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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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sie auch nicht mehr so viel Verantwortung.«
    Er wunderte sich über seine eigene Aufrichtigkeit. Sie machte sich Notizen, ohne aufzusehen. Sie hatte schöne, kräftige Hände.
    »Die Leute haben ein Recht darauf, eigene Ansichten zu haben«, fuhr er fort. »Auch die Beamten haben natürlich politische Ansichten zu den Veränderungen, sind von unterschiedlichen Ideologien geprägt.«
    »Können Sie mir sagen, was Sie genau machen und warum?«, fragte sie.
    Er nickte und beantwortete ausführlich ihre Frage. Manche Dinge musste er mehrmals erklären, nach neuen Wörtern und anderen Ausdrucksweisen suchen. Sie schien nicht besonders gebildet zu sein, verfügte aber über eine rasche Auffassungsgabe. Er erläuterte seine Rolle im Führungsgremium, zu dem außer ihm der Stadtdirektor und die einzelnen Amtsleiter gehörten, mit anderen Worten der Jugendamtsleiter, der Schulamtsleiter, die zuständigen Beamten für die Altenfürsorge und die Personen- und Familienfürsorge…
    Sie gingen die Entscheidungsprozesse in der Sozialverwaltung durch, dass der Sozialausschuss die Dinge beschloss, dass der Stadtdirektor bei den Sitzungen immer anwesend war, fast immer auch die Betriebswirte und die Beamten, die zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt referierten, und manchmal auch die einzelnen Amtsleiter.
    »Und wer hat die Macht?«, fragte sie.
    Er beobachtete sie aus den Augenwinkeln, schmale Schenkel, eine enge Hose.
    »Das kommt ganz darauf an«, antwortete er. »Viele Beschlüsse werden auf der Verwaltungsebene getroffen, andere natürlich im Ausschuss diskutiert. Manche Fälle werden bis zum Verwaltungsgericht und zum Oberverwaltungsgericht durchgefochten, ehe eine endgültige Entscheidung feststeht.«
    Sie dachte einen Moment lang nach und klopfte sich dabei mit dem Stift an die Stirn.
    »Wenn Sie ein Angebot von einer völlig neuen Einrichtung bekämen«, sagte sie und sah ihn lange an, »einer Stiftung zum Beispiel, die Menschen in Not helfen möchte. Wer würde dann den Beschluss fassen, dieses Angebot anzunehmen?«
    Plötzlich begriff er, worauf sie mit ihrer kleinen Befragung hinauswollte, aber aus irgendeinem Grund missfiel ihm das nicht.
    »Die erstmalige Auftragsvergabe bei dieser Art von Dienstleistungen ist ein Beschluss, der vermutlich im Ausschuss getroffen würde«, sagte er langsam. »Aber sobald das einmal geschehen ist, können weitere Beschlüsse von einzelnen Beamten getroffen werden.«
    »Bekommen Sie viele Angebote dieser Art? Von Stiftungen und privaten Unternehmern?«
    »Nicht besonders viele«, antwortete er. »In der Regel ist es die Stadt oder Gemeinde selbst, die Angebote einholt, wenn verschiedene Betriebe dieselben Dienstleistungen anbieten.«
    Sie blätterte ein wenig in ihrem Block.
    »Falls die Gemeinde Vaxholm beschlossen hätte, eine solche Stiftung zu beauftragen, würden Sie dann darüber Bescheid wissen?«
    Thomas seufzte schwer.
    »Ja«, sagte er.
    »Hat man das getan?«
    Er seufzte wieder.
    »Ja«, wiederholte er. »Der Sozialausschuss hat auf seiner gestrigen Sitzung beschlossen, die Dienste einer Stiftung namens
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in Anspruch zu nehmen. Das Sitzungsprotokoll liegt wahrscheinlich noch nicht vor, aber die Zustimmung zum entsprechenden Vertrag wird daraus unter Tagesordnungspunkt Nummer siebzehn hervorgehen, und das Protokoll ist ein öffentlich zugängliches Dokument. Deshalb kann ich Ihnen das auch mitteilen«, sagte er.
    Die junge Frau hatte etwas Farbe im Gesicht bekommen.
    »Was wissen Sie über die Frau, um die es dabei ging, Aida Begovic aus Bijeljina?«
    Wieder stutzte er und wurde plötzlich wütend.
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, brüllte er. »Sie kommen her, stellen eine Menge harmloser Fragen, und dann unterstellen Sie…«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte die Journalistin in scharfem Ton. »Ich glaube, wir können uns gegenseitig helfen.«
    Er verlor den Faden und wurde sich bewusst, dass er aufgesprungen war. Er war erregt. Das Blut war ihm ins Gesicht geschossen, und die rechte Hand hatte er, zu einer Faust geballt, erhoben, was zum Teufel tat er da? Mein Gott, er musste sich beherrschen!
    Er setzte sich abrupt wieder hin. Die Haare fielen ihm ins Gesicht, und er strich sie mit beiden Händen nach hinten.
    »Verzeihung«, sagte er. »Großer Gott, Entschuldigung, es tut mir Leid, dass ich so aufbrausend…«
    Sie grinste breit.
    »Klasse«, sagte sie. »Es gibt außer mir also noch andere, die aggressiv sind.«
    Er starrte sie an, die Haare, die auf dem Kopf

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