Paradies
nicht stillliegen wollten, die Augen, die ihn durchschauten.
Er sah weg.
»Was wollen Sie eigentlich?«
Sie wurde ernst und klang endlich aufrichtig.
»Ich bin in eine Sackgasse geraten«, sagte sie. »Ich bin dabei, Material über diese Stiftung zu sammeln, und es läuft nicht besonders gut. Wenn man Rebecka Björkstigs Angaben Glauben schenkt, müsste die Stiftung in den letzten drei Jahren über achtzehn Millionen Kronen eingenommen haben, und wenn ich richtig geschätzt habe, liegen die Ausgaben bei rund sieben Millionen. Ich weiß nicht, was für eine Form von Stiftung
Paradies
letztlich ist, sodass ich auch nicht beurteilen kann, unter welche Form der Besteuerung sie fällt, aber das Ganze kommt mir höchst seltsam vor.«
»Wissen Sie, ob die eigentliche Arbeit so durchgeführt wird, wie sie das behaupten?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf, sah ehrlich betrübt aus.
»Keine Ahnung. Ich habe Rebecka Björkstig getroffen, und ich habe Aida getroffen, aber ich weiß nicht, ob die Hilfe funktioniert.«
»Rebecka Björkstig, ist das die Geschäftsführerin?«
Die Journalistin nickte.
»Das behauptet sie jedenfalls, und ich glaube ihr. Sie haben sie nicht kennen gelernt? Sie macht einen glaubwürdigen Eindruck, aber wir haben sie bei einer Lüge oder jedenfalls einer falschen Aussage erwischt. Sie weiß nicht so viel, wie sie gern glauben machen möchte, und wenn man etwas hinterfragt, weicht sie einem aus. Was wissen Sie denn eigentlich?«
Er zögerte, aber nur eine Sekunde.
»Fast gar nichts. Niemand scheint etwas Genaueres zu wissen. Der Beschluss wurde gestern im Ausschuss gefasst, obwohl die vorliegenden Informationen äußerst dürftig waren. Ich habe nicht einmal eine Organisationsnummer.«
»Aber Sie könnten sie herausfinden?«
Er nickte.
»Ist die Arbeit der Stiftung juristisch haltbar?«
»Wir haben diese Frage heute Morgen unseren Juristen vorgelegt.«
Annika Bengtzon sah mit eindringlichem Blick zu ihm auf.
»Was wissen Sie generell über Stiftungen? Warum hat Rebecka Björkstig wohl diese Gesellschaftsform gewählt?«
Er beugte sich vor.
»Eine Stiftung hat weder einen Inhaber noch Mitglieder. Es gibt viel weniger Bestimmungen als für Aktiengesellschaften oder Handelsgesellschaften.«
Annika machte sich Notizen.
»Weiter!«
»Soweit ich weiß, dienen Stiftungen manchen Leuten auch dazu, nach einem Konkurs Geld auf die Seite zu schaffen. Stiftungen kann man zudem benutzen, um Betrügereien aller Art zu begehen. Außerdem nutzt man den Mangel an Kontrolle.«
Die Frau blickte auf.
»Warum gibt es keine Kontrolle?«
»Wenn eine Stiftung registriert wird, braucht die Person, die sie vertritt, ihre Personennummer nicht anzugeben. Es ist schon vorgekommen, dass die Vertreter sich als fiktive Personen, als bloße Erfindungen herausgestellt haben.«
Sie nickte, kratzte sich am Kopf, dachte nach.
»Einerseits«, meinte sie, »wird dadurch alles noch verdächtiger.
Rebecka Björkstig kann die Stiftung aus dem einzigen Grund ins Leben gerufen haben, den Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen.
Andererseits ist eine Stiftung natürlich auch die beste Gesellschaftsform, wenn die Organisation wirklich so funktioniert, wie sie behauptet.«
Sie saßen sich eine Zeit lang schweigend gegenüber. Thomas fiel auf, dass im Rathaus keine Geräusche mehr zu hören waren, und er sah auf die Uhr.
»Oh, Gott«, platzte er heraus. »Ist es wirklich schon so spät?«
Sie lächelte.
»Die Zeit verfliegt, wenn man Spaß hat.«
Er stand schnell auf.
»Ich muss gehen«, sagte er.
Sie legte ihren Notizblock in die große Tasche, zog Jacke und Halstuch an und gab ihm die Hand.
»Danke, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben.«
Ein direkter Blick, ein gerader Rücken. Sie war nicht sehr groß, und dann diese Brüste. Seine Hand wurde wieder feucht.
»Ich werde die Sache weiterverfolgen«, sagte sie, schüttelte ihm die Hand und hielt sie fest. »Eines würde ich noch gern wissen«, fuhr sie fort und hielt seine Hand in ihrer. »Wenn ich etwas herausfinde, möchten Sie es dann erfahren?«
Er schluckte, hatte einen trockenen Hals, nickte.
Sie lächelte.
»Schön. Falls Sie auf etwas stoßen sollten, würden Sie es mich dann auch wissen lassen?«
Er ließ ihre Hand los.
»Mal sehen…«
»Bis bald.«
Sekunden später war sie verschwunden. Er starrte die geschlossene Tür an und hörte, wie ihre Schritte auf dem Flur verhallten, ging zum Besucherstuhl und setzte sich. Die Sitzfläche war
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