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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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anscheinend auch über Nerven und Muskeln, sie zu gebrauchen. Und als Ihr vorhin die Stirn hattet, mir die Hände zu küssen – eine Unverfrorenheit, Herr Tuchhändler, die ich Euch indessen vergebe –, da tatet Ihr es mit einer Grazie, die ich nie bei Euresgleichen sah. Ihr müßt in der hohen Gesellschaft viel herumgekommen sein, um ihre Manieren so gut nachzuäffen.«
    »Ha! Frau Herzogin«, sagte ich, »›nachäffen‹ ist kein nettes Wort. Kann ich, von aufrichtigem Gefühl beseelt, nicht trotz vernachlässigter Erziehung fähig zu einer Grazie sein, wie sie dem Mann naturgegeben ist?«
    »Von aufrichtigem Gefühl beseelt!« rief Madame de Nemours, lachend wie ein Nönnchen, »wahrhaftig, Meister Tuchhändler, Ihr drechselt Worte wie ein kleiner Höfling!«
    Und betroffen, nicht von ihrem freundlichen Scherz, sondern weil ich aus meiner Rolle gefallen war, senkte ich den Kopf.
    »Frau Herzogin«, sagte ich, »beliebt, mich zu beurlauben. Ich habe Eure wunderbare Geduld nur zu lange beansprucht.«
    »Jedoch?« fragte sie amüsiert, da sie mich zögern sah.
    »Jedoch mögt Ihr wissen, Frau Herzogin, daß Ihr in allem über mich verfügen könnt, was Euch nottut, und daß ich Euch von Herzen dienen werde.«
    »Ist das«, fragte sie lächelnd, »ein Befehl des Königs von Navarra?«
    »Nein, Madame.«
    »Gilt das auch für meine Tochter Montpensier?«
    »Nein, Madame.«
    »Was für ein freimütiges ›Nein‹!« sagte sie lachend. »Frei mütig wie Euer Blick, Monsieur! Wem auch immer Ihr dient«, fuhr sie mit einem kleinen Blitzen in den blauen Augen fort, das mir nicht entging, »Ihr dient ihm treulich. Vielleicht mache ich einmal Gebrauch von Eurem Angebot. Bis dahin besucht mich jede Woche, doch wird meine Tür Euch auch sonst nicht verschlossen sein.«
    Am Abend dieses schrecklichen Tages, an dem ich, ein Adliger, beinahe von einem Galgenstrick gehängt worden wäre, erzählte ich Miroul die Geschichte, und zuerst war er völlig aufgebracht.
    »Moussu!« sagte er, »niemals mehr werde ich Euch aus den |296| Augen lassen! Ab jetzt nehmt Ihr Pissebœuf zum Kutscher, und, bei Sankt Antons Bauch! ich weiche Euch keinen Schritt mehr von der Seite, wohin Ihr auch geht, und sei es ins Bett einer Hure!«
    Worauf ich, um ihn von seinem Zorn abzulenken, meine Begegnung mit Frau von Nemours erzählte.
    »Noch so eine Verrücktheit!« rief er und streckte die Hände gen Himmel. »Da verfangt Ihr Euch im Netz einer Herzogin, und einer Herzogin vom Lothringer Clan!« fuhr er fort, »die überdies zwanzig Jahre älter ist als Ihr! Was für eine Torheit, Moussu! Und wie unvorsichtig, Euch von der Dame derart durchschauen zu lassen! Sie hat Euch doch quasi auf den Kopf zugesagt, daß Ihr Navarra dient!«
    »I wo, Miroul«, sagte ich. »Frauen haben mir nie im Leben geschadet.«
    »Nur die Vasselière!«
    »Das war keine Frau, mußt du zugeben. Und ich habe sie nie geliebt.«
    »Moussu«, sagte Miroul, indem er mich aus großen Augen ansah, »soll das etwa heißen, Ihr liebt die Herzogin von Nemours?«
    »Ich weiß nicht, Miroul«, sagte ich gedehnt, »es ist ein ganz seltsames Gefühl. Es hat wirklich nichts mit Begehren zu tun, ich bin nur vernarrt in ihre unendliche Anmut, ich möchte ihr immerfort die Hände küssen und daß ihre Augen mich lächelnd liebkosen.«
    »Es ist bloß so, Moussu«, sagte Miroul mit etwas dreistem Blitzen im blauen Auge, »daß Madame de Nemours weder Eure gute Amme Barberine ist noch Eure selige Mutter – so wenig Ihr diese auch kanntet. Und sollte sie Euch ihrerseits lieben, dann will sie alles, wie seinerzeit Madame de Joyeuse.«
    »Unsinn, Miroul! Sie ist eine höchst christliche Prinzessin, und im Gegensatz zu ihrer Tochter ein Ausbund aller Tugenden.«
    »Ach, Moussu, an irgendeinem Ende kriegen die Frauen uns immer, wenn nicht an diesem, dann an einem anderen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Daß sie Euch für ihre Zwecke ausnützen wird.«
    »Und warum nicht?« versetzte ich, »wenn sie die meines Königs nicht durchkreuzen?«
    |297| »Abwarten!« sagte Miroul, nur um mich zu schrauben, weil er seinen Ärger noch nicht verdaut hatte, daß ich am Palais ohne ihn in Lebensgefahr geraten war.
    Getreu seinem Vorsatz, mir auf Schritt und Tritt zu folgen, und sei es ins Bett einer Hure, begleitete er mich am nächsten Tag zu Pierre de L’Etoile in die Rue de la Ferronnerie, wo Lisette, als sie unsere beiden Köpfe durchs Guckfenster sah, uns sofort öffnete.
    »Sieh da, der Herr!« sagte sie

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