Parallelgeschichten
Bewegung, mit der er sich seine Haarmasse aus der Stirn strich. Sie wollte mit niemandem eine feste Beziehung haben, jegliche Ablenkung störte sie in ihrer Konzentration.
Einmal wöchentlich holte sie allerdings Médi beim Conservatoire ab, oder sie warteten beide auf dem Quai Malaquais auf Médis Liebhaber, einen weiteren bettelarmen, bohnenstangendünnen, stark stotternden jungen Mann, ebenfalls Ungar, der an der École des Beaux Arts Malerei studierte oder in Ateliers Modell stand. Meistens aber wollte sie auch die nicht sehen, niemanden, um ehrlich zu sein. Die beiden schon deshalb nicht, weil ihre Gegenwart sie auf den Mangel an eigenen zärtlichen Gefühlen aufmerksam machte, sie hatte für niemanden welche. Und am wenigsten für den Mann, von dem sie sich befriedigen ließ.
Es war ihr klar, dass ihr Verhalten ungewöhnlich oder schlicht skandalös war.
Besser, wenn es nicht einmal ihren Kollegen auffiel. Normalerweise sind Mädchen auf Gesellschaft aus, statt sie zu meiden, sie wollen ja heiraten und verhalten sich dementsprechend. Sie hingegen nicht, überhaupt nicht. Das musste sie bis zu einem gewissen Grad sogar vor sich selbst verheimlichen.
Dieser Korsakas kam ihren heimlichsten Bedürfnissen entgegen. Er befriedigte sie und förderte damit ihre Biegsamkeit und Glätte, die in der Einsamkeit verkommen wären, und das war im Hinblick auf ihre Karriere das Wichtigste.
Fast schien er sich zu entschuldigen, dass er sich dabei auch selbst befriedigte.
Und er wollte Bella auch nicht dauernd mit Beschlag belegen, er wollte sie ja nicht verlieren. Nicht einmal ihre Aufmerksamkeit forderte er, ja, bestand gar nicht darauf, in sie einzudringen. In seinem Benehmen war eigentlich etwas verletzend Neutrales. Wenn er gelegentlich doch eindrang, tat er es vorsichtig und abgemessen, nicht tief, eher nur den Raum zwischen den Schamlippen mit seiner erstaunlich runden, vor Erregung fast schwarzen Eichel füllend. Ein starker Duft stieg auf, er streichelte sie, schob und zog seinen Schwanz in ihren sich vermischenden Düften, aber so, dass er ihn jederzeit herausziehen konnte.
Auf den Körper des Mannes hätte sie vielleicht mit großer Anstrengung verzichten können, aber seinen Duft in ihrem Duft begehrte sie immer wieder von neuem.
Das war abwegig, es war, als hätte sie eine Fährte aufgenommen, wie ein wildes Tier.
Ihren Interessen und Bedürfnissen entsprechend hatten sie eine eigene Technik des Geschlechtsverkehrs entwickelt, in solchen unbarmherzigen Großstädten keine seltene Art von Beziehung. Bella fragte sich auch nicht, woher wohl die zuvorkommende Neutralität des Mannes stammte. Ihr Kopf war voller nüchterner Berechnungen, das geb ich, das bekomm ich, nicht mehr und nicht weniger.
Ich bin berechnend, ein egoistisches Mistvieh, warf sie sich vor und schien Widerspruch zu erwarten, aber es war die Wahrheit.
Sie spürte zwar, dass sie, wenn sie so weitermachte und ihren Egoismus nicht in den Griff bekam oder auf diese unterdrückt erzwungenen, selbstbezogenen kleinen Befriedigungen nicht verzichtete, die doch immerhin etwas anderes waren, als wenn sie es sich in ihrem eigenen einsamen Geruch selbst machte, immer stärker ihrem Vater und ihrer Mutter zu gleichen begann, und wozu hatte sie dann gegen die aufbegehrt.
Sie dachte, sie betrüge den anderen Menschen, deswegen sei ihr Verhalten moralisch unakzeptabel, obwohl sie sich im Grunde genommen eher selbst betrog, deshalb litt sie und war bedrückt. Vielleicht hatte der Mann mehr Erfahrung in der Abwicklung solcher Kalküle, er war zehn Jahre älter als sie.
Bella wollte diese geschäftliche Beziehung so lange dauern lassen, wie der Nutzen für ihren Körper größer war als der Schaden, den sie sich mit ihrer Ansteckungsphobie zufügte. Sie fürchtete, die häufige Selbstbefriedigung hinterlasse in ihrer Gestik eine Spur, die auf der Bühne sichtbar würde. Es ging ihr nicht auf, dass sie beide, je bewusster sie kalkulierten, je kühler und berechneter ihre Befriedigungstechnik war, den anderen immer wesentlicher erkannten, auch wenn sie ihn noch so verachtete und als fremd empfand.
Einen so schlecht gebauten, unproportionierten Körper konnte sie nicht ernst nehmen, schon aus professionellen Gründen nicht. Unwillkürlich schloss sie die Augen, sie mochte seine Nacktheit nicht sehen. Vielleicht prägte sich ihr der Anblick gerade deswegen so scharf ein. Sie sagte sich zwar, der vollkommene Körper sei langweilig, den habe sie bis oben hin,
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