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Paravion

Paravion

Titel: Paravion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bouazza
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sogleich die Wimpern fächerten. Er war ganz in Schwarz gekleidet, ein Herr aus der Unterwelt oder ein Verbannter vom grünen Himmel. Der Wind bewegte seine Haarschnörkel mit den flinken Fingern eines Friseurs. Eine einsame Locke baumelte über den Falten der nachdenklich verdüsterten Stirn. Es ging ein Traum von ihm aus, dessen dunstige Vision die Frau ihm gegenüber jedoch nicht deuten konnte.
    »Hören Sie zu«, fuhr er fort.
    »Mein Sohn,
    jetzt trägst Du die Verantwortung für Deine Mutter und Deine Schwester. Ich hoffe, Du wirst tüchtig sein, Du Taugenichts. Sorge dafür, daß sie im Haus bleiben! Sei ein Mann! Hier ist alles in Ordnung. Wir arbeiten hart. Es ist ein merkwürdiges Land. Nicht gut für junge Leute oder Frauen.
    Die würden hier wie Spatzen vom Sturm mitgerissen werden.
    Lies den Brief auch Deiner Mutter vor. Die Menschen hier sind zwar freundlich, doch kennen sie weder Höflichkeit noch Scham. Auch Gott und Gebot nicht. Wir machen uns große Sorgen. Es gibt viel Reichtum hier. Irgendwie ist das nicht gerecht, daß die Menschen hier das alles so einfach haben und wir so hart dafür arbeiten müssen. Aber wir strengen uns an und arbeiten. Hier regnet es viel, und so viele Wolken wie hier haben wir in unserem ganzen Leben noch nicht gesehen. Viele Wolken und wenig Himmel.
    Wie geht es Euch? Ist es noch immer so trocken? Oder hat es im Herbst etwas geregnet? Wieviel kosten die Tomaten? Und was muß man für Kartoffeln bezahlen?
    Wir arbeiten und arbeiten. Wir werden Geld verdienen und dann wieder heimkommen. Bald schicken wir Euch auch ein bißchen Geld. Tja, wir sind zu müde, um zu arbeiten. Wir haben alle Rückenschmerzen. Aber die Ärzte hier wissen nichts. Und dann diese Sprache! Es klingt wie Spatzengezwitscher. Kaum zu glauben, daß man so reden kann. Zum Glück weiß der Teppichhändler alles über dieses Land. Wir sind vollkommen von ihm abhängig.
    Haben wir schon gefragt, wieviel die Kartoffeln kosten?
    Sei ein Mann, paß gut auf Deine Schwestern auf. Wir grüßen Euch.
    Vater.«
    Die Zuhörer des Geschichtenerzählers wurden abgelenkt von einer Reihe Autos mit gelben Nummernschildern (PV), hustend und prustend fuhren sie auf den Platz. Das fröhliche Chaos der Stadt erstarrte. Die Menschentrauben, die auf den Bus warteten, drehten sich um, sogar der Fußgänger, der gerade zertrampelt wurde, hob den Kopf. Busse, bis zum Anschlag voll mit Passagieren, blieben stehen, Köpfe ragten aus den Fenstern, ein Fahrgast saß sogar auf dem Dach. Im schweigenden Gedränge wurde einem Jungen die Mütze gestohlen, doch die Hand des verblüfften Diebs ließ die Beute wieder fallen. Das Gebimmel von Glöckchen verstummte und auch das Geschrei von Fußgängern und Passanten. Ein vor einer Ampel wartender Esel preßte eine perfekte Kugel aus seinem After, der sich wie eine Rosette öffnete und schloß, und die Kugel schwebte in der Luft wie die Rauchwolken aus den brummenden Solexen und Simcas. Ein Polizeibeamter ruderte mit den Armen, pfiff sich die Backen rund und die Lungen leer, doch daß der Verkehr auf Rädern, Hufen, Babuschen und Schuhen zum ersten Mal seinen Anweisungen folgte, lag nicht an seinem Pfeifkonzert. Zwei Männer in braunen, grobwollenen Gewändern, der eine saß seitlich auf einem Esel und der andere trug einen Schnappsack und neue Turnschuhe, die so gar nicht zum Rest seiner ländlichen Erscheinung paßten, hörten auf, sich die Hände zu schütteln, und drehten mit aufgerissenen Mündern die Köpfe. Ein Mann schaute aus dem Fenster seines Fords, aber seine Verwünschungen blieben ihm im Hals stecken. Obstverkäufer, Eismänner, Karren, an denen gekühlte Orangen- und Mandellimonade verkauft wurden; Händler von Was-weiß-der-Himmel hörten mit einem Schlag auf, Lob und Preis ihrer Waren zu singen. Gendarmen, die Baretts entweder auf dem Kopf oder in der Hosentasche, erstarrten wie ihre schwingenden Knüppel. Am Boden kauernde Schwarze, von der Sonne geröstet, in Scharlachkleidung und schwarzen, venusmuschelverzierten Mützen, hörten auf, ihre Erdnüsse zu rösten, und betrachteten grimassierend das verschnarchte Schauspiel.
    Die blauen, roten und weißen Ford Transit und Escort und ein einziger Golf GTI tasteten sich vorsichtig durch die zurückweichende Menschenmenge. Der Teppichhändler saß im vordersten Wagen, den der Karrenlenker steuerte. Er hatte offensichtlich noch nicht zur Kenntnis genommen, daß er keine Zügel mehr, sondern ein Lenkrad in Händen hielt. Der

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