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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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beklagt, wo sie so empfindlich ist und über alles barmt!«
    So nährte sich der Zweifel denn vom eigenen Fleisch wie Ugolino; nichts konnte die Ungewißheit beenden, nichts etwas beweisen, nicht einmal die fehlende Erhebung unter der Mouche meiner Gemahlin, denn seit die Warze weg war, verbarg sich bei der einen wie der anderen Schwester darunter nur noch blanke Haut. Und war es nicht offenbar, daß die hellblau gekleidete Frau, die Florine an jenem Morgen den Zutritt zum Zimmer der sterbenden Larissa verwehrte, ebensogut die eine wie die andere Schwester gewesen sein konnte?
    Seit dem Gespräch mit Florine sprang ich jeden Tag bei Morgengrauen militärisch straff aus meinem einsamen Bett, so verdrossen und mutlos meine Seele auch war, und schüttelte mich wie ein nasser Hund, doch ohne die schwarzen Träume loszuwerden, die in meinen Haaren hafteten, mein Denken verkleisterten und meinen Mund bitter machten.
    Ich einigte mich mit Getrude du Luc, daß sie Florine in ihre Dienste nahm, und sie tat es, ohne nach Gründen zu fragen – so einsichtig schienen ihr diese zu sein. Allerdings fragte sie Zara, ob sie damit einverstanden sei, denn deren Eifersucht hätte der neuen Hausgenossin das Leben zur Hölle gemacht, wäre ihr diese als Rivalin in Gertrudes Liebe erschienen. Doch auf die Versicherung hin, daß sie die einzige sei und bleibe, die Bett und Schlummer ihrer Herrin teilen dürfe – ein Vorrecht, das Zara übers Leben ging, wie ihr Selbstmordversuch gezeigt hatte 1 –, gab Zara, Kammerfrau hin oder her, von der Höhe ihrer königlichen Schönheit herab ihr Einverständnis zu unserem Plan, und so blieb Miroul mir als Sekretär und Hauptmann meiner Truppe erhalten.
    |140| Am selben Tag schrieb ich an meinen älteren Bruder François, den Baron von Frontenac und zukünftigen Baron von Mespech – das er in Abwesenheit meines Vaters bewirtschaftete –, und bat ihn, mir als Kammerfrau meiner Gemahlin Alazaïs zu überlassen, eine Art von hugenottischem Tugenddrachen, platt wie eine Flunder und stark wie ein Ochse, die mit meiner Mutter fertiggeworden war und auch mit Angelina fertig werden würde, wenn nicht in ihrer Narretei, so doch in ihrer Wut.
    Ich wußte, daß François, der die Jacke umgedreht und sich zum Papismus bekehrt hatte, aber nicht halbherzig wie ich, sondern mit Inbrunst und Eifer, heilfroh sein würde, die unverbesserliche Hugenottin loszuwerden, die sich strikt weigerte, zur Messe zu gehen, und Jagd auf die Madonnenbilder in seinem Hause machte.
    Eine Weile erwog ich, den ehrwürdigen Doktor Merdanson aufzusuchen, der Larissa bis zuletzt behandelt hatte und den ich gut kannte, hatten wir an der Ecole de Médecine zu Montpellier doch gemeinsam die Studienbank gedrückt. Aber konnte ich ihn, so überlegte ich, nach den Symptomen des Leidens fragen, das Larissa getötet hatte, ohne Mißtrauen und Verdacht bei ihm zu erregen und womöglich genötigt zu sein, meine Gründe aufzudecken? Und plötzlich überkam mich ein solcher Überdruß bei der Vorstellung, in diesem Morast zu wühlen, daß ich auf das Gespräch verzichtete.
    Aus demselben Grund verschwieg ich Fogacer das Verschwinden von Larissas Warze, das nach Florines Ausdruck ein Magier zuwege gebracht hatte, vermutlich ein fahrender Quacksalber in sternenbesetztem schwarzem Mantel und spitzem Zaubererhut.
    Da ich meinte, daß auch die Justiz daran scheitern müßte, jemals Licht in diese dunkle Affäre zu bringen, die ich selbst nicht zu entwirren vermochte, dünkte es mich das beste, sie in Schweigen zu begraben. Und wenn ich es in diesen Memoiren breche, so nur, um mich gegen die böswillige Anklage zu verwahren, die meine Feinde (die auch die meines Königs sind) über mich verbreitet haben, indem sie böswillig und lügnerisch behaupten, ich hätte meine Gemahlin auf meinem Gut im Stich gelassen, wo sie mit ihren Kindern fast verhungert wäre, hätten ihr gute Nachbarn nicht geholfen. An dieser Verleumdung ist soviel wahr wie an anderen jener Art, die bei Dummköpfen |141| und Toren Glauben finden. Meine Kinder sind bis heute schön und blühend, ohne daß sie die Hilfe des Vaters je entbehren mußten, und Angelina hat es nie an irgendeiner Bequemlichkeit gefehlt, noch wird es ihr daran fehlen, solange ich lebe.
    Um jedoch auf diese für mich so verdrießliche und bittere Zeit zurückzukommen, als die weißen Säulen im Haus meines Lebens schwarz geworden waren, noch soviel: Sobald Alazaïs aus dem Périgord eintraf, im wackeren, breiten

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