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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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verwünsche jede Stunde Monsieur de Vic und den Krieg, weil ihr Herr von Montag seit dem Ende der Belagerung die Stadt nicht mehr betreten dürfe, was mich nachdenklich stimmte.
    »Miroul«, sagte ich, als wir in unsere Mauern zurückkehrten, |335| »triffst du den Reitknecht Rapin, der dem Chevalier d’Aumale dient, noch manchmal im Gasthof ›Zum königlichen Schwert‹?«
    »Bah, ein verrufener Name!« sagte Miroul. »Das königliche Schwert hat zwischen Montmartre und Longchamps mehr als eine Scheide, während Rapin nur eine hat, und da kostet jedes Einstecken auch noch zehn Sous.«
    »Laß die Ferkeleien. Hast du mich gehört?«
    »Wie das Lauschohr eines ligistischen Lauschers.«
    »Du sollst dich im ›Königlichen Schwert‹ wieder einmal mit Rapin treffen.«
    »Und wieder einmal einen Ecu verschenken? Ein Raffer, dieser Rapin!«
    »Es muß sein. Errätst du, warum?«
    »Aufs Viertelwort, Moussu. Nachdem der Chevalier d’Aumale weder Fuß noch Schwanz nach Saint-Denis hineinkriegt, hat er den Teufel im Leib, weil er seiner Teufelin nicht an den Leib kann. Und anstatt die Stadtmauer friedlich durch Paß und Verkleidung zu überwinden, wird er sie mit Gewalt sprengen.«
    »Jawohl, und zumal die ›Sechzehn‹ wie versessen auf eine solche Expedition drängen, Miroul: Saint-Denis ist der große Splitter in ihrer Hand!«
    »Trotzdem, Moussu, ist Saint-Denis von Mauern umschlossen, und die Mauern von Gräben voll schmutzigem schwarzem Wasser.«
    »Es friert, Miroul! Schon letztesmal sah ich Eisschollen auf dem Wasser treiben.«
    »Moussu, ich verstehe. Ich eile zum ›Königlichen Schwert‹, fühle dem kleinen Raffzahn auf den Zahn, doch ohne selber zu schwafeln oder zu schwänzeln, aus Sorge um meine Gesundheit.«
    »Was du wohl auch nicht nötig hast, wo du ein gutes Mädchen im Haus hast.«
    »Moussu, das klingt bitter. Moussu, wißt Ihr, daß Ihr mir Sorgen macht? Ihr habt Héloïse abgewiesen. Ihr habt Lisette nicht genommen, als Ihr sie nehmen konntet. Ihr liebt Madame de Nemours, aber nur bis zum Händeküssen. Und Ihr tut, als merktet Ihr nicht, daß Doña Clara Euch schöne Augen macht. Wie habt Ihr Euch verändert!«
    »Doña Clara ist adlig. Sie will keinen Tuchhändler.«
    »Moussu, ohne Versuch kein Beweis.«
    |336| »Höre, Miroul, der Beweis meiner Hypothese steckt in Rapins Nase. Geh und zieh ihm die Würmer heraus.«
    »Moussu, daß Ihr so pariert!«
    »Miroul, hör auf, mit deinem Witz zu paradieren. Spute dich, liebster Miroul, zeig mir die Hacken!«
     
    Schöne Leserin, das Gute an meinem reizenden Sekretär war, daß er zwar die Grenze ab und zu einmal überschritt, doch überschritt er sie nur einmal. Und es genügte, seine Schneckenhörner anzutippen, so zog er sie auch schon ein. Sollte er freilich bei Ihnen eine gewisse Neugier hinsichtlich meines derzeit einsamen Lebens geweckt haben, das zu anderer Zeit doch alles andere als einsam war, will ich Ihrem liebreichen Ohr gern anvertrauen, was ich dem seinen nicht geflüstert habe, und Ihnen verraten, welche Gefühle mich zu Beginn jenes Jahres 1591 bewegten, in dem ich mein vierzigstes Jahr erreichen sollte.
    Ich weiß, dieses Alter schreckt Männer wie Frauen, denn verzichten erstere jenseits davon nahezu darauf, zu lieben, so die zweiten meistenteils, zu gefallen. Diese Befürchtung hegte ich nicht. Mein Körper war, Gott sei Dank, noch genauso kräftig, meine Auffassungsgabe genauso lebhaft, und ich glaube, meine Seele hatte nicht eine Spur, nicht ein Gran, nicht ein Tüpfelchen seiner Empfindungsfähigkeit eingebüßt. Und ich hätte mich für einen Schlappschwanz halten müssen, hätte ich der Liebe entsagt, ehe sie mir Valet sagte.
    Jedoch bewegten mich seit der Rückkehr von Chêne Rogneux erneute Zweifel, was Angelina betraf: Wohl erhielt ich im Dezember einen Brief, der mir mitteilte, daß sie schwanger sei und für Mai 1591 wieder ein Kindchen erwarte, eine Nachricht, die meine Zweifel endgültig hinweggefegt und mich mit Freude erfüllt hätten, doch war der Brief nicht von ihrer Hand. Nein, das war er nicht, entgegen ihrem feierlichen Versprechen bei unserem Abschied, sondern er war von Florines Hand geschrieben, und ohne daß ein einziger Satz erklärt hätte, warum. So brachte mir ihre Schwangerschaft denn einen Beweis ihrer Identität, der durch den Brief, der mir diese vermeldete, gleich wieder dementiert wurde.
    Finden Sie nicht, schöne Leserin, deren Herz ich so gerne für mich zu interessieren wünsche, daß es

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