Paris ist eine Messe wert
Schubiaks wie Hemd und Arsch. Zum Ende der Tafel soll er auf ihre Gesundheit mit den Worten getrunken haben: ›Meine Herren, hiermit trinkt auf die ›Sechzehn‹ der Siebzehnte!‹«
»Miroul«, sagte ich, sehr nachdenklich über das Vernommene, »mir gefällt das nicht. Nemours, dem es nicht an Rückgrat fehlt, muß gehen. Der Schreckens-Boucher wird Vogt der Kaufmannschaft. Und d’Aumale verbündet sich mit den ›Sech zehn ‹. Miroul, das alles kündigt blutige Dinge an.«
»Ich glaube auch, Moussu. Und das Schlimme ist, daß wir Monsieur de Vic nicht einmal warnen können, weil wir nicht mehr eingelassen werden nach Saint-Denis.«
Diese Schwierigkeit machte mir zu schaffen, und ich grübelte darüber den ganzen restlichen Tag und die Nacht.
»Miroul«, sagte ich am nächsten Morgen, »ich weiß nur einen Weg, Monsieur de Vic zu warnen: Wir müssen bei denjenigen sein, die über die Mauern von Saint-Denis klettern, um d’Aumale das Tor zu öffnen. Und statt dessen wecken wir Monsieur de Vic.«
»Gut gedacht, Moussu, aber wie sollen wir zu denen kommen?«
»Durch Tronson.«
Besagter Tronson nämlich hatte nach unserem heldischen Friedhofsabenteuer dermaßen den Recken und Eisenfresser gespielt, daß sein »Quartieroberst« ihn zum »Hauptmann« ernannt hatte, denn mit solchen militärischen Titeln beehrten sich die Herren Butiker, Kleinhändler und Handwerksmeister untereinander, seit ihnen die »Sechzehn« Waffen in die Hand gedrückt hatten, damit sie auf den Wachgängen ihre Runden drehten. Nicht, daß sie im Schutz der Mauern nicht zum Wachehalten getaugt hätten, doch, verstehen wir uns recht, zu mehr waren sie nicht zu gebrauchen. In offenem Feld, gegenüber kampferprobten Truppen hätten sie keine zwei Minuten standgehalten, dazu waren sie mit Stoßdegen oder Pike viel zu langsam und ungeschickt.
Ich schickte also zum »Hauptmann« Tronson einen kleinen Laufjungen, um ihn zu mir auf eine gute Flasche einzuladen.
»Hauptmann«, begann ich, als er mir mit seinem Becher gegenüber saß, »es wird Euch nicht entgangen sein, daß jetzt, nachdem der Béarnaiser sich zum Teufel geschert hat, die königliche |340| Garnison zu Saint-Denis ein unerträglicher Stachel für die Hauptstadt ist.«
»Und ob! Und ob!« sagte Tronson, ernst über seinem Becher nickend, der sich in seiner Pranke wie ein Fingerhut ausnahm.
»Und wir haben Frost.«
»Starken Frost!« pflichtete Tronson mir bei.
»So daß man auf den zugefrorenen Gräben vor Saint-Denis Leitern an die Mauern stellen und sie bei Nacht erklettern könnte, um einem, der es will, das Tor zu öffnen.«
»Das läßt sich hören«, sagte Tronson.
»Nehmen wir also an, Ihr, Meister Tronson, erfahrt vor mir, daß ein solcher Handstreich geplant ist, dann sollt Ihr wissen, daß ich bereit bin, eine der Leitern zu erklimmen – unter einer Bedingung.«
»Die wäre, Gevatter?« sagte Tronson.
»Daß Ihr mit Eurer großen Kraft unten die Leiter festhaltet und achtgebt, daß sie am Platz bleibt, bis ich wiederkomme, weil ich denselben Weg zurück zu nehmen denke.«
»Warum? Wenn das Tor von Saint-Denis offen ist, kommt Ihr doch durchs Tor«, sagte Tronson.
»Hauptmann, ob das Öffnen glückt, ist nicht heraus!«
»Gut gedacht! Aber, mal ehrlich«, setzte er stirnrunzelnd und mit großartiger Miene hinzu, »etwas gerade Ruhmvolles für einen Hauptmann Tronson ist es nicht, eine Leiter auf dem Eis festzuhalten, damit sie nicht rutscht.«
»Hauptmann«, sagte ich, die Stimme senkend, obwohl wir allein waren, »wer weiß nachher, wer von uns zweien die Leiter hielt, wenn das Ganze bei Nacht geschieht? Glaubt Ihr, ich werde mich auf Eure Kosten damit brüsten? Habe ich Euch nach unserer Heldentat auf dem Innozentenfriedhof nicht den größten Ruhm gegönnt? Und habe ich meinen Beuteanteil beansprucht?«
»Nein, nein! Trotzdem«, sagte Tronson mit schwermütigem Blick auf seinen leeren Becher, den ich sogleich aufs neue füllte, »gerade was die Beute anlangt, Gevatter – was springt denn da für mich raus, wenn ich die Leiter halte?«
»Dafür laßt mich sorgen, Hauptmann.«
»Gevatter«, meinte daraufhin Tronson, »ich will Euch nicht betrüben, aber Ihr könnt in Saint-Denis erschlagen werden. Und was habe ich dann, außer der Trauer um Euren Tod, von der Beute?«
|341| »Hauptmann«, sagte ich, »das ist klug gedacht! Was haltet Ihr von 25 Ecus, sowie ich den Fuß auf der untersten Stange habe, und abermals 25 Ecus, wenn ich den Fuß wieder aufs
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