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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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arbeiten lasse.«
    Er lehnte sich zurück und vollendete seinen Gedankengang:
    »Das geht im Moment leider nicht.«
    »Warum nicht?«, fragte sie schnell. »Ich habe jetzt ein Jahr und dreihundertdreiundsechzig Tage lang in der Nachtschicht gearbeitet. Seit dem Urteil bin ich fest angestellt. Ich finde, dass ich meinen Teil getan habe. Ich will schreiben, selber schreiben.«
    Eine furchtbare Müdigkeit breitete sich in ihm aus. Ich will. Ich werde. Warum darf ich nicht. Verwöhnte Gören, über zweihundert Stück, die immer ihren Willen durchsetzen wollten, deren Artikel oder Arbeitsaufgaben oder Gehälter immer das einzig Wichtige auf der Welt waren. Er konnte sie im Moment nicht versetzen, nicht vor der anstehenden Umorganisation.
    »Hören Sie«, sagte er. »Im Moment ist nicht der richtige Zeitpunkt. Vertrauen Sie mir.«
    Sie sah ihn einige Sekunden prüfend an und nickte dann.
    »Ich verstehe«, sagte sie, stand auf und ging, Tasche und Kleider in einem Bündel auf dem Arm.
    Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, seufzte Anders Schyman auf.
    Der Fußboden glänzte frisch gebohnert, die Computerbildschirme ließen die Dunkelheit vibrieren. Eisblaue Gesichter wandten ihre ganze Konzentration der virtuellen Wirklichkeit zu, die Tastaturen klapperten, die Mäuse jagten über den Bildschirm, nagten, schnitten aus, änderten, löschten. Jansson telefonierte, rauchte und hackte wie verrückt auf den Tasten herum, ignorierte die Raucherecke. Sie ließ ihre Sachen neben dem Nachtdesk auf den Fußboden fallen und ging auf die Toilette, ließ warmes Wasser über ihre Handgelenke laufen. Sie war bis auf die Knochen durchgefroren.
    Sie schloss die Augen und sah den Mann vor sich, den schönen Schwarzen mit der Hand in der Lederjacke, den Mörder. Sie erinnerte sich nicht mehr daran, was sie gesagt hatte, was er gesagt hatte, nur an ihre unbeholfene Verwirrung und die lähmende Angst.
    Warum gerade ich?, dachte sie. Warum immer ich?
    Sie trocknete ihre Hände ab und betrachtete ihr trauriges Gesicht im Spiegel.
    Großmutter, dachte sie. Morgen darf ich zu Großmutter fahren und schlafen, ausruhen, leben.
    Sie fühlte sich ein wenig erleichtert, der Puls kehrte in Körper und Hände zurück, das Band um ihre Brust lockerte sich ein wenig.
    Paradies,
dachte sie, vielleicht sollte ich trotz allem versuchen, einen Artikel über diese Stiftung hinzubekommen. Vielleicht sollte ich nicht die ganzen freien Tage in Lyckebo bleiben, vielleicht sollte ich auch ein wenig schreiben.
    Sie lächelte in sich hinein, der Tipp über die Stiftung konnte vielleicht zu einem Wendepunkt werden. Sie würde recherchieren, richtig arbeiten müssen. Schyman würde…
    Plötzlich wurde ihr eiskalt, das Band schloss sich wieder wie eine Eisenkette um ihre Brust.
    Schyman! Was war, wenn er Recht hatte, wenn Rebecka Björkstig nur bluffte, ihr etwas vorspiegelte, wenn sie eine Betrügerin war?
    Sie hielt sich die Hand vor den Mund und stöhnte auf. Um Gottes willen, Aida aus Bijeljina, sie hatte schon einen Menschen ins
Paradies
geschickt!
    Die Kälte breitete sich wieder in ihr aus, nahm von ihrem ganzen Körper Besitz.
    Oh, mein Gott, wie hatte sie nur so etwas Dummes tun können, eine Organisation zu empfehlen, über die sie nicht das Geringste wusste?
    Sie ging in eine Toilettenkabine und setzte sich auf das Klo, schwindelnd und matt. Gab es denn überhaupt keine Grenzen für ihre Dummheit?
    Sie schnappte nach Luft und versuchte sich zu sammeln.
    Was habe ich getan? Welche Wahl hatte Aida Begovic? Wenn ich sie dort nicht besucht hätte, wäre Aida jetzt schon tot.
    Sie stand auf, ging zum Waschbecken hinaus und trank Wasser aus dem Hahn, sah ihr blutrot angelaufenes Gesicht im Spiegel.
    Andererseits, wie konnte sie sich dessen überhaupt sicher sein?
    Vielleicht war auch Aida eine Lügnerin, eine Verrückte. Vielleicht fuhr sie sonst immer mit dem Rad von Huddinge nach Stockholm, bis sie nicht mehr konnte und ohne das nötige Geld, um wieder nach Hause zu kommen. Der schöne Mann in den schwarzen Kleidern war vielleicht ihr Bruder, der sie nur wieder in den Schoß der Familie zurückholen wollte.
    Sie schloss die Augen, lehnte sich mit dem Hinterkopf an die gekachelte Wand und atmete ein paar Mal tief durch.
    Niemand würde es je erfahren. Niemand würde je herausfinden, was sie getan hatte. Aida hatte Recht. Sie würden sich nie wieder sehen.
    Wenn das
Paradies
funktionierte, würde sie verschwinden, und zwar für immer.
    Wenn nicht,

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