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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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verlegen.
    »Was sind das für Tote im Hafen?«
    Annika zuckte mit den Schultern.
    »Keine Ahnung. Soll ich mich mal umhören?«
    Jansson stand auf und ging zur Raucherecke.
    »Tu das«, sagte er.
    Sie fing mit der Notrufzentrale an.
    »Wir haben zwei Krankenwagen geschickt«, bestätigte der dortige Einsatzleiter.
    »Keine Polizeileichenwagen?«, wollte Annika wissen.
    »Darüber haben wir nachgedacht, aber es war ein Wachmann, der anrief. Wir haben Krankenwagen geschickt.«
    Annika machte sich Notizen. Leichenwagen wurden nur dann geschickt, wenn es völlig sicher war, dass die Opfer tot waren. Nach den geltenden Regeln durften Polizisten erst dann Polizeileichenwagen anfordern, wenn der Kopf des Opfers vom Körper abgetrennt war.
    Es war nicht leicht, bei der Einsatzzentrale der Polizei durchzukommen. Es dauerte mehrere Minuten, ehe jemand an den Apparat ging. Dann dauerte es weitere fünf Minuten, bis der Dienst habende Beamte sich freimachen konnte. Als er schließlich den Hörer ergriff, waren seine Auskünfte klar und präzise.
    »Wir haben zwei Tote«, sagte er. »Zwei Männer. Erschossen. Wir können noch nicht sagen, ob es sich um Mord oder Selbstmord handelt. Sie müssen später noch einmal anrufen.«
    »Sie wurden im Freihafen gefunden«, sagte Annika schnell. »Was sagt Ihnen das?«
    Der Wachhabende zögerte.
    »Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Schlussfolgerungen ziehen«, meinte er. »Aber Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.«
    Als sie den Hörer aufgelegt hatte, wusste sie, dass der Doppelmord die Zeitung für mehrere Tage dominieren würde. Aus irgendeinem Grund waren zwei Morde nicht nur doppelt so aufregend wie ein Mord, sondern noch viel sensationeller.
    Sie überlegte, ob sie sich einen Becher Kaffee holen sollte. Sie hatte Durst und war schlapp, er würde ihr gut tun. Aber Koffein um diese Zeit des Tages würde sie bis weit in den Vormittag hinein hellwach an die Decke starren lassen, während ihr die Müdigkeit in allen Knochen steckte.
    Ach, was soll’s, dachte sie und ging zum Automaten.
    Sie setzte sich an ihren Platz am Nachtdesk und legte die Füße auf den Schreibtisch.
    Ein kleiner Doppelmord im Freihafen, so kann es gehen.
    Sie blies auf den Kaffee.
    Dass die Opfer erschossen worden waren, wies daraufhin, dass hier keine Unglücksbrüder im Suff aneinander geraten waren. Penner brachten sich gegenseitig mit Messern, Flaschen, Fäusten, Tritten oder Stößen vom Balkon um. Wenn sie an Waffen herangekommen wären, hätten sie sie verhökert und sich Schnaps dafür gekauft.
    Sie kippte das Getränk herunter, warf den Plastikbecher weg, ging auf die Toilette und trank Wasser.
    Zwei Männer, das ließ nun wirklich nicht auf Mord und darauf folgenden Selbstmord schließen, nicht im Freihafen während eines Orkans. Eifersucht schied als Motiv aller Voraussicht nach aus, was bedeutete, dass Spekulationen über journalistisch etwas ergiebigere Motive Tür und Tor geöffnet waren. Eine Abrechnung unter Kriminellen, von Motorradgangs über verschiedene Mafiagruppierungen bis hin zu wirtschaftlichen Syndikaten. Politische Motive. Internationale Verwicklungen.
    Annika ging zu ihrem Platz zurück. Eines wusste sie mit Sicherheit: Sie würde nicht einmal ansatzweise in die Nähe dieser Morde gelangen. Andere würden den Fall für das
Abendblatt
verfolgen. Sie holte ihre Jacke.
    An den Wochenenden gab es keine spezielle Morgenredaktion, sodass Jansson bleiben würde, bis alle Vorortauflagen auch in Druck gegangen waren. Annika hörte um sechs Uhr auf.
    »Ich hau jetzt ab«, sagte sie, als der Nachtchef an ihr vorbeikam.
    Er sah todmüde aus, hätte gern gesehen, dass sie noch blieb.
    »Willst du nicht auf die Zeitung warten?«, fragte er.
    Die Zeitungsstöße kamen eine Viertelstunde nach Andruck mit einem Botenwagen aus der Druckerei. Annika schüttelte den Kopf, bestellte sich ein Taxi, stand auf, zog Jacke, Schal und Handschuhe an.
    »Könntest du heute Abend vielleicht ein bisschen früher kommen?«, rief Jansson ihr hinterher. »Um nach dieser Orkanhölle aufzuräumen?«
    Annika hob ihre Tasche hoch und zuckte mit den Schultern.
    »Wer hat schon ein Privatleben?«
    Thomas Samuelsson berührte leicht den Bauch seiner Frau. Die frühere Härte war verschwunden, die Haut war weich und warm unter seinen Händen. Seit Eleonor Büroleiterin in der Bank war, hatte sie einfach nicht mehr die Zeit, so hart zu trainieren wie früher.
    Er ließ seine Hand langsam über den Nabel

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