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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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wach gelegen. Sofia Katarina war mal verwirrt, dann wieder ängstlich und auch etwas sentimental.
    Die Krankengymnastin konfrontierte sie nach einer ersten kurzen Untersuchung mit einem niederschmetternden Bericht.
    »Die Körperfunktionen sind rechtsseitig sehr reduziert«, sagte sie.
    »Es wird sehr viel Arbeit erforderlich sein.«
    »Was kann man tun, um die Beweglichkeit wieder zu trainieren?«, erkundigte sich Annika.
    Die Frau lächelte schwach.
    »Der Fehler steckt nicht in den Beinen, sondern im Kopf. Eine Behandlungsmethode, mit der man die Funktion abgestorbener Nervenzellen wiederherstellen kann, gibt es nicht. Deshalb muss man sich auf das konzentrieren, was noch geblieben ist. Nervenzellen, die noch intakt sind und früher inaktiv waren, müssen aktiviert werden. Das kann durch eine ganze Reihe verschiedener krankengymnastischer Übungen erreicht werden.«
    »Aber wann ist sie wieder gesund?«
    »Ein halbes Jahr kann es durchaus dauern, bis man die ersten Fortschritte sieht. Das Wichtigste ist im Moment, dass so schnell wie möglich mit der Behandlung begonnen und diese dann konsequent weitergeführt wird.«
    »Was kann ich tun?«
    Die Krankengymnastin nahm ihre Hand und lächelte.
    »Sie tun genau das Richtige. Kümmern Sie sich um sie. Reden Sie mit ihr, aktivieren Sie sie, singen Sie gemeinsam alte Lieder. Sie werden merken, dass sie gerne über die Vergangenheit sprechen möchte. Lassen Sie ihr die Freude.«
    »Aber wann wird sie wieder wie früher sein?«
    »Ihre Großmutter wird nie wieder so sein wie früher.«
    Annika blinzelte, der Abgrund tat sich vor ihr auf, fast unmerklich geriet sie in Panik.
    »Wie soll ich nur allein zurechtkommen? Sie war doch immer für mich da.«
    Ihre Stimme war zu schrill, zu verzweifelt.
    »Jetzt müssen Sie ihr helfen.«
    Die Krankengymnastin tätschelte ihre Hand, und Annika merkte überhaupt nicht, dass sie wegging.
    »Großmutter«, flüsterte sie und streichelte ihre Hand.
    Aber die alte Frau schlief. Durch die Türritze kroch das Tageslicht herein und breitete sich in dem kleinen grauen Zimmer aus. Obwohl Annika nicht sehr tief geschlafen hatte und oft aufgewacht war, lief sie auf vollen Touren und war rastlos, fast schon hyperaktiv.
    Sie musste einen Ort ausfindig machen, wo ihrer Großmutter die bestmögliche Rehabilitation zuteil wurde. Lövåsen war nicht dieser Ort, da war sie sich ganz sicher. Ärgerlich stand sie auf und lief im Zimmer auf und ab, immer weiter. Die Beine taten ihr weh, ihr Finger pochte.
    Es musste andere Alternativen geben, private Pflegeheime, Altenwohnheime, mobile Altenpflege.
    Annika sah nicht, dass die Tür aufglitt, spürte nur den Luftzug an den Beinen.
    Es war wieder die Ärztin, gefolgt von ihrer Mutter im Nerzmantel.
    »Wir wollen uns über Sofias Zukunft unterhalten«, sagte die Ärztin, und Annika nahm ihre Sachen und folgte ihr.
    »Ich habe einfach nicht die Möglichkeit, sie selbst zu pflegen«, sagte Annikas Mutter, als sie sich auf den Besucherstühlen im Büro der Ärztin niedergelassen hatten. »Ich muss meiner Arbeit nachgehen.«
    »Barbro, man würde Ihnen sicher einen hohen Pflegesatz bewilligen, wenn Sie sich um Ihre Mutter kümmern würden«, versuchte die Ärztin es.
    Annikas Mutter rutschte unruhig hin und her.
    »Ich möchte meine berufliche Laufbahn nicht aufgeben.«
    Der Mangel an Schlaf, Liebe, Sinn schoss Annika in den Kopf. Ihr platzte der Kragen. Sie stand auf und schrie:
    »Du bist doch verdammt noch mal nur Aushilfe an der Supermarktkasse, warum zum Teufel kannst du dich denn nicht um Großmutter kümmern?«
    »Setzen Sie sich«, sagte die Ärztin mit Nachdruck.
    »Den Teufel werde ich tun!«, schrie Annika und blieb stehen. Ihre Stimme war unsicher, ihr zitterten die Knie. »Großmutter ist euch doch scheißegal, euch allen! Ihr wollt sie als Versuchskaninchen in Lövåsen einsperren und anschließend den Schlüssel wegschmeißen. Ich weiß, wie es da aussieht! Ich habe darüber geschrieben! Schlechte Pflege, Personalmangel, Verabreichung falscher Medikamente!«
    Die Ärztin stand jetzt auch auf und ging um den Tisch herum zu Annika.
    »Entweder Sie setzen sich jetzt«, sagte sie ruhig, »oder Sie gehen raus.«
    Annika strich sich über die Stirn. Ihre Beine gaben nach, und sie ließ sich auf den Stuhl fallen. Barbro fingerte an der Pelznaht und sah der Ärztin Verständnis heischend in die Augen. Was musste sie nicht alles über sich ergehen lassen.
    »Lövåsen wäre sicher eine gute

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