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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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seinen Platz zurück. Ins schwarze Lederetui, dessen Kupferverschluss vom vielen Gebrauch abgenutzt war. Dann das schwarze Lederetui zurück in die Schublade des glatten, gelblich rot glänzenden Kirschbaumschreibtischs. Das große rote Auge des Ofens leuchtete. Draußen über dem eisig kalten Zürichsee dunkelte es langsam, der Schnee wurde blau.
    Er hatte die Bilder im Kopf.
    Als er später im blauen Licht des Schlafsaals allein blieb, konnte er sie hervorholen und dazu schnüffelte er an seinen Fingern. Konnte die Stimmen und die Riesensprünge der kleinen Gören heraufbeschwören, und er blickte ins große, rote Auge des Ofens. Bei solchen Gelegenheiten lag er auf der Seite, eher zusammengekrümmt, und als würde er sich im Schlaf regen, manövrierte er sich vorsichtig den Pimmel zwischen die Schenkel. Das war gar nicht so leicht. Manchmal musste er doch unter die Decke greifen und mit der Hand nachhelfen, aber er behielt sie nie lange dort. Oder er konnte das Vergrößerungsglas holen, es war nicht so wie zu Hause, hier durfte er jederzeit das Zimmer betreten, das schwarze Lederetui öffnen, das Album hervorholen. Er legte es sich auf den Schoß, vielleicht nur, um unterdessen ein bisschen an seinen zwischen die Schenkel geklemmten Hoden zu drücken. Wenn aber sein Pimmel bereits zwischen seinen Schenkeln steckte, wurde er auf schmerzhafte Weise hart. Er hielt ihn fest, je nach dem Druck der Schenkel tobte oder löste sich der Schmerz. Und das Buch öffnete sich immer an derselben Stelle, bei den Tanzenden. Wenn er ihn losließ, schnellte er zwischen den heißen Schenkeln heraus, das kam ihm vor, als sei im Dunkeln unter der Decke noch ein denkender Kopf, aber er ließ ihn nicht los. Lieber drückte er zart an ihm herum, und dafür musste er nicht einmal mit den Händen unter die Decke schlüpfen. Man würde ihn nicht erwischen. Die Erregung, die stärker war als sein Denken, mochte seinen Körper noch so beherrschen, er beobachtete trotzdem nüchtern. Und dann die Angst, dass er von jetzt an so bleiben, nie mehr schlaff werden würde. Er würde so herumlaufen müssen, zur Strafe. Er wusste nur das, was er von sich aus wusste. Die Angst, und dass sie Lust bedeutete, hatte er sich selbst beigebracht. In der Stille konnte man das ständige Rauschen der Tannen über dem großen Haus hören. Und man hörte auch, dass andere ebenfalls etwas taten, nicht nur er. Er konnte nicht wissen, was. Es waren keine Geräusche, keine Stimmen, sondern ihr Schweigen. Wenn er wollte, konnte er immer von neuem beginnen, dort fortfahren, wo er das letzte Mal aufgehört hatte, er schlief in die Erregung hinein, oder die Lust riss ihn aus der Angst heraus, vertrieb sie und verlor sich dann im Schlaf. Als kippe er in eine furchtbare Grube, in der ihm alles abhandenkommt.
    Gyöngyvér konnte, auch wenn sie es noch so wollte, nicht mit Zähnen und Nägeln über ihn herfallen. Sie konnte ihn nicht angreifen, Ágost entfernte sich auf seiner Bahn von ihr, wurde immer langsamer, langsamer ging es gar nicht mehr, und vor allem selbstbezogener nicht. Das Lächeln auf seinem Gesicht zerfaserte unmerklich. Es war nirgends mehr. Die Lust hatte es weggewischt, sie verlangte nach Ernst. Er strich mit dem Daumen über seinen Schwanz, inmitten des Langsamwerdens eine sehr schnelle Bewegung, aber er berührte die starke, etwas seitlich abbiegende und auf der gespannten Vorhaut breiter werdende Ader nur ganz leicht. Ein Zupfen an der Saite eines Instruments. Die Haut war hier so üppig, dass sie sich nicht, wie bei anderen Männern, von der prall gespannten Eichel zurückgezogen hatte. Wobei wahrscheinlich auch eine Rolle spielte, dass sein langer, kolbenartiger Schwanz nach unten gebogen war statt nach oben, gewissermaßen um sich selbst gekrümmt, und er sich deshalb, abgesehen von dem kurzen, gespannten Augenblick unmittelbar vor der Ejakulation, nicht so stark hob, dass das vorn unter der Vorhaut verborgene straffe kleine Bändchen diese von der steilen Spitze der Eichel zurückzuziehen vermochte. Atem, Puls, Blutdruck, Phantasie, alles in Gyöngyvér arbeitete gegen das an, was sie von diesem Schwanz sah, von ihm wusste, und was sie zur Kenntnis nahm und anerkannte. Ihr Puls wurde schnell, als liefe sie, und dem passte sich auch ihr Blutdruck an, während sie den Atem zurückhielt. Denn sie durfte den Mann gerade in diesem Augenblick nicht berühren, da er ohne Worte eine mit dem gewöhnlichen Verstand nicht zu fassende Geschichte über sich

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