Paradiessucher
was?«
»Er wohnt nicht in Pùerov.«
»Wo hast du abgetrieben? In Brno?«
»Ja, wieder bei der gleichen Frau. Sie meint, dass ich aufpassen muss, vielleicht kann ich jetzt schon keine Kinder mehr kriegen.« Auch das erzählt sie, als würde sie über ein Knödelrezept sprechen. »Ich will eh keine. Und heiraten möchte ich auch nicht. Ich finde alle Typen blöd. Übrigens, weißt du, wer heiraten wird?«
»Nein. Wer?«
»Pavel.«
»Welcher Pavel?«
»Dein Pavel.«
»Das glaub ich nicht.«
»Doch, Pavel wird Markéta Frýbortová heiraten.«
»Du hast doch gesagt, dass er sie nicht liebt!«
»Dachte ich auch, aber er liebt sie vielleicht doch. Sie erwarten ein Kind.«
»Was?!«
»Ja, stell dir vor!«
»Das kann doch nicht in den letzten drei Monaten passiert sein!«, rege ich mich auf.
»Doch, sie ist im dritten Monat.«
»Äh … ich bin …«
Mein Verstand kann einige Zusammenhänge nicht einordnen. »Woran erkennst du, dass er sie liebt?«
»Du fragst Sachen. Na ja, sie sind eben zusammen, wie zwei, die … eben zusammen gehen.«
»Behandelt er sie so, wie er mich behandelt hat?«
»Mein Gott, ich weiß es nicht. Wahrscheinlich schon. Übrigens habe ich einen neuen Job.«
»Die gehen doch noch zur Schule!«
»Ja, und? Das letzte Jahr schafft er noch. Ich meine, sie fliegt noch vor dem Abi raus. Da kriegt sie ihr Kind, aber er schafft das sicher. Fragst du gar nicht, welchen Job ich habe?«
»Ziehen sie zusammen?«
»Ja, wahrscheinlich. Ich arbeite in einer Bar, als Kellnerin. In der Schlossbar. Das ist echt ein super Job.«
»Mit Matëj?«
»Nee.«
»Schade, sonst hättest du ihm ausrichten können, dass er endlich mit den versprochenen Barockfigürchen nachkommen soll.«
»Der Matëj … ist im Knast.«
»Echt? Warum?«
»Ich möchte nicht darüber sprechen.«
Stille. Ich verstehe meine Cousine nicht.
»Ich habe viele Kontakte zu den Jugos, die können mir alles besorgen. Hast du schon Fächerohrringe? Ich habe schon welche. Die Jugos. Die sind echt nett. Wie sehen deine aus? Leni? Leni? Was ist mit dir? Weinst du?«
Ich möchte auflegen, das wäre aber blöd für Trubka. Ich kann sie nicht Stunden später noch mal anrufen und mich entschuldigen.
»Ja.«
»Aber warum?«
»Ich, ich bin so … traurig … und verletzt. Die Welt ist zum Kotzen, Trubi.«
»Wegen Pavel? Aber du hast ihn doch verlassen?«
»Verlassen ja, aber nicht aufgehört zu …«
»… lieben? Warum bist du denn dann gegangen?«
»Eine gute Frage. Ich wollte mir ein paar Fächerohrringe kaufen.«
»Hast du also welche? Was für eine Farbe?«, fragt sie begeistert.
Trubka gehört zu den wenigen Menschen, die sich über nichts Gedanken machen, sie nimmt die Geschehnisse, das Schicksal so, wie es kommt. Ein erstaunlich sorgloser Mensch. Zumindest wirkt sie so auf mich.
Es folgen noch ein paar Fetzen Smalltalk, wir lachen sogar ein wenig.
»Sei nicht traurig, Leni.«
»Ja, ja. Es geht schon. Ich muss auflegen, Trubi.«
»Machs gut, Leni. Matëj war der Vater des Kindes.«
Klack. Sie legt auf. Ich schwöre mir, nicht mehr zu Hause anzurufen. Nur Hiobs-Botschaften, wenn ich mit Pùerov telefoniere. Die Kraft, zu ertragen, was dort vor sich geht, habe ich nicht.
Ich muss nach vorne schauen, meine Vergangenheit vergessen. Abwaschen.
Ich behalte die Neuigkeiten über Matëj für mich. Meine Mutter würde sich nur Sorgen machen, es reicht, dass ich Bescheid weiß. Mutter ist dafür zu dünn.
Schlafen kann ich schlechter denn je. Wahrscheinlich wegen des Kühlschranks, der ungehemmt vor sich hin summt, oder vielleicht wegen des Fernsehers, der zu groß ist. Vielleicht auch wegen Matëj, der meine Mutter nie geliebt hat, dafür meine minderjährige Cousine Trubka geschwängert hat. Hoffentlich bleibt er lange im Knast. Vielleicht wegen meines Exfreundes, der mit Markéta Frýbortová schläft. Ich habe kein Recht, ihm etwas zu verübeln, ich habe ihn freigegeben, mich von ihm verabschiedet. Ich kann nicht erwarten, dass er nie wieder ein anderes Mädchen kennenlernt.
Ein anderes Mädchen kennenlernen, bitte schön, aber doch nicht gleich heiraten und Kinder kriegen! Nein. Das ist zu viel. Zu schnell. Zu früh! Wie oberflächlich muss unsere Liebe gewesen sein. Flach und verlogen war sie. Seinerseits zumindest. Ich bin zu müde, um unsere Beziehung zum hundertsten Mal auseinanderzupflücken und die Gründe für das Scheitern zu suchen. Ich kann nicht mehr. Ich grüble ununterbrochen.
Erschöpft knipse ich das
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