Paris ist eine Messe wert
etwas von Miroul erwarten durften. Und weil wir sahen, wie vergnügt es ihn machte, seine Rede mit diesem kleinen Schlenker beschlossen zu haben.
»Mein Sohn«, sagte der Baron von Mespech, als ich ihn zu seinem Zimmer geleitete, »außer Eurem Vater, und vielleicht einigen Damen, liebt Euch niemand wie Miroul und vermag Euch als Euer täglicher Gefährte soviel Gutes zu tun. Deshalb habt Ihr sehr recht, daß Ihr ihm helft, sich auf eigene Füße zu stellen, und vor allem, daß Ihr den König gebeten habt, ihn zu adeln.«
»Was? Hat der König Euch das gesagt?«
»Mit großem Lob für Euch und wie gut er es fand, daß Ihr nichts für Euch verlangtet, nicht Gelder, nicht Titel – wo er doch von Bittstellern mehr geplagt wird als ein Hund von Flöhen –, sondern daß Ihr für Miroul gesprochen habt.«
Sehr zufrieden mit meinem Vater, mit Miroul und mir betrat ich wenig später mein Zimmer, wo ich einen Brief auf meinem Kopfkissen fand.
Mein Herr Gemahl,
mag es auch ungehörig sein, wenn ich mich beklage, und bei einer Frau eine Sünde, erlaube ich mir gleichwohl, diesem Papier anzuvertrauen, wie es mich grämt, daß unser beider Schlaf auch nach Eurer Heimkehr getrennt bleibt, denn Ihr begnügt Euch mit harter Lagerstatt, wo Ihr es in meinem Bett soviel bequemer haben könntet. Soweit ich weiß, bin ich weder so alt und hinfällig noch so unausstehlich, daß Ihr mir den Schimpf antun müßt, mich zu meiden, wenn Ihr unterm selben Dach schlaft wie ich. Also vermute ich, daß Eure Zweifel an mir in Eurem Kopf nicht völlig ausgeräumt sind, was mich allerdings höchlich verwundert, denn ich habe Euch im Mai 1591 einen Sohn geboren, ein glänzender Beweis, daß ich nicht mit Unfruchtbarkeit geschlagen bin wie der Feigenbaum in der Bibel |398| oder wie die Person, mit welcher Ihr mich allzu lange verwechselt habt. Ich bitte Euch also, verachtet die Anstrengungen nicht, die ich hiermit mache, Eure Zweifel zu tilgen, dieser Brief hat meinen Stolz viel gekostet. Ich versichere Euch, mein Herr Gemahl, daß ich, was immer Ihr auch beschließen mögt, für alle Zeit Eure sehr ergebene und sehr gehorsame Dienerin bin.
Angelina
Hätte ich diesen Brief 1590 bekommen, als Angelina mir durch Florines Feder mitteilen ließ, daß sie schwanger sei, wäre ich der glücklichste Mann der Welt gewesen. Aber daß sie mir diesen Beweis solange vorenthalten und sich statt dessen all die vergangenen drei Jahre in ein Schweigen gehüllt hatte, das nur durch kleine Mitteilungen von Florines Hand gebrochen wurde, das machte mich fassungslos. War es nicht, als hätte sie mich aus einer bizarren Art von Stolz unbarmherzig für meine Zweifel strafen wollen, obwohl diese doch erst aus ihrem sonderbaren Betragen nach Larissas Tod entstanden waren?
Ich setzte mich aufs Bett und sann den Qualen und Zweifeln jener Jahre nach, tieftraurig, denn ich sah, daß Angelina sie mir hätte ersparen können, so wie sich selbst die Auswirkungen meiner Leiden. Ich faßte es nicht und empfand es zugleich mit unendlichem Schmerz, daß das Wesen, das ich am meisten liebte, mir so viele bittere Wunden zugefügt wie selbst durch mich empfangen hatte, und all das ganz unnütz: Papier und Feder hätten genügt. Und als ich mich fragte, wie ich mich jetzt verhalten solle, ihr Vorwürfe machen oder nicht machen, es riskieren oder nicht riskieren, ihren schwierigen Stolz herauszufordern und unsere Narben wieder aufzureißen, fand ich, daß es das beste wäre, zu ihr zu gehen und sie in die Arme zu nehmen, doch ohne jedes Wort, denn wer wußte, ob Worte, welche auch immer, unser heikles Einvernehmen nicht gleich wieder verderben würden. Was ich endlich denn tat. Ob dies Weisheit war, oder vielmehr Müdigkeit und Feigheit – ich wußte es an jenem Tag nicht zu entscheiden.
Obgleich die Summe, die von den Erben des Vitzdoms für La Surie gefordert wurde, nicht auf einen Schlag beizubringen und zu begleichen war, konnte Miroul den Kaufvertrag doch in der darauffolgenden Woche schließen, indem ich garantierte, |399| daß der Rest binnen drei Monaten folgen werde. Und die Erben in ihrer Hast, Unbekümmertheit oder ihrer Unkenntnis der Landwirtschaft überließen Miroul auch das Getreide, das nach dem derzeitigen Pariser Preis für den Sester Weizen allein schon die halbe Schuldsumme ausmachte, wir mußten ihn nur ernten. Das allerdings stellte sowohl meine Leute wie die meines Vaters als auch die von Quéribus auf den Kriegsfuß, denn in diesen schlimmen
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