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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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auf die Empfindungen und vor allem nicht auf die Gefühle. Auch er sah mit dem inneren Blick. Die relativ lange Scheide und der vor Erregung kürzer und dicker werdende Schwanz nahmen jetzt, er sah es, einen völlig gegensätzlichen Neigungswinkel ein. Ihre Berührung war wahrscheinlich deswegen so außergewöhnlich. Die Scheide machte einen Bogen aufwärts, während sich der Schwanz, wie vom Gewicht und der Masse seiner blutgeschwellten Eichel gezogen, trotzig neigte.
    Sie waren streng und hartnäckig ineinander verkeilt. Mit jedem Ziehen, jedem Stoßen steigerten sie die Spannung des anderen.
    Er ging sparsam damit um. Eine so kleine Bewegung war durch die Wand hindurch nicht zu hören. Schon deshalb musste er aufpassen. Als würde er gleichzeitig zwei Bereiche lenken. Die nicht gleicherweise elastisch waren. Er wusste, an welcher Stelle er war und was er tun musste, um den Bereich des Realen nicht anzukratzen. Er sah, bis wohin er gedrungen war, den Weg, der hinter ihm lag, und was noch vor ihm lag. Er durfte der Frau nicht nachgeben, die sich in krampfhaft abgerissenen, unstimmigen hysterischen Takten unter ihm herumwerfen wollte. Sie wollte ergeben demonstrieren, wie sehr sie genoss, und so kam man mit ihr nirgendhin.
    Ihre Hüftknochen schlugen mehrmals fast unangenehm gegeneinander. Eigentlich war er im Schwimmbad zuerst darauf aufmerksam geworden, auf ihre Hüfte.
    Wie sich ihr Körper streckte, wenn sie aus dem Becken stieg, wie die Tropfen abrollten und um diesen Knochen herum an ihrer fröstelnden braunen Haut stecken blieben. Und doch war da jetzt eher ein Schmerz. Mit dem er aber auch wahrnahm, mit seiner Haut, auch mit seinem Schwanz nahm er wahr, sah mit ihnen besser als mit den Augen, sein Körper hatte keine Ausdehnung mehr, keine einzelnen Teile, Glieder, und deshalb war auch nichts getrennt, die Empfindungen waren gemeinsam, ohne Anspruch auf Selbständigkeit.
    Weiß war das Stärkste.
    Er hätte seinen Schwanz herausziehen sollen, wenigstens einen Augenblick, um ihn zu sehen, sich an seinem Anblick zu erfreuen, es fehlte ihm das Besitzgefühl. Schmerz ist Dunkelheit. Ein weißes Kopfkissen leuchtete durch alle Empfindungen, seine eingesunkenen Falten und Schatten waren um das sich verengende, sich weitende Gesicht herum fast verletzend hell. Die sich zum Ton der Atmung öffnenden Lippen, die sich einbuchtenden, fein schließenden und öffnenden Nasenlöcher, das kaum hörbare, schmerzliche Pfeifen in seinen Ohren.
    Sie tut auch jetzt noch, als ob.
    Immer noch als ob, dachte er nicht wenig irritiert. Als wolle sie ihn überzeugen. Oder sich selbst. Und gleich der leuchtende Entschluss. Ich lasse sie nicht. Er fühlte keine Haut mehr, bloß die herüberstrahlende Hitze, und auch das Fleisch unter der Haut spürte er nicht. Es blieb ihm nur diese einzige, von irgendwoher vertraute Aufgabe. In der Dunkelheit reifte, verströmte sich der durchdringende Geruch ihrer bei jeder Bewegung glucksenden Fotze. Er musste eine Lösung finden, oder wenigstens eine Methode suchen, wenn es bisher schon nicht gelungen war. Die Frau austricksen.
    Auch die aus dem brodelnden Grund unter ihm auftauchenden, herausschießenden, dann zurückfallenden weißen Steine sah er. Das Wasser siedete, warf an der Oberfläche Blasen, was genauso war wie das Gefühl des Bröckelns unter seinem Körper. So wie die anderen ihn durch den qualmenden Dunst, beobachtete er sie. Er musste auf alle Bewegungen der Frau achten, um ihren Künsteleien auszuweichen, einen Spalt zu finden. Doch das empfand er eher so, wie wenn man durch etwas durchbrechen muss. Er dachte sogar, ich muss zu ihr durchbrechen, allein kann sie sich nicht befreien, sich halten.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass das gelang, war klein.
    Immerhin rief eine fremde Stimme vom zweiten Stock herunter, bevor er hinunterstürzte. Du weißt doch. Klar wusste er es, schon weil sich die ausgetrockneten Stauden, an denen er sich bisher festgehalten hatte, eine nach der anderen losrissen und in der Tiefe verschwanden. Er hatte nichts mehr, woran er sich festhalten konnte.
    Nachdem ihn sein Vater alleingelassen hatte, hatte ihn der Internatsdirektor als Erstes gewarnt, sicher, die Gegend sei sehr schön,
sans doute
, aber er solle sich von ihr nicht überwältigen lassen. Denn sie sei nicht ungefährlich, und deshalb dürfe er weder sommers noch winters, weder tagsüber noch nachts je einen Schritt allein tun.
    Ob er verstanden habe.
    Es gibt nur Erde, die jetzt zerfällt und ihn

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