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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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körperlichen Erschöpfung, wegen der andauernden Erregung oder wegen etwas ganz anderem hatte sie plötzlich einen starken Brechreiz. Sie konnte ihn zwar zurückhalten, aber ihre Mundhöhle füllte sich mit einem sauren Geschmack. Ihr ganzer Körper zuckte vor Anstrengung, ihre Scheide schloss sich um ihn, wovon sie an Armen, am Rücken, an den Brüsten eine Gänsehaut bekam, als verstünde sie nachträglich, was in den vorangegangenen Stunden passiert war. Wie jemand, dem die Haare zu Berge stehen; sie erschauerte über das, was vor sich gegangen war.
    Sie klammerte sich mit den Händen ans Bettgestell, zog sich hoch und setzte sich richtig auf ihn.
    So wie zuvor mit Worten, gewann sie jetzt mit dem Körper die Oberhand, und sie blickte von sehr weit weg auf ihn hinunter. Als hätten sie gar keinen Schlusspunkt erreicht, ließ sie nicht ihr ganzes Gewicht auf ihn herabsinken, sondern hob und senkte sich erneut. Mit offenem Mund, damit der unangenehme Geschmack herauskam, vielleicht sogar in einem lauten Rülpser, sie gähnte mit ihrem Becken, ihrem geweiteten Schoß in ihn hinein.
    Die ganze Frau war nichts anderes als ein einziges, überraschendes Sichöffnen.
    Ágost konnte ihr nicht ausweichen und nicht genug bekommen, obwohl er befriedigt war. Es war ihm zuwider, er mochte es wirklich nicht, er musste pissen, er hatte Durst, es tat weh, er wollte aus ihr heraus und vor ihr fliehen, seine Lippen waren ausgetrocknet, und es wäre angenehm gewesen, die Glieder zu rühren.
    Gleichzeitig lachten beide auf, grob und mit tiefer Stimme. Und beide spürten auf einmal, dass sie jetzt in der gemeinsamen Befriedigung wiederum zum Gefangenen des andern wurden.
    Du bist ja völlig wahnsinnig, sagte der Mann, im Lachen zu sich kommend, was ja schon recht wäre, aber warum musst du solchen Unsinn reden.
    Was für einen Unsinn.
    Das mit dem Techniker.
    Was ist daran so schlimm.
    Es ist seelenlos.
    Mir gefällt’s, es trifft zu, das ist alles.
    Wenn es dir nicht gefiele, würdest du’s wohl nicht sagen, antwortete er, im Takt der Frau artikulierend. Was ich wissen möchte ist, wie kommst du überhaupt auf so etwas.
    Jetzt stieß er schon kräftiger zu, endlich wusste er wieder, was er tat.
    Er sah, dass Gyöngyvér leicht mit den Schultern zuckte. Und seltsamerweise erkannte er sich darin am ehesten.
    Ihr heißer, riechender, matschig lockerer Schoß blieb hartnäckig bei seinem Takt, ließ nicht nach. Auch in dieser Hartnäckigkeit glichen sie sich. Sie kam in großen Bögen auf ihn herunter, worauf der Mann zustoßen musste, aber da hob sie sich schon wieder weg.
    Sie wartete es nicht ab.
    Ganz einfach, sagte sie gleichmütig. Ich fühle mich ein bisschen wie jemand, der anständig repariert wurde. Sonst nichts.
    Das Seltsame war, dass es keinen besonderen Entschluss brauchte, es auszusprechen, ihre Situation so beleidigend leidenschaftslos zu kennzeichnen. Und da der Mann vor Überraschung nicht antworten konnte, er selbst hatte ja trockene und illusionslose Antworten auch immer parat, fügte die Frau nach einer Weile hinzu, deswegen halt.
    Noch gut, dass ich kein Hydrauliker bin.
    Was heißt jetzt das wieder.
    Das ist aber nicht dein Ernst, dass du’s nicht weißt.
    Woher sollte ich es wissen.
    Es heißt Klempner, wenn du wirklich meinst, ich sei einer. In diesem Fall geht’s um ein Rohr.
    Darüber lachten sie und prüften sich im Dunkeln aufmerksam, fast misstrauisch und ein wenig ungläubig.
    Jetzt hatten sie eigentlich sowieso schon alles hinter sich.
    Die Lust, die sie voneinander gewonnen hatten, ließ sich nicht nachträglich verderben; auch nicht wegnehmen.
    Dem Mann schien dieses fremde Wesen fast unerreichbar fern. Schon bis dahin hatte er nicht verstanden, wie jemand, der aus einer so anderen Welt stammte und obendrein eine Frau war, ihm so nahekommen konnte. Sie schwankte über ihm als dunkler Fleck auf der vom Widerschein helleren Fläche der Decke, mit ihrem zerzausten kurzen Haar ein wildes Medusenhaupt. Eine Mondbewohnerin.
    Im Blick der Frau hingegen der Widerschein eines ebenso unerreichbaren Gesichts, unter ihr in der heißen Tiefe der dicke Mund, das scharf umrissene Kinn, die Stirn, der kräftige Nasenrücken. Was konnte sie von so einem wollen. Wozu denn das ewige Begehren nach dem Mann, wo sie doch von den Frauen, und sei es auch nur für einen Augenblick, viel mehr bekommen konnte.
    Bloß nichts Schlechtes, Feindseliges, beide passten auf, damit sie jetzt nicht etwas wirklich Fatales sagten.
    Na

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