Parallelgeschichten
trocken und leidenschaftslos, als dächte er, ich mache Liebe, aber auch darin liegt nichts Persönliches. Er hörte sein eigenes Schnauben. Hat weder mit ihrer noch mit meiner Person zu tun, selbst wenn sie das bei mir auslöst oder ich bei ihr. Alles ist bloß Physik oder reine Konvention.
Er musste sich etwas abkühlen, damit die Sache vollkommen war.
Wozu auch das Ficken.
So oft geschieht nicht, was dennoch mit jedem Beliebigen geschehen kann.
Es gelingt selten vollkommen, das ist vielleicht das Persönliche daran. Mehr nicht. Ein Maßstab für die vielen Unvollkommenheiten. Mehr nicht. Doch bevor die Frau mit ihrem Kopf, ihrem Schoß, ihren Nägeln, ihrer Scheide oder mit sonst etwas eine Bewegung, die endgültig oder unwiderstehlich wäre, machen konnte, sprach er es aus, schön laut.
Wir haben die günstigste Position gefunden.
Der Satz klang natürlich lächerlich. Was sollten sie schon gefunden haben. Und er hallte sogar ein wenig von den kahlen Wänden wider. Ein bisschen hilflos, ein bisschen drohend, denn seine Stimme war ebenso leidenschaftslos wie seine Gedanken, oder jedenfalls meinte er, sie sei leidenschaftslos gewesen. Gar nichts hatten sie gefunden, trotzdem war zu befürchten, dass sie es verlieren würden, als hätte er es mit diesem lauten Reden schon verspielt, obwohl er die Frau nur hatte auf dem Laufenden halten und mit ihr seine Freude teilen wollen, damit wenigstens der Augenblick so blieb.
Ja, klang es von dem aufgewühlten Gesicht herauf, aus der Tiefe, mit trocken sich öffnenden und schließenden Lippen, heiser, verwirrt, ja, wie könnte es günstiger sein.
Doch sie konnte nicht über sich lachen, konnte auch den Mann nicht auslachen.
Wie eine Schwerkranke signalisierte sie, dass sie über eine solche Torheit gerne gelacht hätte, nur mit dem Mund, den starken Augenbrauen, der sich vertiefenden kleinen senkrechten Kerbe an der kindlich glatten Stirn. Aber Ágosts Aussage hatte sie aufgewühlt, tief erschüttert. Sie eröffnete eine unbekannte Perspektive. Zum ersten Mal im Leben musste sie tief in ihre Körperlichkeit hineinblicken. Nicht vorher, nicht nachher, sondern währenddessen. So etwas hatte noch kein Mann mit ihr gemacht.
Vielleicht Irénchen, als sie ihre Brustwarzen aneinandergedrückt hatten und sehen konnten, was sie spürten, und es besprachen, dass sie auf einmal hart wurden, guck mal, deine auch.
Und bei diesem unfreiwilligen Gedanken wurde ihr Atem so stark, sein Geruch so durchdringend, nicht unangenehm, aber von Haut, Fleisch, Speichel, Zähnen, Magen gesättigt, dass der Mann eine Sekunde lang von kaltem Ekel und Befremden geschüttelt wurde.
Jetzt könnte ich dir sogar ein Kind machen.
Ihr Scheide umkrampfte den Schwanz tatsächlich wie mit Ringen, er überfüllte sie fast mit seinem aufgequollenen Kopf.
Ihre Hüfte hob und senkte sich, ihr Schoß zuckte im Gegensinn, und diesem Zucken hätte sie gern einen Takt gegeben, aber der Mann hielt sie mit Armen und Ellenbogen, mit dem Gewicht seiner Hüfte unten, ließ sie nicht frei, rang sie für sich nieder, so dass sie nur mit dem Kopf hin und her schlagen konnte, rechts, links, mehrere Male. An ihrem Hals sprang eine Vene heraus, die unter der Haut verborgene
vena jugularis externa.
Als käme die Angst gerade in dem Augenblick zurück, als sie sich ganz nahe an den anderen zu drängen vermocht hatte. Deshalb schlug sie mit dem Kopf hin und her. Sie wollte dem Mann zeigen, welche Unbill ihr zustieß, sogar ihre Lust geht drauf, das ist ungerecht, so wie ihr ganzes elendes Leben.
Und das, bei aller Heuchelei oder Disziplin, erträgt sie nicht.
Ich halte es nicht aus, auch das halte ich nicht aus.
Sie konnte nicht mehr sagen, ob es Glück oder Schmerz war.
Näher geht nicht, hörte der Mann seine eigene Stimme, in sich. Es klang schon wie ein Verbot. Versuch das nicht, das darf man nicht. Wie jemand, der sich selbst die Existenz versagt, und falls das nicht gelingt, stürzt der Kosmos ein. Er ließ den Druck nach, um sich, seinen Schwanz, ein wenig zurückzuziehen. Er hatte das Gefühl, sich genau jetzt endgültig verrechnet und den Überblick verloren zu haben. Das kühle Bewusstsein war dahin, er zog sich nicht nur nicht zurück, sondern schien zwecks Rückzug noch tiefer eindringen zu müssen, und er spürte, wie er einen langen Weg in der Scheide der Frau zurücklegte.
Sie erschien in seiner Vorstellung wie eine Höhle in der Farbe geronnenen Bluts, in der er schon einmal Zuflucht gefunden
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