in ihrem Inneren aus, das Koffein tat seine Wirkung. Sie zündete die Kerze im Kerzenständer auf dem Tisch an, dem Hochzeitsgeschenk ihrer Großmutter, dem Messingkerzenständer aus Lyckebo, sah die Flamme flattern und tanzen. Sie lächelte ihr Spiegelbild im Fenster an, die Frau im Bademantel mit den nassen Haaren, die Frau mit der Kerze, die bald ein Kind bekommen würde.
    Anschließend ging sie ins Schlafzimmer, machte das große Licht an und sah das Gold auf dem Nachttisch glitzern. Sie zog sich an, nahm die Kette und wog sie in der Hand.
    Sie war schwer, verdammt schwer.
    Zum ersten Mal seit über einem Monat betrat sie das Zimmer hinter der Küche, das kahle ehemalige Mädchenzimmer, in dem in der Ecke nur ein Tisch und ein Stuhl mit einer kaputten Rückenlehne standen. Sie benutzte das Zimmer nicht, für sie war es immer noch Patricias Zimmer.
    Hier, dachte sie, kann man schreiben.
    Sie sah auf die Uhr, es war fast sieben. Um diese Zeit öffnete bereits der Goldschmied auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Sie war einmal zufällig hineingegangen, als sie Anne Snapphane ein Paar Ohrringe zum Geburtstag kaufen wollte. Ein großer, glatzköpfiger Mann mit einer dicken Lederschürze und einer Zange in der Hand hatte sich vor ihr aufgebaut, und sie hatte sich erschreckt und gefragt, ob sie auch richtig sei. Das war sie, denn der Goldschmied führte tatsächlich Goldohrringe, und vor lauter Schreck hatte sie ein Paar alberner altmodischer Ohrringe gekauft.
    Sie blies die Kerze aus, trocknete ihre Haare ab, setzte eine Mütze auf den Kopf, zog Jacke und Schuhe an und ging hinunter.
    In der Nacht hatte es geschneit, und eine weiche

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