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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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fuhren davon.
    »Sie sind gefahren«, sagte Annika und ließ den Vorhang los. »Lassen Sie uns gehen.«
    Sie schaltete die Schreibtischlampe wieder an, zog sich die Jacke an, steckte den Stift in ihre Handtasche und hob den Notizblock vom Fußboden auf. Der Schweiß lief ihr über den Rücken, und gleichzeitig hatte sie kalte Hände.
    »Nein«, sagte Aida aus Bijeljina. »Ich bleibe. Er kommt nicht zurück.«
    Annika richtete sich auf und spürte, dass ihr Gesicht rot wurde.
    »Woher wollen Sie das wissen? Dieser Mann ist lebensgefährlich!
    Ich fahre Sie zum Flughafen oder zum Bahnhof.«
    Die Frau schloss die Augen.
    »Sie haben ihn gesehen«, sagte sie. »Sie wissen, dass er nach Aida aus Bijeljina sucht. Er kann mich hier nicht töten, nicht heute Abend. Er tut nie etwas, das ihn in Gefahr bringt, geschnappt zu werden. Er erledigt mich stattdessen morgen oder übermorgen.«
    Annika sackte wieder in sich zusammen, legte den Notizblock auf ihren Schoß, denselben Block, den sie in einem anderen Hotel in einem anderen Vorort dabeigehabt hatte.
    »Können Sie sich denn nirgendwo verstecken?«, fragte sie.
    Aida schüttelte den Kopf.
    »Gibt es niemanden, der Ihnen helfen kann?«
    »Ich habe Angst, ins Krankenhaus zu fahren.«
    Annika zögerte.
    »Es gibt vielleicht einen Weg«, sagte sie dann. »Es gibt vielleicht jemanden, der Ihnen helfen kann.«
    Die Frau aus Bosnien antwortete nicht.
    Annika blätterte in ihrem Block, suchte, fand aber nicht, was sie suchte.
    »Es gibt eine Stiftung, die Menschen wie Ihnen hilft«, sagte Annika und wühlte nun in ihrer Tasche, da, auf dem Boden, lag die Visitenkarte. »Rufen Sie diese Nummer noch heute Abend an.«
    Sie kritzelte die geheime Telefonnummer der Stiftung auf einen Zettel und legte ihn auf den Nachttisch.
    »Was denn für eine Stiftung?«, fragte die Frau.
    Annika setzte sich neben die Kranke, strich ihr Haar nach hinten und versuchte, einen ruhigen und vernünftigen Eindruck zu machen.
    »Ich weiß nicht genau, wie es funktioniert, aber es ist möglich, dass diese Menschen Ihnen helfen können. Sie löschen Menschen, sodass sie verschwinden.«
    Der Blick der Frau blieb skeptisch.
    »Was heißt verschwinden?«
    Annika versuchte zu lächeln.
    »Ich weiß es nicht genau. Rufen Sie heute Abend dort an, fragen Sie nach Rebecka Björkstig, grüßen Sie sie von mir.«
    Sie stand auf.
    »Warten Sie«, sagte Aida. »Ich möchte mich bei Ihnen bedanken.«
    Mühevoll zog sie eine große Tasche hervor, die unter dem Bett gelegen hatte. Sie war rechteckig, hatte einen Griff und Schulterriemen, ein großes Schloss aus Metall, das sich mit einem Schlüssel öffnen ließ.
    »Ich möchte, dass Sie das hier bekommen«, sagte Aida aus Bijeljina und hielt Annika eine dicke Goldkette entgegen, die mit zwei unregelmäßig eingefügten Berlocken verziert war.
    Annika trat einen Schritt zurück, schwitzte in ihrer Jacke, wollte weg.
    »Ich kann ein solches Geschenk nicht annehmen«, sagte sie.
    Zum ersten Mal lächelte Aida traurig.
    »Wir werden uns nie wieder sehen«, sagte sie. »Sie beschämen mich, wenn Sie mein Geschenk nicht annehmen.«
    Zögernd nahm Annika die massive Halskette entgegen.
    »Danke«, murmelte sie und ließ sie in die Tasche fallen. »Viel Glück.«
    Sie drehte sich um und entfloh der kranken Frau, ließ sie, mit der großen Tasche im Arm auf dem Bett sitzend, zurück.
    Der Parkplatz war leer. Sie eilte mit Schritten, die leicht trippelnd, unsicher, zu klein waren, über den Asphalt. Ein schneller Blick über die Schulter, niemand sah, wie sie in das Zeitungsauto einstieg. Sie bog auf die Hauptverkehrsstraße, blickte prüfend in den Rückspiegel, fuhr bei der ersten Abfahrt ab, parkte hinter einer Tankstelle, wartete, schaute, fuhr auf langsam einkreisenden Wegen nach Stockholm zurück.
    Niemand folgte ihr.
    Nachdem sie in der Garage der Zeitung geparkt hatte, saß sie, mehrere Minuten an das Lenkrad gelehnt, da und zwang sich, normal zu atmen.
    Es war lange her, dass sie solche Angst gehabt hatte.
    Mehr als zwei Jahre.
    Der große Mann in den schwarzen Kleidern brach mit einem leichten Handgriff die Zimmertür im Korridor des Tagungshotels weit draußen in den Vororten auf. Die Luft verriet ihm, dass er richtig war. Es roch nach Scheiße und nach Angst. Das Zimmer lag nur halb im Dunkeln, weil eine Straßenlaterne auf dem Parkplatz weiße Tortenstücke an die Zimmerdecke malte. Er schloss die Tür hinter sich, die mit einem leisen Klicken ins Schloss fiel, trat in

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