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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Führung seines Vermögens und in die Auffassung seines Standes bewährt sich sein kritischer und reformerischer Geist. Ist er reich an Geld, beweist er sich als der geschickteste Verwalter seines Vermögens. Besitzt er Land, als tüchtigster Landwirt. Betreibt er Handel, als wagemutigster Kaufmann. Und ist er König, als um die Prosperität seines Reichs und das Wohl seines Volkes besorgtester Herrscher. Mehr noch, wenn er wie unser Henri bestrebt ist, aus den blutigen Furchen der Geschichte auszuscheren, hegt er das großartige Projekt, eine Konföderation der christlichen Staaten Europas zu schaffen und mithin einen dauerhaften Frieden.«
    Nie hätte ich gedacht, daß der Baron von Mespech zu so begeisterter Rhetorik imstande wäre, und wenn sein Porträt der Hugenotten als auserwähltes Volk mich auch bedenklich hochgetrieben anmutete, gestand ich ihm doch eine gewisse Berechtigung zu und war ebenso belustigt wie gerührt.
    »Aber, Herr Vater«, sagte ich, »wenn der König künftig die Messe hört, wird er damit doch nicht aufhören, in Herz und Geist der Hugenotte zu sein, den Ihr kennt.«
    »Gewiß. Wenn er aber einmal einen Sohn bekommt, mein Pierre, dann wird dieser Sohn von papistischen Geistlichen erzogen werden, und sie werden ihn in einer Weise beeinflussen, daß große Gefahr besteht, daß der Erbe nach Henri Quatres Tod sein Werk zerstört.«
    »Seid Ihr jetzt gegen die Bekehrung des Königs, Herr Vater?«
    »Ho! Nein, nein«, sagte mein Vater, die Hände hebend, »die große Mehrheit des Volkes wird Henris Legitimität erst anerkennen, wenn er gesalbter König von Frankreich ist, und wie kann er das sein, wenn er nicht Katholik wird? Abschwören muß er, das ist unabdingbar, trotzdem bedeutet diese Notwendigkeit für die Zukunft große Gefahr. Euer Glutofen hat recht, Pierre, ›es ist gefährlich, Böses zu tun, um Gutes zu tun‹.«
    »Das hat nicht Mylady Markby gesagt, mein Vater, sondern Königin Elisabeth.«
    »Beim Ochsenhorn! Die alte Löwin sieht klar!«
     
    Die Worte Königin Elisabeths waren mir im Geist sehr gegenwärtig, als ich am 25. Juli, in Schwarz wie Rosnys Sekretäre, |390| Monsieur de Rosny folgte, der, dicht gedrängt zwischen Prinzen, hohen Herren, Offizieren der Krone und ihren Edelleuten, rings von Garden und Schweizern flankiert, dem König das Geleit gab. Vornweg trommelten die Trommler und schmetterten zwölf Fanfaren, und das Volk strömte in Massen herbei. Es war noch nicht neun Uhr morgens, trotzdem war es schon sehr heiß in Saint-Denis, und ich weiß nicht, wer mit theatralischem Sinn nicht allein weitere Garden längs der Straßen aufgereiht, sondern auch das Pflaster mit duftenden Blumen bestreut und eine Menge Menschen an die Fenster gelockt hatte, die gleichfalls Blumen schwenkten, und Blumen schwenkende Menschen sah man bis zu den Dächern hinauf. Die Schlauesten indes hatten es verstanden, sich trotz der abwehrenden Garden und um den Preis einiger Püffe und Stöße in die Abteikirche von Saint-Denis einzuschleichen, wo das schönste Schauspiel bevorstand.
    Als der König davor innehielt, gebrauchte Rosny unerschrocken seine Ellbogen, und ich drängte ihm nach wie sein Schatten, so daß wir einige Klafter vor Seiner Majestät anlangten, der sich von den ihn umgebenden Würdenträgern löste und allein und langsam auf das Portal zuschritt.
    Ich konnte ihn jetzt gut sehen, und obwohl er die gleiche muntere und fröhliche Miene zeigte wie stets, schien mir doch, daß es eine Maske war und daß sich eine Spur von Blässe in seinen Zügen ahnen ließ. Wie zu seiner Hochzeit mit Margot, 1572, der ich vor einundzwanzig Jahren beigewohnt hatte, war der König mit Sorgfalt gekleidet: Er trug ein goldgeziertes weißes Seidenwams, Hosen, Strümpfe und Schuhe von derselben Farbe, nicht jedoch Mantel, Hut und Federbusch, denn die waren schwarz. Ich weiß nicht, ob der König den Kontrast zwischen strahlendem Weiß und klagendem Schwarz beabsichtigt hatte und ob er für ihn die widerstreitenden Gefühle symbolisierte, die ihn in diesem Augenblick bewegten. Aber, was mich angeht, so war ich vor allem vom Schwarz dieses Federbuschs frappiert, denn nie vorher und nie nachher sah ich den König, dessen einzige Koketterie seinem Hutschmuck galt, solche Federn tragen. Seine Majestät wechselte sie oft, bald waren sie weiß, bald mehrfarbig, bald von der Farbe der Dame, die er liebte, doch niemals sonst hatten sie diese Trauerfarbe.
    Zu seiner Hochzeit mit Margot hatte der König

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