Parallelgeschichten
vorherigen ein wenig aus, fast wohltuend, zärtlich; es schien jetzt natürlich, dass sie vorhin weggestrudelt und zu einem Teil des Strudelns geworden war.
Sie war zu einem Kiesel geworden, einem leichten Boot, einem Strohhalm.
Vielleicht war sie für dieses dritte Mal am dankbarsten. Als bestätige es, dass ihr die beiden anderen Male wirklich zugestoßen waren.
Sie kreischte und schrie noch, doch das hörte sie jetzt selbst. Es klang immer mehr wie das aufsprudelnde Röcheln, das sie von sich und vom Mann so sehr hatte hören wollen.
Aber das war im Treppenhaus nicht mehr zu vernehmen. Frau Szemzős kleine Schritte klapperten hallend auf dem Schachbrettmuster der Fliesen.
Und überhaupt, als würde sie nur demonstrativ nach einer verlorenen Lust angeln, ihr nachrufen. Nein. Dem verlorenen Takt der Welt rief sie nach, bevor sie in die dunkel gähnende Tiefe stürzte. Das Saugen, das Hin- und Herstoßen war noch in ihrem Bewusstsein. Auch das Gebrüll des Mannes hörte auf.
Ihn seinerseits hatte die dunkle, dumpfe Erde unter sich begraben. Sein dauerndes Auf-der-Hut-Sein hatte die Kehrseite, dass er sich in solchen Momenten allzu deutlich sah. Er vermochte seiner Existenz keinen Sinn zu geben, auch damit nicht. Als durchschaue er pflichtgemäß die Nichtigkeit seines Lebens.
La tristesse qui régnait dans la maison vide.
Der tiefe Kehllaut, der vorhin noch seine Rippen geweitet, seinen Brustkasten geschwellt und ganz in Anspruch genommen hatte, blieb in ihm stecken.
Er sah keinen Sinn in dieser ganzen Fickerei, in nichts. Wozu tat er es. Wozu eigentlich hatte er es getan, und wozu tat er es immer wieder.
An der Wärme seiner Haut spürte er die Brüste der Frau. Aus dem verhassten Nichts, aus dieser in Leere umgestülpten Welt begannen sich die Einzelheiten herauszuschälen, er konnte sich nicht dagegen wehren. Die Schwäche der Seele. Oder vielleicht erinnerten ihn ihre von der letzten Lust rau gehärteten riesigen Brustwarzen daran, dass er eine Haut hatte.
Die Schwäche seines Willens.
Ihre Körper flossen, rutschten aufeinander und ineinander herum, plötzlich klappten beide aufeinander zusammen und atmeten laut in die kalte Stille des Zimmers hinaus.
Da war Hitze und ein Jucken, Brennen, alle ihre Glieder loderten innerlich. Von dem tagelangen Reiben brannten die Schamlippen der Frau, ihre Scheide tat weh, der Mann spürte wieder den Schmerz von dem angerissenen Bändchen unter der Eichel. Offene Wunde rieb sich an offener Wunde.
Wieder jammerten sie, es tat gut, Zeugnis davon abzulegen. Sie weinten, schnappten nach Luft, seufzten, schnauften erstickt, jaulten, bliesen und zischten einander ins Ohr, als wollten sie sich doch nicht abregen. Und der Mann stieß immer noch zu, langsam und faul, eigentlich erfüllt von seiner eigenen Leere, aber auch verzweifelt darüber.
Alles, was sie taten, war weder lenkbar noch zu kontrollieren, doch sie waren wieder so weit zu sich gekommen, dass sie die Überflutung sahen.
Sie knabberten einander an den Ohren, der Nase, den Lippen, sogar an den Zähnen. Den Rücken des anderen umarmend drückten sie ihn an sich, streichelten ihn, kratzten ihn, pressten ihn, umklammerten ihn, damit alles auf alles drückte, was so glatt und in Hitze aufgelöst war, Knochen auf Fleisch, Fleisch auf Knochen. Als sagten sie, ich zerquetsche dich. Als sagten sie, ach, warum habe ich dich nicht aufgefressen, ich fresse dich auf, nage alle deine Knöchelchen und Knorpel ab. So viel Atem hatten sie natürlich nicht, das alles gleichzeitig zu tun oder zu sagen. Es war eher schon die von ungebremster Lust gereinigte Freude. Grund dafür hatten sie. Als hätten sie nach den Qualen und Versuchen von vier langen Tagen endlich ein unglaubliches Hindernis überwunden.
Sie blickten von der anderen Seite zurück. Sie tobten und planschten schmerzlich in ihrem Erfolg, der ihnen als zufälliger Segen in den Schoß gefallen war.
Wenn Frau Szemző nicht eingetreten wäre.
Der Gedanke durchzuckte sie, dass sie da gewesen war, aber eher so wie ein vollkommen unwahrscheinliches Phänomen. Sie wischten es sogleich beiseite, ihr eigenes wahnsinniges Gebrüll war noch in ihren Ohren. Mein Gott, vielleicht war sie gar nicht gegangen, vielleicht hörte sie das alles noch.
Die unerforschliche Fürsorge des Schicksals aber wollte es, dass sie tatsächlich gegangen war. In dem Maße, in dem sich ihr Puls verlangsamte, wuchs das Bewusstsein des physischen Erfolgs. In fernen Umrissen, mit blassen,
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