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Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)

Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)

Titel: Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola Bellin
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schwarze Mercedes hat mich wieder verfolgt. Ich bin von der Straße abgekommen und gegen einen Baum gefahren. Und da war wieder dieser Mann.
    Ich steige aus dem Bett und schaue aus dem Fenster hinunter auf die Straße. Es ist sehr hoch, bestimmt in der vierten oder fünften Etage. Es wird jetzt erst hell draußen, also bin ich nicht lange ohnmächtig gewesen. Verwundert stelle ich fest, dass ich nicht meine schwarze Hose und mein Shirt trage, sondern fremde Männer-Jogginghosen und ein langes weißes T-Shirt. Vollkommen verwirrt stolpere ich zur braunen Tür und öffne sie einen kleinen Spaltbreit so geräuschlos wie möglich. Ich blicke hindurch und verschaffe mir einen Überblick. Es ist alles ruhig, und anscheinend ist niemand da. Ich greife nach der Nachttischleuchte auf der Kommode. Damit kann ich mich wenigstens wehren, falls doch jemand da sein sollte.
    Mutig öffne ich die Tür und betrete den langen Flur. Ganz an dessen Ende erkenne ich die Ausgangstür. Ich halte die Lampe fest und gehe auf Zehenspitzen auf die Tür zu. Einen Fuß vor den anderen setzend, nähere ich mich meinem Ausweg. An der Tür angekommen, bete ich, dass sie nicht abgeschlossen sein möge. Ich greife nach dem Türgriff und drücke ihn vorsichtig hinunter. Erleichterung breitet sich in mir aus: Die Tür ist tatsächlich nicht abgeschlossen. Langsam und geräuschlos öffne ich sie, doch plötzlich spüre ich einen Gegendruck, der die Tür wieder schließt. Ich schrecke zurück und sehe eine bleiche Hand, die die Tür zuhält.
    »Warum so eilig? Es ist unhöflich, einfach zu gehen, ohne sich zu verabschieden«, sagt eine tiefe Männerstimme.
    Ich hole mit der Lampe aus und will sie ihm ins Gesicht schlagen, doch er ist schneller und hält dagegen. Er kommt mit seinem Gesicht näher. Eisblaue Augen blitzen mich an. Ein Stich durchfährt meinen ganzen Körper: dieselben Augen, die ich am Tatort auf mir gespürt habe.
    »Wer sind Sie, und was wollen Sie von mir?«, schreie ich hektisch.
    »Beruhige dich! Es ist alles in bester Ordnung«, versichert er und lässt die Lampe wieder los.
    »Sie sind der Mörder! Ich habe gesehen, wie Sie die Anzugtypen erstochen haben!«
    »Die Anzugtypen? Du meinst die zwei Männer der Organisation? Damit habe ich dir das Leben gerettet, Eva.«
    »Woher kennen Sie meinen Namen?«, frage ich verwundert und hebe die Lampe wieder.
    »Ich bin …«, setzt er an, denkt dann offenbar darüber nach, was er darauf antworten soll. »Ich habe in deiner Tasche deinen Ausweis gefunden und dort deinen Namen abgelesen«, sagt er schließlich.
    Er lügt, und für diese Schlussfolgerung brauche ich nicht einmal meinen sechsten Sinn, der Lügen erkennt. Ich habe meinen Ausweis letzte Nacht auf meinem Schreibtisch im Revier vergessen. Also hole ich wieder aus, und diesmal bin ich schneller: Ich schlage ihm mitten ins Gesicht, und der Fremde fällt zu Boden. Dann öffne ich schnell die Tür und renne zur Treppe. Plötzlich höre ich wieder das lästige Klingeln in den Ohren. Nein, nicht jetzt! Das ist mit Abstand der schlechteste Moment. Das Klingeln wird immer lauter und unerträglicher. Ich bin erst zwei Etagen tiefer. Durch das laute Klingeln wird mir schwindelig, und ich sinke zu Boden.
    Der Mann hat mich eingeholt. Er nimmt mich auf den Arm und trägt mich wieder zurück in die Wohnung. Ich bin vollkommen machtlos. Unfähig, mich zu wehren, lasse ich zu, dass er die Tür verschließt und mich im Wohnzimmer auf die Couch legt. Das Klingeln wird leiser, und der Druck lässt langsam nach. Mir ist auch nicht mehr so schwindelig.
    »Es tut mir leid mit dem Ruf, doch mir ist nichts anderes übrig geblieben«, sagt er schließlich und setzt sich neben mich auf die Couch. »Ich kann nicht zulassen, dass du gehst. Es ist wichtig, dass du in meiner Nähe bleibst.«
    »Damit kommen Sie nicht durch. Meine Kollegen werden mich finden!«, stottere ich mit gebrochener Stimme.
    »Die Trantüten von der Polizei? Das bezweifle ich. Die haben genug mit dem Serienmörder zu tun, da wird es nicht so sehr auffallen, dass eine Beraterin fehlt«, sagt er dann abschätzig, geht aus dem Zimmer und schließt die Tür hinter sich zu.
    Stille breitet sich aus. Die Sonne ist nun vollkommen aufgegangen und erhellt den Raum. Ich sehe mich genau im Wohnzimmer um. Es ist klein und sehr spartanisch eingerichtet. Außer der Couch, auf die der Fremde mich gelegt hat, einem Sessel, einem kleinen Tisch davor und einem alten Fernseher hat der Raum nichts zu bieten:

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