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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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spielten.
    Die Szene dauerte aber nur kurz, die Wörter zogen rasch und glatt über die Redenden hinweg. Sie plapperten, als berühre sie gar nicht, was sie sagten. Dann war für die Unterbringung des Gepäcks zu sorgen, sie mussten anordnen, was wohin zu bringen war. Vor dem Bahnhof warteten die bestellten Mietwagen. Das Gepäck der mit Staffeleien und Reißbrettern ausgerüsteten jungen Damen und Herren wurde von den Trägern in einem Reisebus verstaut. Auf die Szemzős wartete die schwarz lackierte Wappenchaise des Hotels Korona mit dem beleibten Kutscher und den beiden auf Hochglanz gebürsteten schwarzen Pferden.
    Die verwöhnten kleinen Stadtjungen liefen zu den Pferden, um mit ihnen begeistert Freundschaft zu schließen oder wenigstens ihr schönes glänzendes Fell zu streicheln. Die Pferde fraßen gerade in aller Ruhe aus dem umgehängten Futtersack. Sie peitschten mit dem Schweif nach den Schnaken, ihr Fell zuckte und sie schlugen zur Warnung kurz gegen die Jungen aus.
    Madzar begriff nicht, wieso die schwarze Chaise wartete, er hatte sie doch gestern im Korona gar nicht bestellt, aber gleichzeitig musste er dauernd denken, den Jungen würde etwas passieren. Besorgt beobachtete er, wie weit die Pferde die lästige Annäherung zuließen.
    Ich habe doch nur Sie erwartet, sagte er verstohlen zu Frau Szemző. In seiner gepressten Stimme schwang Vorwurf mit.
    Das schönste Eckzimmer habe ich für Sie reserviert.
    Woher hätte ich wissen sollen, dass Sie mit der ganzen Familie anreisen, schien er zu fragen.
    Was Frau Szemző nicht verstand. Sie war sowieso mit einer anderen Frage beschäftigt.
    Wo hat er ein Zimmer reserviert, was für ein Zimmer, sie wusste nicht, was sie mit der verliebt vorwurfsvollen Betonung des Satzes anfangen sollte. Na ja, auch sie war manchmal verwirrt wegen ihrer erotischen Phantasien, die sich hartnäckig um Madzar drehten, dies und jenes würden sie tun, so und so würde sich der Mann in dieser oder jener Situation benehmen, aber ihre wirkliche Beziehung erlaubte eine solche heikle Intonation nicht, rechtfertigte sie nicht. Angesichts Madzars aufgeregten Zustands fragte sie vorsichtig, ob er ihr Telegramm erhalten habe.
    Aber sicher, lautete seine empörte, aggressive Antwort.
    Sonst wäre er ja auch nicht hier.
    Ich hätte früher telegraphieren sollen, sagte Frau Szemző zu laut, wie um sich zu entschuldigen. So im allerletzten Augenblick war das wirklich unhöflich, ich gebe es zu, und ihre in weißes Wildleder gehüllte Hand ruhte einen kurzen und höchst vertraulichen Moment auf Madzars Arm.
    So wie einige Wochen zuvor in der leeren Wohnung im sechsten Stock, wo sie zwischen den schweren Blöcken der Palatinus-Häuser hindurch auf diese selbe Donau hinausgesehen hatten.
    Es war schwindelerregend, auf denselben Fluss zu blicken, und diese gemeinsame Wahrnehmung eines gleichzeitig Vergangenen und Gegenwärtigen machte beide etwas benommen, als wäre es ein erneuter beleidigender Angriff.
    Aber ich habe es nicht getan, um Ihnen nicht einmal zufällig zur Last zu fallen, fuhr Frau Szemző fort. Damit Sie keine Zeit hätten für Vorbereitungen, wobei sie selbst überrascht war, wie leicht es ihr fiel, in der Nähe ihrer beiden Kinder die Selbstbeherrschung zu wahren. Damit Ihnen gar nicht einfallen könnte, wegen unserer kleinen Familienexkursion Ihren Tagesablauf zu ändern.
    Madzar war unfähig, sich so elegant zu beherrschen.
    Was meinen Sie damit, mir nicht zur Last fallen, fragte er immer noch in dem gleichen vorwurfsvoll verliebten Ton, auch wenn er schon bereute, den Mund aufgemacht zu haben. Die Erregung kratzte das schmeichelhafte Bild an, das er sich von seiner Selbstdisziplin machte. Wo ich Sie doch zum Mittagessen erwarte, und nicht nur ich, sondern auch meine Mutter. Seit Wochen tue ich ja nichts anderes als für Sie arbeiten, rief er gedämpft und verzweifelt.
    Was soll mir denn nicht einfallen.
    Ach Gott, ist das peinlich, Sie bringen mich in Verlegenheit, rief Frau Szemző. Wenn wir nur nicht schon anderweitig verpflichtet wären. Wer hätte denn gedacht, dass Ihre Mutter so freundlich ist, uns mit dem Mittagessen zu erwarten. Jetzt muss ich meinen Fehler wirklich einsehen. Ich hätte viel früher fragen sollen, ob Ihnen ein solcher Besuch konveniert. Die Jungen waren einfach nicht mehr zu bremsen, fahren wir nach Mohács, in Mohács, da waren wir noch nie. Sie werden es mir nicht glauben, dabei ließ sie vorsichtig, aber doch entschieden Madzars Arm los, was auf der

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