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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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die Kirche Notre-Dame zu Paris nicht betreten, weil er Hugenotte war, |391| und so wurde die Zeremonie auf einem Gerüst vor der Kathedrale inmitten Tausender Bürger abgehalten, die wie Kettenhunde knurrten angesichts dieser »schändlichen Verkuppelung« einer katholischen Prinzessin mit einem Teufelsbraten. An diesem Sonntag indes, den ich hier schildere, trat der König durch das weit geöffnete Portal in die Abteikirche ein, nicht weiter allerdings als einen Klafter, denn nun traf er auf Monseigneur den Erzbischof von Bourges, Primas von Gallien, umgeben von einer Schar Prälaten, der, als verwehre er ihm den Eintritt, majestätisch auf weißem Damastsessel thronte, auf dem Haupt die Mitra und den Krummstab in der Hand. Der König zog mit großer Gebärde seinen Hut, der schwarze Federbusch fegte den Boden, und stehend erwartete er, daß der Erzbischof sich ihm zuneige, und für mein Gefühl mußte es für diesen ein Moment des Hochgenusses sein, den König die unerhörte Macht der Kirche Frankreichs spüren zu lassen.
    Das Schweigen mochte eine gute Minute dauern, ohne daß der König das leiseste Zeichen von Ungeduld gab und ohne daß der Erzbischof den Mund aufmachte. Endlich hob er an, mit voller und starker Stimme, die unterm Gewölbe der Abteikirche widerhallte und bis auf den Vorplatz draußen zu hören war.
    »Mein Sohn«, fragte er, »wer seid Ihr?«
    »Ich bin der König«, sagte Henri.
    »Was begehrt Ihr?« fragte der Erzbischof, ohne ihn jedoch mit »Sire« anzusprechen, vielleicht um deutlich zu machen, daß er dies für die Kirche erst sein würde, nachdem er abgeschworen hatte.
    »Ich begehre«, sagte Henri, »aufgenommen zu werden in den Schoß der katholischen, apostolischen, römischen Kirche.«
    »Wollt Ihr es aufrichtig?« fragte der Erzbischof, undurchdringlichen Gesichts.
    »Ja, ich will und begehre es«, sagte der König.
    Nun löste sich aus der Gruppe der stehenden Prälaten Monseigneur Du Perron, schritt vor und legte ein karmesinrotes Seidenpolster vor den Stuhl des Erzbischofs, und auf dessen Zeichen kniete Seine Majestät darauf nieder. Es erinnerte mich daran, wie Rosny und ich vor dem königlichen Bett gekniet hatten, was mich natürlicher dünkte als dieses Knien eines Königs vor einem seiner Untertanen, und war er auch ein Kirchenfürst.
    |392| »Mein Sohn«, sagte Monseigneur de Bourges, »legt Euer Glaubensbekenntnis ab.«
    »Ich bekenne und gelobe«, sagte der König mit starker und fester Stimme, »vor dem Antlitz Gottes des Allmächtigen, in der katholischen, apostolischen, römischen Religion zu leben und zu sterben, sie gegen jedermann zu schirmen und zu schützen, sie zu verteidigen unter Gefahr meines Blutes und alle Ketzereien gegen besagte Kirche zu verwerfen.«
    Nachdem dieser Kelch geleert war, zog der König ein gefaltetes Papier aus seinem Wams, und ich wette, daß dies der gesamte Text war, mit welchem der König abschwor und aus dem Fogacer uns Stichproben gegeben hatte. Ohne aufzustehen oder die Mitra abzunehmen, beugte sich der Erzbischof vor und nahm besagtes Papier entgegen, warf einen Blick darauf, steckte es in sein Gewand und ergriff einen Weihwedel, den ein Geistlicher ihm reichte, womit er den König besprengte. Hierauf hielt er ihm das Kreuz hin zum Kuß – das erste Götzenbild, das der Reuige zu küssen hatte –, dann endlich erhob er sich und erteilte ihm Absolution und Segen.
    Doch hatte unser armer Henri damit das Ende der Prüfungen bei weitem nicht erreicht. Sowie der Erzbischof ihn absolviert hatte, hoben die Prälaten ihn auf und führten ihn nicht ohne Mühen und Hindernisse durch die dicht gedrängte Volksmenge in den Chor, wo der König seinen Schwur wiederholte, und das inmitten einer Stille, die um so erstaunlicher war, als die Kirche bis unters Gewölbe von Gläubigen überquoll, sogar auf die Beichtstühle waren sie geklettert, um der Szene mit offenem Maul zuzuschauen.
    Das zweite Bekenntnis war abgelegt, nun ging es, immer mit Garden vornweg, von Mönchen und Geistlichen der Abtei umringt, hinter den Hochaltar, wo der Erzbischof den König niederknien hieß, seine Beichte anhörte und ihm Absolution für seine Sünden erteilte, worauf er ihn wieder in den Chor führte und unter einem Baldachin aus lilienbesätem, karmesinrotem Samt Platz nehmen ließ. Wieder mußte der König knien, diesmal aber in einem Betstuhl. Und so hörte er die Messe und empfing die Kommunion.
    Zum Mittagessen im Refektorium der Abtei befahl der König, das

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