Paris ist eine Messe wert
derweise an die Wand gedrängt, zurückwich. Aber genau das tat er.
»Sire«, sagte er, »wir sind von der Pariser Notabelnversammlung nicht zu einer solchen Übereinkunft mit Euch ermächtigt. Und sicherlich ist besagte Versammlung dazu auch nicht bereit, |289| bevor sie nicht die Meinung des Herrn von Mayenne eingeholt hat.«
Worauf Henri sich mit hochgezogenen Brauen zu seinen Räten umwandte, und Marschall von Biron auf okzitanisch sagte: »Sire, sie taktieren und wollen uns hinhalten.«
»Klar«, sagte der König leise.
Doch mit heiterem Blick wandte er sich wieder an die Prälaten.
»Gut, meine Herren«, erklärte er in verbindlichem Ton, »tut, was Ihr für richtig haltet. Ich lasse Euch in aller Würde und Hochachtung bis an die Pariser Stadtmauern zurückgeleiten. Und, bitte, sagt den Parisern, daß ich ihnen den Frieden nicht verweigere, sondern ihn vielmehr anbiete mit weit ausgestreckten Armen. Und wenn sie nur meine Bedingungen akzeptieren, will ich ihnen mehr Gutes tun, als sie selbst sich bislang getan haben.«
Diese Unterhandlung hatte, wie gesagt, am 6. August im Kloster Saint-Antoine-des-Champs statt, zwischen zwölf und ein Uhr mittags. Nun, Leser, am 8. August besuchte ich in Paris die Messe zu Notre-Dame, weil Héloïse gesagt hatte, daß Boucher predigen werde. Und wahrhaftig, der Mann enttäuschte nicht. Er, dessen Wanst mit der Länge der Belagerung nicht geschrumpft und dessen Gesicht rot wie das Höllenfeuer war, gebärdete sich wilder denn je, spie tausendfache Beschimpfungen gegen den Béarnaiser, wünschte neuerdings voll glühender Inbrunst einen »zweiten verehrten Jacques Clément« herbei, diesen zu erschlagen, und posaunte zudem, daß er, Boucher, Pfarrer von Notre-Dame, aus zuverlässiger Quelle wisse (vermutlich war diese Quelle dem Mund der Montpensier entsprungen), daß der Herr Kardinal von Gondi und Monseigneur d’Epinac, die mit dem stinkenden Bock von Navarra in einem Vorort zusammengetroffen seien, ihn kaum erwacht von der Unzucht vorgefunden hätten, in welcher er sich mit Nonnen gesielt, die er dem Göttlichen Bräutigam geraubt habe (hier brüllte Boucher und bekreuzigte sich). Und sie hätten ihm eine gute und allgemeine Befriedung vorgeschlagen, welche dieser hugenottische Hurensohn aber von vornherein abgelehnt habe, indem er bei dem heiligen Namen Gottes schwor, daß er nur zweierlei begehre: unsere Kirchen zu zerstören und allen Parisern den Hals umzudrehen.
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|290| NEUNTES KAPITEL
Am selben Tag wollte ich der Montpensier die guten Dinge vom König überbringen, weil Franz aber sagte, daß sie zu Besuch bei ihrer Mutter sei, begab ich mich zu Frau von Nemours. Sie empfing mich sehr freundlich, und nachdem meine Kutsche in ihrem Pferdestall eingestellt war, öffnete ich das Versteck und händigte die königlichen Gaben aus, wobei ich den Damen die Sorge überließ, sie untereinander aufzuteilen, und auch, ob sie Frau von Guise in die Teilung einbeziehen wollten oder nicht, Henri hatte einfach nur von »seinen teuren Kusinen, den lothringischen Prinzessinnen« gesprochen.
Die Montpensier und ihre Mutter redeten bei der Gelegenheit nicht viel miteinander, auch nicht mit mir, sie schienen über den Spender verschiedener Meinung zu sein. Da die Montpensier ihren Teil in ihrer zugezogenen Sänfte verstauen ließ, vermutete ich, daß sie den Heimweg zu Fuß zurücklegen und sich die feinen Schuhe im Straßenkot verderben müßte.
»Tuchhändler«, sagte sie von oben herab, »Navarra wird sich doch nicht mit der Hoffnung schmeicheln, daß sein Fleisch mir jetzt den Mund stopft und daß meine Priester weniger gegen ihn predigen werden.«
»Frau Herzogin«, sagte ich mit einer jener lästigen und tiefen Verbeugungen, die meine Rolle mir aufzwang, »der König von Navarra hat an diese Gaben keinerlei Bedingungen geknüpft. Ich hörte von ihm nur, daß seine teuren Kusinen unter der Belagerung nicht zu sehr leiden sollten, damit sie ihre hübschen Rundungen nicht einbüßen.«
»Ha!« sagte Madame de Nemours mit einem hellen Lachen, das ihre weißen Haare Lügen strafte. »Das sieht dem Béarnaiser ähnlich! Er kommt ganz nach seinem Vater Antoine. Ein Busen, eine rundliche Wade, und er steht in Flammen!«
»Wenigstens ist er nicht schwul«, sagte lächelnd die Montpensier, »und liebt unser zartes Geschlecht (ein Ausdruck, der mich, aus ihrem Mund und auf sie bezogen, ein wenig schief |291| dünkte). Und ich gebe zu, daß ich ihn nicht so hasse wie
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