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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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zu erzählen, »ich will Euch nicht länger aufhalten. Erlaubt, daß ich gehe.«
    »Gern«, sagte ich.
    Worauf ich ihn zur Tür geleitete, sie öffnete und zur Seite trat, um ihn mit ernsthaftem Gruß zu entlassen.
    »Guten Abend, Monsieur de La Surie.«
     
    Mit meinen Leuten, denen meines Vaters und denen von Quéribus brachte ich eine so starke Eskorte für meine Getreidekarren zusammen, daß uns auf dem Weg nach Paris kaum Gefahr von umherstreunenden Banden drohte. Und zur Sicherheit meiner Fracht ließ ich diese in Saint-Denis im Pferdestall von Mylady Markby, weil ich zunächst erkunden mußte, ob ich sie heil durch die Porte Saint-Denis brächte, denn verbot der Waffenstillstand auch Kriegshandlungen, so doch nicht Räubereien. Darum eilte ich mich, kaum in Paris, den »Hauptmann« Tronson aufzusuchen und ihm zu sagen, daß ich Korn zu verkaufen hätte, es aber nur nach und nach, Schubkarre um Schubkarre, holen würde, und nur an Tagen, wenn er am Tor Wache hielte.
    »Und wo ist mein Profit?« fragte Tronson mit verengten Augen.
    »Ein Sack Weizen pro Karren.«
    »Säcke gibt es solche und solche, Gevatter. Sagen wir einen Sester.«
    »Gut, einen Sester.«
    |402| »Topp! Aber damit nicht genug«, sagte Tronson. »Ihr verkauft nur an die Personen, die ich Euch bezeichne.«
    »Warum?«
    »Damit sie mir die Pranke schmieren, Korn ist rar.«
    »Hauptmann«, sagte ich lachend, »Ihr wollt von allen Seiten nehmen! Aber ich habe Freunde, denen ich ohne Euren Abschlag verkaufen will.«
    »Wie viele?«
    »Drei.«
    »So viele!« sagte Tronson und wiegte traurig den Kopf überm schweren Wanst. »Da mach ich Verlust.«
    »Und wenn ich ein anderes Stadttor wähle und mit einem anderen Hauptmann abschließe?«
    »Kommt nicht in Frage. Das Geschäft bleibt bei mir. Eure Freunde sind genehmigt.«
    »Topp denn, Hauptmann!«
    »Darauf trinken wir. Holla, Guillaume! Bring eine gute Flasche! Gevatter, ich wette, wenn ich zehn Minuten mit Euch schwatze, bringt mir das mehr als zehn Särge ein.«
    Um bei diesen Geschäften nicht in meinem Tuchhändlerkleid in Erscheinung zu treten, überließ ich die Ausführung meinem Verwalter und beschränkte mich darauf, meine kleine Feuerfliege Alizon, Pierre de L’Etoile und Madame de Nemours mit Weizen zu versorgen, alle drei
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, obwohl dies nur Alizons Lage erforderte, denn im Lauf der Belagerung und infolge der allgemeinen Verarmung war ihr Handel mit Hauben, Miedern, Polstern, Krausen und anderem Putz zum Erliegen gekommen, nichts wurde mehr hergestellt, nichts mehr verkauft und gekauft.
    Mein armer Pierre de L’Etoile schien zu leiden, seit mit dem Waffenstillstand seine Gemahlin heimgekehrt und die arme Lisette auf der Stelle aus dem Haus gejagt worden war. Er kam mir sehr gealtert vor und führte nichts wie moralische Sentenzen über verderbte Zeiten und Sitten im Mund. Doch dann nahm er mich beiseite und bat, ich möge Lisette doch in meinen Dienst nehmen, weil sie, sagte er, sich doch gar zu gern von schönen Worten betören ließe und einem Tunichtgut in die Hände fallen könnte, der sie ins käufliche Elend zwingen würde. Was in seinen Augen nicht viel besser sei, als von Landsknechten gebraten zu werden.
    |403| So nahm ich denn auch Lisette ins Haus in der Rue der Filles-Dieu, was Héloïse erfreute, weil sie nun jemand hatte, um bei der Arbeit zu schwatzen und sich diese zu teilen, nicht aber Doña Clara, die mich verdächtigte, ich wolle mir die Kleine einverleiben. Und, offen gestanden, Leser, die Schelmin bewahrte mir so große Dankbarkeit, sie vorm Bratenspieß gerettet zu haben, und war dabei so hübsch anzuschauen, daß ich meinem Appetit auf sie vielleicht nachgegeben hätte, wäre ich nicht davor zurückgeschreckt, mein Leben noch schwieriger zu machen, als es schon war.
    Zehn Sack Weizen ließ ich meinen Verwalter an Madame de Nemours liefern, samt einem Schreiben, worin ich meinem immerwährenden Respekt Ausdruck gab und bat, am Nachmittag empfangen zu werden. Was sie mir in einem so steifen Billett zubilligte, daß ich vermuten mußte, sie verübele mir meine lange Abwesenheit. Und wirklich, kaum betrat ich ihren Salon, musterte sie mich kühl von oben herab, die Lippen zusammengepreßt, was mich untröstlich machte, waren sie doch geöffnet so wunderbar schön.
    Indessen fiel mir auf, daß sie zu meinem Empfang einige Toilette gemacht hatte. Der Ton ihres mattblauen Gewandes stand ihr so erlesen zu ihrem Madonnengesicht und dem fülligen weißen Haar,

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