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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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lang wohnen. Jede Art von medizinischer Behandlung in dieser Zeit geschieht, ohne dass der Arzt die Identität des Patienten kennt, es werden keine Krankenblätter angelegt.
    Statt einer Akte erhält jeder Patient eine Karte mit einer Referenznummer. Über die Stiftung erfährt dann das Krankenhaus oder die Arztpraxis, welche Verwaltungsbehörde für die Kosten der Behandlung aufkommt, der Klient sucht ja in den meisten Fällen nicht in dem Regierungsbezirk Hilfe, der die Kosten trägt…«
    Annika machte sich Notizen, das klang doch gut.
    »Wie lange können Sie einen… Klienten aufnehmen?«
    »Solange es nötig ist«, antwortete Rebecka Björkstig sehr bestimmt mit ihrer gehetzten, schwachen Stimme. »Es gibt keine obere Zeitgrenze.«
    »Aber im Durchschnitt?«
    Die Frau tupfte sich den Mundwinkel ab.
    »Wenn alles läuft wie geplant, sind wir innerhalb von drei Monaten fertig.«
    »Und dann haben Sie eine neue Wohnung und ärztliche Hilfe organisiert. Oder noch mehr?«
    Die Frau lächelte.
    »Natürlich. Es gibt noch sehr viel mehr, das funktionieren muss, wenn man ein neues Leben beginnt. Dinge wie ein Einkommen oder das Kindergeld zum Beispiel. Unser Kontakt mit den Banken funktioniert auf die gleiche Weise wie zu Ärzten. Es gibt einige Kreditinstitute, die mit uns zusammenarbeiten. Der Klient braucht kein Konto an seinem Wohnort zu eröffnen. Bei jeder Gehaltsüberweisung oder Rechnung nimmt die Bank Kontakt zu uns auf, und wir organisieren die Geldtransaktionen mit Hilfe einer weiteren Referenznummer. Das Gleiche gilt für Kontakte zu Kindergärten, Mütterberatungsstellen, der Krankenkasse und dem Finanzamt, eben zu allen. Viele benötigen auch juristischen Beistand, und dann organisieren wir auch das.«
    Annika schrieb.
    »Dann sorgen Sie also für einen neuen Job, eine neue Wohnung, einen neuen Kindergarten, Schulen, Ärzte, Rechtsanwälte, und das alles wird über die Stiftung abgewickelt?«
    Rebecka Björkstig nickte.
    »Der verfolgte Mensch verschwindet hinter einer Mauer. Wer nach einer gelöschten Person sucht, stößt nur auf uns, weiter kommt er nicht.«
    »Wovon leben diese Menschen, während die Löschung vorgenommen wird? In dieser Zeit können sie doch nicht arbeiten?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Rebecka Björkstig. »Viele sind krankgeschrieben, andere bekommen Sozialhilfe, viele haben ja auch Kinder, und dann bekommen sie natürlich Kindergeld und einen Vorschuss auf das Kindergeld. Die Prozesskostenhilfe greift oft bei juristischen Konflikten, zum Beispiel in Fragen des Sorgerechts.«
    Annika dachte nach.
    »Aber wenn die Verfolger nicht aufgeben, was machen Sie dann?
    Können Sie den Leuten auch zu einer neuen Personennummer verhelfen?«
    »Wir haben bis jetzt sechzig geglückte Löschungen durchgeführt.
    Keiner von unseren Klienten musste eine neue Identität annehmen. Das ist bislang nicht notwendig gewesen.«
    Annika vervollständigte ihre Notizen und ließ den Stift sinken.
    Die Sache klang wirklich völlig unglaublich. Sie hob den Blick und sah sich in der Bar um. Runde Tische, Verzierungen aus Messing. Ein dicker Teppichboden, Pettingbeleuchtung.
    Wo lag der Haken bei der Geschichte?
    Annika schüttelte den Kopf.
    »Woher wollen Sie wissen, dass alle, die zu Ihnen kommen, die Wahrheit sagen? Vielleicht sind es nur Kriminelle, die sich dem Zugriff der Polizei und der Justiz entziehen wollen?«
    Rebecka Björkstig brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen, als der Kellner an ihnen vorbeiging.
    »Kann ich bitte ein neues Glas bekommen, das hier war schmutzig? Danke. Ich verstehe Ihre Frage. Aber Privatpersonen können sich nicht mit der Bitte an die Stiftung wenden, gelöscht zu werden. Wir arbeiten nur im Auftrag der Behörden. Die Klienten werden von der Polizei, den Sozialbehörden, der Staatsanwaltschaft, dem Außenministerium, der Einwanderungsbehörde und von Schulen zu uns geschickt.«
    Annika kratzte sich am Kopf. Okay.
    »Aber wenn das alles so geheim ist, wie kommen Sie dann an die Aufträge?«
    Die Frau bekam ihr Glas, die Eiswürfel klirrten.
    »Bisher sind die Klienten über persönliche Kontakte und Empfehlungen an uns herangetreten. Die einzelnen Fälle stammen aus dem ganzen Land. Wie ich schon sagte, habe ich Kontakt zu Ihnen aufgenommen, weil wir denken, dass wir unsere Aktivitäten jetzt ausweiten können.«
    Annika ließ die letzten Worte einige Sekunden auf sich wirken.
    »Wie hoch ist das Honorar, das Sie für Ihre Dienste berechnen?«, fragte

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