Parallelgeschichten
nicht so, herrschte er ihn an und erhob sich hinter seinem mächtigen geschnitzten Schreibtisch, ich rühre Sie mit keinem Finger an, hingegen können Sie sicher sein, dass ich Sie auspeitschen lasse.
Er wollte wissen, was geschehen war, stellte ein Kreuzverhör an und ihm Fallen und heimtückische Fragen, leuchtete die tiefsten und gefährlichsten Winkel aus und siezte ihn dabei konsequent.
Dann ließ er ihn tatsächlich in den leeren städtischen Kerker bringen, wo sie aber keine Peitschen fanden, so dass ihn die Gendarmen mit einer Fahnenstange verprügelten, wenn auch doch eher nur symbolisch.
Drei Tage war er bei Wasser und Brot eingesperrt.
Der aufwendige Lebensstil und die misslichen finanziellen Verhältnisse der Familie hätten ihm nur erlaubt, ein Stadt- oder Bezirksangestellter zu werden, so wie sein Vater, der jahrzehntelang als Richter des Bezirks Mohács amtierte und sich wegen seiner kühlen Korrektheit großen Ansehens erfreute. Bellardi hätte auch Priester oder Soldat werden können. Doch da er Gott nicht ernster nahm als sonst etwas, zog er die Seefahrt vor, blieb aber auf dieser Laufbahn sehr rasch stecken. Kaum war er zum Offizier befördert worden, musste er wegen einer Ehrensache, über die niemand Näheres wusste, die Kriegsmarine verlassen.
Angeblich hatte er einen Kameraden bestohlen, was aber kaum vorstellbar war.
Madzar hatte bei dieser Nachricht den Kopf geschüttelt, als hätte er Wasser in den Ohren, und war seiner Mutter wütend über den Mund gefahren, solches Zeug solle sie aber nie mehr verbreiten.
So war Bellardi auf dem einzigen Luxusschiff der mit großen finanziellen Schwierigkeiten kämpfenden Ersten Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft gelandet. Schon weil sein zukünftiger Schwiegervater bei dieser Gesellschaft gewichtige Interessen hatte. Eigentlich mochte Baron Koháry den schmucken jungen Mann lieber als seine wunderschöne Tochter, die er später mit einem einzigen Koffer ziehen ließ.
Ein bis in die Tiefen seiner Seele unglücklicher Mann, was er kaum je zeigte. Er beobachtete den mittellosen jungen Mann, der an der Schönheit und der Mitgift seiner Tochter so unglücklich auflief, mit einer gewissen Anteilnahme. Seinen einzigen Enkel würde Bellardi großziehen, was er aus ganzem Herzen guthieß. Seiner Aufmerksamkeit entging auch nicht, dass sich Bellardi lieber an seiner Strenge ein Vorbild nahm und seine väterlichen Ratschläge eher befolgte als die seines eigenen Vaters, der ja eigentlich aus demselben Holz geschnitzt war.
Die Dampfschifffahrts-Gesellschaft hätte auch aus uneingestandenen emotionalen Gründen nicht gern auf das alte Schiff verzichtet. Auf den Direktionssitzungen wurde die kostspielige Anhänglichkeit damit begründet, dass Ungarn, sollte es die ungerecht abgetrennten Landesteile wiedererlangen, auch wieder einen Zugang zum Meer hätte, was den Schiffsverkehr auf der Donau in Schwung bringen würde. Woran nach den aufwühlenden Erklärungen Lord Rothermeres im englischen Oberhaus niemand zweifelte. Dann würde sich die Situation der Handelsflotte verändern, die Schifffahrt würde wieder Gewinn bringen, also dürfe gerade im Hinblick auf die Zukunft das schöne alte Schiff nicht verkauft werden.
Du hast wohl keine Lust, mit denen zu essen, sagte Madzar, der mit dem Erröten kämpfte und mit einer einzigen unbeholfenen Handbewegung die gefühlvollen Umarmungen zu erwidern versuchte.
Seit der blutigen serbischen Herrschaft misstrauten die Mohácser den Serben besonders.
Als Tischgesellschaft bliebe noch Geheimrat Elemér Vay, den du hinter meinem Rücken sehen kannst, sagte Bellardi lachend, aber ich glaube, auch du hast nichts dagegen, wenn wir nicht mit ihm essen.
Ganz und gar nicht, sagte Madzar, wobei ihm die abweisende Geste nicht gelang, ihre Hände glitten ineinander und ihre Finger verschränkten sich unwillkürlich.
Überhaupt hätte ich einen wichtigen Auftrag, fuhr Bellardi fort, schon deswegen lasse ich oben servieren. Ich muss unter vier Augen mit dir reden. Josef, rief er über die Schulter auf Deutsch dem alten Kellner zu, der sich die ganze Zeit gehorsam in ihrer Nähe aufhielt, wir essen oben und trinken dazu einen Burgunder Chardonnay.
Madzar begriff gar nichts.
Einen Auftrag, wie denn, von wem denn.
Einen vertraulicheren als gewöhnlich, sagte der Kapitän und lachte ermunternd.
Madzar schien sich gleich wehren, gleich Ausflüchte suchen zu müssen, er kenne hier niemanden, er komme nicht aus einer guten Familie,
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