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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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entschiedenem Ton, auch wenn der Hanf mir den Schweiß aus allen Poren trieb, »diese Dolche dienen lediglich meiner persönlichen Sicherheit in den Pariser Straßen, sie hätten mir in dem Tumult auch wenig genützt. Und ich erkläre, daß ich nichts damit zu tun habe, ich kam nur am Palais vorbei, nachdem ich Frau von Montpensier in meiner Kutsche nach Hause gefahren hatte, welches die Herzogin mir, ihrem Tuchhändler, befahl, weil ihre Sänfte nicht zur Stelle war.«
    »Ausrede! Lüge!« schrie Louchart, der jede Kröte an Häßlichkeit übertraf und aus Basiliskenaugen auf mich stierte.
    »Nein, Meister Louchart«, sagte ich. »Wenn Ihr mich zum Hôtel von Madame de Montpensier führen wolltet, würde die hohe Dame meine Worte bestätigen.«
    »Verlorene Zeit!« schrie Louchart. »Solche wie dich kennen wir, ›Politiker‹, Aufrührer, Ketzerbrut! Waffen in der Hand, wird Frieden gefordert, bitte sehr, am Galgen findest du ewigen Frieden.«
    »Mit Verlaub, Meister Louchart«, sagte da ein Mann seiner Suite, »aber der Tuchhändler spricht die Wahrheit. Ich habe ihn mit eigenen Augen vorm Hôtel Montpensier halten sehen, er öffnete den Kutschenschlag, klappte den Tritt herunter, und weil Frau von Montpensier hinkt, stützte sie sich beim Aussteigen aus besagter Kutsche mit einer Hand auf seine Schulter, worauf sie ihm lächelnd dankte, was mich verwunderte, weil der Mann ein Bürger ist und sie eine hohe Dame.«
    Damit hatte Louchart nicht gerechnet, trotzdem wollte er mich nicht freilassen, starrte er doch von Anfang an lüstern auf meine Börse. Und weil ich begriff, daß ich nicht ohne Opfer freikäme, bat ich ihn auf die Seite und bot ihm zehn Ecus.
    »Zwanzig!« sagte er, dann konnte ich zu meiner Kutsche zurückkehren, was ich eilends tat, doch nicht, ohne zu sehen, wie man die ersten der unglücklichen »Politischen« ohne viel Federlesens am Gitterzaun des Palais aufknüpfte.
    »Zu Madame de Nemours, schnell!« rief ich Miroul zu, der nichts von dem wußte, was mir begegnet war, und ließ mich in die Polster fallen.
    Madame de Nemours war sehr erstaunt, daß ich schon wieder da war, doch gütig wie stets, empfing sie mich, und ich, von dem Gesehenen und Erlebten außer mir, fiel ihr zu Füßen |294| wie ein Papist vor der Muttergottes und erkühnte mich, der hohen Herzogin die Hände zu küssen. Worauf sie mir errötend ihre Hände entzog, dann aber lachte und mir einen Klaps auf die Wange gab, der eher Liebkosung war als Strafe.
    »Was ist denn das, Herr Tuchhändler?« sagte sie. »Vergeßt Ihr, wer ich bin? Bitte, erhebt Euch und nennt mir den Grund Eurer Erregung.«
    »Ha, Madame«, sagte ich mit stockender Stimme, »ich komme soeben vom Palais, wo hochangesehene Pariser Bürger Frieden forderten. Aber die ›Sechzehn‹ und Monsieur d’Aumale schritten so brutal gegen sie ein, daß ich fürchte, sie werden alle töten, wenn man sie läßt.«
    »Höre ich recht, Herr Tuchhändler?« sagte der junge Herr von Nemours, der in diesem selben Augenblick den kleinen Salon betrat, »sie töten?«
    »Ja, Monseigneur«, sagte ich, indem ich ihn grüßte, »sie schlagen, töten, hängen, und sogar Mitglieder des Hohen Gerichts.«
    »Hoho! Das geht zu weit!« sagte Nemours, und sein Lilienteint wurde rosenfarben, seine blauen Augen schwarz vor Zorn. »Frau Mutter, ich bitte ergebenst, mich zu entschuldigen, wenn ich Euch sogleich wieder verlasse, doch ich muß zum Palais. Die ganze Christenheit würde mich der Barbarei zeihen, wenn ich das Pariser Hohe Gericht massakrieren ließe, auch wenn es so töricht war, einen Tumult anzuzetteln.«
    Worauf ich bei mir dachte (und L’Etoile bestätigte es am nächsten Tag), daß Nemours durch seine Spione über die tollkühne Unternehmung von Anfang an unterrichtet war und befohlen hatte, sie zu zerschlagen, doch ohne die Grausamkeit, mit der vorgegangen wurde.
    »Herr Tuchhändler«, sagte die Herzogin, »Ihr seid so blaß und zittert, bitte, setzt Euch hier auf den Schemel. Wart Ihr auch persönlich in Gefahr?«
    Und so erzählte ich meine Geschichte, die sie mit großen Augen anhörte, ebenso bewegt davon wie über die Anbetung verwundert, die sie in den meinen las.
    »Man muß schon sagen«, meinte sie dann nachdenklich, »daß Ihr eine sonderbare Art von Tuchhändler seid. Ihr verlaßt die Stadt und kehrt zurück, ohne Schießereien zu fürchten. Geldverdienst scheint Euch nicht das Wichtigste zu sein. Ihr tragt |295| Dolche am Rücken wie ein Spadaccino und gebietet

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