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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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er lachend, bitte, aber nimm dann einfach mein Ehrenwort ohne Ihn, großgeschrieben.
    Was ist schon so ein Ehrenwort wert, dachte er, nichts.
    Was für eine Rechenschaft bin ich denen schuldig, gar keine.
    Es war ein herzerwärmendes Gefühl, daran zu denken, dass er sein Geld in einer alteingesessenen Amsterdamer Privatbank deponiert hatte. Lächerlich, er lachte sich wirklich aus, es war aber auch eine vorweggenommene Rache. Es zählt ja sowieso nur das Geld. Doch Madzar sah, dass er mit seinem überheblichen Lachen den anderen wieder verletzt hatte, gleichzeitig bereute er seine eigene Nachgiebigkeit.
    Jetzt mussten sie wieder ihre Lage auskalibrieren. Sie hatten noch gar nicht begonnen, waren eigentlich erst bei der Einführung, und schon schwankten sie unter der Last des anderen Lebens.
    Heraus damit, sagte er laut und kernig, er wollte die Last so rasch wie möglich loswerden.
    Ich bin, weißt du, Mitglied einer sehr alten Geheimgesellschaft, die heute unmerklich, aber ziemlich wirkungsvoll das ganze Land überzieht, antwortete Bellardi nicht weniger kraftvoll, ja, im Sinn des Zeitgeists haben wir die Landesgrenzen überschritten.
    Mein Auftrag lautet, dich in die Zielsetzungen der Gesellschaft einzuweihen.
    Madzar nickte nicht einmal, er schwieg, ehrlich verblüfft.
    Die fürchterliche Ahnung, dass das ein eifriger katholischer Schleimer war, hatte sich bewahrheitet, so wie er es gedacht hatte, der war tatsächlich ein Verschwörer, Madzar hatte sich nicht getäuscht. Das darf doch einfach nicht wahr sein, dass alles so simpel ist, wiederholte er für sich, während der andere ebenfalls verstummte, damit sein Freund das Gehörte verdauen konnte.
    Er war auch erleichtert, dass der andere kein Geld von ihm wollte.
    Unsere Organisation ist eine Gemeinschaft angesehener und einflussreicher Männer, sagte Bellardi ein wenig heiser, und ich möchte dich gleich beruhigen, wir werben nicht um Mitglieder, laden sie höchstens nach ein paar Vorgesprächen ein.
    Nimm das jetzt als ein solches Vorgespräch.
    Wenn du es wünschst, verrate ich auch gleich die Namen einiger unserer angesehenen Mitglieder.
    Nein, danke, lieber nicht.
    Je weniger du erfährst, umso sicherer.
    Das sehe ich auch so.
    Du darfst dir nicht eine ländliche Burschenschaft vorstellen, sondern eher eine Art große Familie, mit entfernten Verwandten, oder ein spezielles Herrencasino, dessen Namen und Anschrift in diesem Fall niemand kennt. Eine Anschrift gibt es gar nicht, beziehungsweise es gibt so viele Anschriften wie Mitglieder. Den Namen der Gesellschaft hingegen pflegen wir nicht zu nennen. Du kannst dir auch eine Freimaurerloge vorstellen, wo aber nichts Peinliches oder Außergewöhnliches geschieht. Abgesehen vom Aufnahmeakt gibt es keine Zeremonien. Höchstens hören wir wissenschaftliche Vorträge zur Geschichte des Ungarntums. Wenn möglich unter freiem Himmel, so wie sich unsere Vorfahren versammelt haben. Die geladenen Vortragenden sind nicht unbedingt Mitglieder der Gesellschaft, manchmal wissen sie nicht einmal, dass sie vor den Angehörigen einer Familie oder einer Nation sprechen. Lajos Bartucz, László Németh, Dezső Szabó halten regelmäßig Vorträge. Wir diskutieren über den Zustand der Dinge, über Gott und die Welt, wie man so sagt. Letzthin haben wir einen Vortrag von Professor Lehr gehört, dessen Arbeiten du bestimmt kennst.
    Leider sagt mir der Name nichts, aber du weißt ja, dass ich nicht zu Hause gelebt und studiert habe.
    Er spielt eine sehr aktive, ja, maßgebliche Rolle in der Gesellschaft.
    Bellardi machte eine kurze, bedeutungsschwangere Pause, als wolle er signalisieren, ich weiß, was ich weiß, der Professor gehört zu den Hauptakteuren der Gesellschaft, und ich verrate dir das jetzt.
    Der Professor sprach über den Zusammenhang zwischen den Dammbau-Methoden in Friesland und den Naturvorstellungen im bäuerlichen Holland, höchst lehrreich, muss ich sagen. Ich erwähne das nur, weil auch er in Holland gelebt und gelehrt hat und dort in den akademischen Kreisen sehr bekannt ist. Er ist Urgeschichtler, Linguist und Ethnologe. Ich werde dir einmal den Vortrag zusammenfassen, falls er dich interessiert.
    Madzar wartete vorsichtig ab, er wollte sich auf nichts einlassen.
    Ich darf ruhig behaupten, dass es zwischen uns nicht einmal Diskussionen gibt, fuhr Bellardi fort. Ihr Verantwortungsbewusstsein für das Schicksal des Ungarntums stärken die Mitglieder still im Kreis ihrer Familie. Nach dem Gespräch, das einem

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