Paraforce Band 9 - Der Schlag eines Herzens 2
Taten begangen und die Menschen in dieser Region in Angst und Schrecken versetzt.«
Stelian schüttelte unwillig den Kopf. »Alles Ammenmärchen. Damals waren unsichere Zeiten. Der Krieg war noch im Gange und eine öffentliche Ordnung gab es nicht. Da ist einfach bei einigen die Fantasie durchgegangen.«
»Aber es sind doch damals auch Menschen verschwunden, oder?«
»Ja schon, aber ...« Stelian wand sich wie ein Aal, der nicht gefangen werden wollte.
»Wie ich schon sagte, es wurde damals viel gesponnen. Der Aberglaube war weit verbreitet. Nicht umsonst stammt aus unserer Heimat der Dracula-Mythos.«
»Das Tal, in dem das Anjoshin-Haus liegen soll, ist doch nicht weit von hier entfernt, oder?«
»Nein, nur ein paar Kilometer weiter in Richtung Grenze.«
Milena blickte in diese Richtung. »Und seit damals wird diese Gegend gemieden, nicht wahr? Das Haus steht doch noch?«
Stelian verzog seinen Mund, als habe man ihm puren Zitronensaft eingeflößt, aber immerhin antwortete er. »Ja, es steht angeblich noch. Keiner hat sich jemals wieder dahin gewagt. Aber die Geschichten kursieren immer noch. Einige wollen riesige Fledermäuse gesehen haben, die aus Richtung des Tals kamen oder wieder dorthin zurückgeflogen sind.«
Plötzlich lachte Stelian auf. Er nahm einen letzten Zug von der Zigarette und schleuderte sie dann ins Dunkel. »Vor einigen Tagen will jemand aus dem Dorf sogar gesehen haben, wie ein Auto ins Tal gefahren sein soll. Jetzt heißt es, dass das Böse im Anjoshin-Haus wiedererwacht ist. Angeblich soll Vasiles Verschwinden damit zu tun haben. Totaler Blödsinn, sage ich Ihnen. Alles nur ein Zeichen dafür, dass die alten Schauermärchen immer noch ...«
Plötzlich brach Stelian ab. Milena blickte überrascht in das Gesicht des Polizisten. Dessen Augen stierten schockgeweitet an ihr vorbei auf einen Punkt hinter ihrem Rücken. Ein unangenehmes Kribbeln breitete sich in Milenas Nacken aus. Gefahr! , flüsterte eine heisere Stimme in ihrem Innersten.
Sie wirbelte herum, riss dabei die Glock, die Tom Carson ihr gegeben hatte, aus der Jackentasche und zielte blitzartig ... auf zwei Gestalten, die nur wenige Meter vor ihr standen. Es waren zwei Männer und sie wirkten wie dunkelgraue Statuen, die irgendein kranker Künstler in diese finstere Einöde geschafft hatte.
»Wer ...?« Sie brauchte die Frage nicht vollkommen auszusprechen.
»Das sind Vasile und der Hauptwachtmeister, aber ... was ist denn mit ihnen geschehen?«
Sie kamen näher. Nicht etwa langsam oder torkelnd. Sie näherten sich rasch und Milena hörte ein Schleifen auf dem Boden. Sie starrte auf die Beine der beiden Ankömmlinge und bemerkte, dass diese sich nicht bewegten.
Tatsächlich, die Männer machten keine Schritte, sondern sie wurden scheinbar ... über den Boden hinweggeschoben.
Plötzlich eine Bewegung in der Dunkelheit hinter den Männern. Wie Raketen schossen die beiden in die Höhe, entgingen für Sekundenbruchteile dem Schein der auf sie gerichteten Taschenlampen und landeten dann direkt vor Milena und Stelian.
Erdreich und Schnee wurden emporgewirbelt. Es hörte sich an, als sei ein Flugzeugteil aus großer Höhe auf dem Boden aufgeschlagen.
Die Agentin brauchte nur einen Herzschlag, um die grausigen Details im Aussehen Vasile Georghes in sich aufzunehmen. Die Kleidung war zerschlissen, die Haut aschgrau und eingesunken. Leere Augenhöhlen, deren Ränder dick verkrustet waren, stierten ihr grausig entgegen. Vasile riss seinen Mund weit auf und enthüllte ein schwarzes, leeres Loch.
Leer? Nein! Instinktiv warf Milena sich zur Seite.
Etwas Dunkles schoss blitzartig aus dem geöffneten Mund an ihr vorbei. Sie hörte Stelian schreien, rollte sich geschmeidig über den harten Boden und federte in der gleichen Bewegung auf die Beine.
Die Mündung der Glock richtete sich wie automatisch auf den Brustkorb Georghes und schon zog sie den Stecher durch.
Dreimal! Blitzschnell!
Die Geschosse durchschlugen die Haut in Höhe der Brust und die Treffer schüttelten den Leib des Automechanikers durch. Es wirkte, als stünde Vasile unter Strom. Ein markerschütternder Schrei, wie Milena ihn noch nie zuvor – nicht einmal in ähnlicher Weise – vernommen hatte, drang aus dem Schlund Vasiles und brachte das Trommelfell der Agentin fast zum Platzen.
Vasile wich zurück. Wieder bewegten sich seine Beine nicht. Er machte keine Schritte, sondern wurde rückwärts über den Boden gezogen.
Wie eine Puppe oder Marionette , dachte
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