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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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an.
    Er hoffe sehr, sagte von der Schuer, verunsichert vom Ausbleiben einer höflichen Antwort und vor allem eines Blicks, die Gesellschaft seiner Frau würde das mehrfach aufwiegen.
    Aber die Gräfin schien unnahbar.
    Den Kaffee würden sie ja dann gemeinsam zu sich nehmen, fügte von der Schuer fast gegen seinen Willen hinzu. Damit gelang ihm endlich, die Gräfin zu wecken, sie an ihre Pflichten zu erinnern, denen sie auch gleich nachkam.
    Man verließ das Esszimmer unter Höflichkeitsbezeigungen.
    Von der Schuer gab einem der Dienstmädchen eine Anweisung, dann blieb die Gräfin im kleineren Salon des Hauses glücklich allein zurück.
    Kaum hatte sich die Tür des nahen Arbeitszimmers hinter ihnen geschlossen, nannten sie sich nicht mehr beim Vornamen.
    Es war keine bewusste Entscheidung, sie wechselten instinktiv. Traten aus der Familiarität in die wissenschaftliche Hierarchie zurück, die nicht viel mit ihrem gemeinsamen standesmäßigen Vorrang zu tun hatte.
    Wie ich sehe, möchte der Herr Professor ein Budapester Institut ins Leben rufen.
    Und die Frau Professor mit der Leitung betrauen. Was abgesehen von der Erfreulichkeit der Sache bedeutet, dass sie das Institut aufbauen müsste.
    Sie standen noch unbeholfen auf halbem Weg zwischen Tür und Schreibtisch.
    Von der Schuer war zuerst drauf und dran gewesen, sich hinter seinen auf Löwentatzen stehenden Schreibtisch zurückzuziehen. Dann entschied er sich doch anders, wählte die freundlichere Lösung und zeigte auf die bequemen Polsterstühle vor den verglasten Bücherschränken.
    Seltsamerweise kam keiner dazu, sich zu setzen.
    Es gelang ihnen nicht, auf mehr Distanz zu gehen.
    Von der Schuer war klar, dass ihn die peinliche Überraschung der Baronin nicht bremsen durfte, jetzt musste das Eisen geschmiedet werden, solange es heiß war, denn die Baronin wurde sichtlich blass, dann schoss ihr das Blut dunkel ins Gesicht.
    Bloß so ein neuer Einfall, fuhr der Professor leichthin fort, als wolle und könne er gar nicht vertuschen, dass die Idee persönlichen Animositäten entsprang. Solange ich lebe, kriegst du das römische Institut nicht, hingegen wirst du mir helfen, in Budapest in die Nähe dieser jungen Frau zu gelangen. Wir wissen doch beide, Frau Professor, dass die Eröffnung eines dortigen Instituts seit mindestens fünf Jahren fällig ist. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Aber nicht darüber möchte ich jetzt mit der Frau Professor ein Wort wechseln. Ich muss zwei weitere Themen anschneiden, beide von äußerster Dringlichkeit. Das eine ist persönlich, sagte er trocken und streng, sie betrifft Hans’ Taten.
    Er achtete darauf, nicht etwa wegen seiner Voreingenommenheit eine Pause zwischen den Wörtern einzulegen. Das andere betrifft die sich schon lange hinziehende Frage des Eigentumsrechts am Wolkenstein-Haus.
    Ich möchte das in Ordnung bringen.
    Es gelang ihm zwar auszureden, aber den zweiten Teil des Satzes nahm die Baronin kaum zur Kenntnis, sie rief schon so drohend und durchdringend dazwischen, dass es die nebenan im kleinen Salon eben eintretende Baronin und die ihr entgegeneilende, sich nach dem Befinden des Jungen erkundigende Gräfin Auenberg hörten.
    Wieso Hans, was für Taten, wovon reden Sie.
    Eigentlich bin ich an dieser für uns beide höchst peinlichen Situation schuld, fuhr von der Schuer ebenfalls etwas lauter fort. Um ehrlich zu sein, ich habe die Hans betreffenden Unterlagen schon letzte Woche erhalten, aber bis heute Morgen keine Zeit gehabt, sie einzusehen.
    Was für ein Haus, was für eine sich lange hinziehende Frage, was für ein Eigentumsrecht wollen Sie in Ordnung bringen, mit wem, mit wem denn, rief die Baronin grob und scharf, während sich ihre Miene zwar verhärtete, ihre Selbstdiszpilin aber auf Hochtouren lief, so dass sie sich nicht verzerrte.
    Wegen des Blutandrangs rutschte ihre Stimme nicht in die Höhe, wie bei einfachem Zorn, sondern ihr Ton wurde dunkel drohend, männlich tief.
    Im nahen Salon konnte man jetzt die Stimmen aus dem Arbeitszimmer nicht mehr unterscheiden, obwohl die beiden Damen beim Plaudern die Ohren spitzten.
    Hier war von Ohnmachtsanfällen bei Kindern die Rede sowie von der tiefen Besorgnis, mit der die Eltern Siegfrieds Entwicklung beobachteten.
    Wie schändlich, rief die Baronin verletzt, was die Damen im Salon deutlich hörten, und trotz ihres besten Willens, darüber hinwegzureden, verstummten sie wie vor den Kopf gestoßen.
    Ich bitte Sie, Frau Professor, nehmen Sie doch Platz,

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