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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Küssen und endlosem Geplapper über das Gütchen La Surie, welches mein Nachbar, der Vitzdom, mit einer Backe verkaufen, mit der anderen aber behalten wollte, und sowie ein Käufer sich einstellte, trieb er den Preis in die Höhe, weil er eigentlich damit liebäugelte, dort seine alten Tage zu beschließen: was ihm früher zuteil wurde als gedacht, denn der Erzligist war der Nachricht, daß Navarra abgeschworen hatte, nicht gewachsen und starb vor Ergriffenheit. Seine Erben, die es eilig hatten, Geld zu sehen, um es untereinander aufzuteilen, steigerten den Preis für das schöne Besitztum (samt einem nicht üblen und obendrein möblierten Haus) auf zwanzigtausend Ecus.
    Ich hatte zunächst viel zuviel mit meiner Familie zu tun, um meine Gedanken sogleich auf Florines Erzählung auszurichten, doch nach dem Abendessen mit meinem Vater, Samson, Quéribus, Fogacer und Miroul in meiner Bibliothek, griff ich das Thema auf und sagte zu Miroul, da er jetzt wie ich über die Vierzig sei, sei es für ihn an der Zeit, das Gut zu kaufen, auf daß es ihm sowohl Ertrag als auch einen Namen einbringe, ohne doch aufzugeben, was uns beide verband. Ich kenne die Böden von La Surie, sagte ich, sie seien zu Zeiten des Vitzdoms gut gewesen, könnten durch sein klügeres Wirtschaften aber noch besser werden; er möge getrost über meine Leute, Pflüge, Pferde und meinen Verwalter verfügen. Auch wolle ich ihm gern zehntausend Livres vorschießen, um ihn zu dem Kauf zu ermutigen, er könne sie mir zinslos im Lauf der Jahre zurückzahlen.
    Meinem Miroul wurde sehr beklommen zumute, als ich seine Angelegenheit in so hoher Runde besprach, er blieb stumm, und so lange stumm, daß mein Vater den Sinn seines Schweigens mißdeutete.
    »Miroul«, sagte er ernst, »wie viele Male habe ich dem Himmel für jenen Tag gedankt, der dich in mein Haus Mespech führte. So zornig ich im ersten Moment auch war (und Miroul lief rot an bei dieser Erinnerung, denn damals war er |396| ein armer, ausgehungerter Stromer gewesen, verwaist obendrein, der unsere Mauern erklettert hatte, um einen Schinken zu stehlen), erwies es sich aber«, fuhr mein Vater fort, »als eine der Segnungen, die der Herr in seinem unerforschlichen Ratschluß uns manchmal schickt. Denn mein Sohn Pierre verdankt dir seit fünfundzwanzig Jahren ebensoviel weisen Rat wie unschätzbare Dienste.«
    »Und vor allem das Leben!« rief ich. »Und nicht ein Mal, nein, zehn-, zwanzigmal! Ja, öfter noch, als ich aufzählen kann!«
    »Darum, Miroul«, fuhr mein Vater fort, »würde auch ich dir, zum Beweis meiner Dankbarkeit, für den Kauf von La Surie etwas vorstrecken: nämlich fünftausend Ecus.«
    »Und ich zweitausend«, sagte Samson.
    »Und ich zweitausend«, sagte Quéribus.
    »Und ich«, sagte Fogacer, »tausend. Zwar«, setzte er mit seinem gewundenen Lächeln hinzu, »besitze ich derzeit keinen roten Heller, aber das Gute am Dienst für eine violette Robe ist, daß ich jetzt quasi zur Kirche gehöre und also kreditwürdig bin.«
    Worauf mein Vater hellauf lachte und wir alle in dieses Lachen einstimmten.
    »Ha! Meine Herren«, sagte Miroul mit zuerst etwas zitteriger Stimme, die sich jedoch nach und nach festigte, »wieviel Dank ich Euch schulde! Und zuallererst dem Herrn Baron von Mespech, ohne dessen Güte ich damals, ein Stückchen Schinken in den Zähnen, am Galgen geendet hätte. Sodann dem Baron von Siorac, dem ich, wann immer ich ihm das Leben rettete, doch nur vergalt, was er mir all die Jahre gegeben hat: Brot, Dach, Kleider, Reisen und das fröhliche Wissen, das er auf mich übertrug:
Gratum hominem semper beneficium delectat
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Also nehme ich von Herzen gern die fünfzehntausend Ecus, welche der eine und der andere mir leihen will, um die Kaufsumme zusammenzubringen für die Herrschaft La Surie (und bei diesen letzten Worten rundete sich sein Mund, als schmecke er die köstlichste Frucht). Aber der Herr von Quéribus, Herr Samson de Siorac und der ehrwürdige Doktor Fogacer mögen es mir nicht verdenken, daß ich ihr großmütiges Anerbieten nicht nützen möchte. Ich bin nämlich«, fuhr er mit |397| einer gewissen Feierlichkeit fort, »nicht ganz unvermögend, weil mein Herr mir einmal eine Beute zu alleinigem Gebrauch überließ, die er ohne weiteres, da ich ihm diente, für sich hätte beanspruchen können. So seht Ihr denn: Es steht gut für mein Gut.«
    Alle lächelten wir über das kleine Wortspiel, nicht weil es außergewöhnlich gewesen wäre, sondern weil wir so

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