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Paranoia

Paranoia

Titel: Paranoia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Felder
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ich meine Selbstverleugnung zugunsten eines klaren Gedankens eintauschen.
    Fuck Piss Shit? Ist das der klare Gedanke von gestern?
    Wirklich? Fuck Piss Shit?
    Habe ich das geschrieben?
    Nein.
    Oder doch? Ich weiß nicht.
    An diesem Brief gemessen, war Lutz am Telefon gerade eben ja direkt freundlicher, als er hätte sein müssen.
    Die Innenraumleuchte geht an, als ich, daheim angekommen, die Wagentür öffne und aussteigen will. Ich sehe zum Beifahrersitz. Das kann tausend Gründe haben. Aber ich denke an Fynn, an seinen gramgebeugten Rücken mit der Tasche über der Schulter, wie er im Dunkel des Schulkorridors verschwindet.
    Der Sitz ist leer. Aber sein Schatten ist noch da.

17
    Kurz darauf. Neunzehn Uhr fünfundfünfzig. Fünf vor acht. Ich habe den Schlüssel schon gezückt und trete vor dem Haus mit meinem schwarzen Schuh in einen vom Schneepflug aufgetürmten Streifen aus Wassermatsch. Erschreckt ziehe ich ihn raus und begutachte die Vertiefung, die mein Abdruck hinterlassen hat. Sie zerläuft an den Rändern und füllt sich mit Wasser.
    Fünf nach acht.
    Ich nuckle an ihrer linken Titte, diesem schlaffen Hautlappen. Montags, dienstags und donnerstags ist Ilse eingeteilt, um meine Wohnung in Schuss zu halten. Ich musste sie heute bitten, etwas länger zu bleiben, weil ich mich wegen meiner Verabredung mit Fynn etwas verspätete. Sie sitzt auf der Couch, schaut »Tagesschau«, das weise ich ihr so an, und mein Hinterkopf liegt in ihrem Schoss. Ich sauge und lecke an ihrer Zitze, Stillposition.
    Mit einer Hand halte ich sie fest und rücke mir die Brust immer wieder so hin, wie ich es gerade brauche, und mein anderer Arm hängt nutzlos in den Raum hinein. Wenn diese Szene einigermaßen geschmackvoll wirken soll, müsste der Fotograf jenes Detail auslassen.
    Auf einmal sieht sie zu mir runter und bemerkt meinen verklärten Blick in ihr Gesicht. Ihre Augen bewegen sich zwischen den Lidern hin und her, sie scheint ständig von meinem linken auf mein rechtes Auge und wieder zurück zu wechseln. Schlieriger Blick. Grauer Star? Ich weiß nicht.
    Ich fange an zu schluchzen, und ich ahne schon – also kurz gesagt: Ich kann in letzter Zeit einfach nicht mehr aufhören zu weinen. Ihr Gesicht drückt Mitleid aus, ein unendliches Verständnis. Ich setze mich auf, wende ihr meinen Rücken zu und ziehe eine angewiderte Grimasse.
    »Und nun, das Wetter von morgen«, sagt das Fernsehen. Die Welt ist voll von Wetterfetischisten.
    Ilse erhebt sich aus der Couch, nickt in Richtung Tür, und ich folge ihr ins Schlafzimmer. Hat sie’s heute eilig? Was soll das?
    Das Bett ist frisch bezogen. Ich sage, sie soll stillhalten. Sie bläst sich eine kurze Haarsträhne aus dem Gesicht. Wie kann das funktionieren, wenn der Pony hoch über den Augenbrauen endet?
    Ich berühre ihre Hängeschultern, fahre zu ihren Hängebrüsten, die Haut fühlt sich feucht an, ich kann nicht besonders gut drüber gleiten. Ihr Körper verströmt heiße Luft. Ihre Tränensäcke, ihre leeren Lippen, ihr langer Hals, ihre gelben, pergamentösen Hände, ihr dichter Busch, meine Augen kriechen über ihre Figur, über sie. All das macht es mir unerträglich, hier zu sein und nicht hier zu sein. Vor Traurigkeit und Hass und Abscheu wird mir ganz zärtlich zumute.
    Ohne jemals zu zaudern oder neu zu beginnen, bewegen sich meine Finger Zentimeter für Zentimeter abtastend und untersuchend in und um und unter und über ihre Anatomie.
    Wenn es nur schon vorbei wäre.
    Ich kann nicht warten anzufangen.
    Menschen versuchen verzweifelt, jeden Augenblick der Gegenwart festzuhalten. Ich wünsche einzig und allein, dass die Gegenwart vergeht. So schnell wie möglich.
    Ich streife mir die Anzughose zusammen mit der Unterhose verkehrt herum ab, beide Teile hängen ineinander. Blind für alles außer für sie, sage ich, mit gesenktem Kopf, tu dies und tu das. Noch nie habe ich so mit ihr Sex gehabt wie jetzt. Aber es ist jedes Mal anders. Ich schließe die Augen, gegen die Tränen.
    Draußen wird der Schneeregen noch heftiger. Die Wolken machen die Nacht so dunkel, dass ich den Eindruck habe, die Dunkelheit krieche bis in den Raum. Über die Fliesen, dieBettpfosten entlang, über meinen Rücken, über meinen Kopf, bis sie mich vollends umschließt.
    Ich kann nicht kommen. Über eine Stunde penetriere ich sie in derselben Stellung. Ich kann einfach nicht kommen. Es scheint mir kein erstrebenswertes Ziel. Ich komme nicht. Ich hacke regelrecht auf sie ein. Bevor ich schließlich

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