Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
Vom Netzwerk:
Angelinas guten Eltern nicht, noch jemals in meinem Haushalt, wo man christlich miteinander umging, und zwar von Herzen und nicht nur mit dem Mund. »Miroul«, sagte ich endlich, »hol mir Florine. Ich muß mit ihr reden.«
    Welchselbe Florine jenes blonde Mädchen war, das Miroul und ich 1572 den Mördern der Bartholomäusnacht entrissen hatten und das Angelina seit siebzehn Jahren treulich diente, bislang in Freundschaft und eher wie eine jüngere Schwester gehalten denn wie eine Bediente. Als Florine erschien, hieß ich sie niedersitzen und fragte sie, wann diese Mißhandlungen begonnen hatten.
    »Nun, das weiß ich genau!« sagte Florine, und Tränen rannen ihr übers Gesicht. »Es war am Tag nach dem Tod Eurer Frau Schwägerin, weil ich zuerst nämlich dachte, die Bosheiten kämen von dem großen Kummer, der Frau Angelina getroffen hatte, weil sie gar nicht zu ihrem guten Wesen paßten, und ich dachte immer, das wird vergehen, wenn sich ihr Schmerz erst legt. Aber dem war nicht so. Es ging immer weiter, bis jetzt, und immer schlimmer.«
    »Nun verstehe ich«, sagte ich, »daß Angelina mit mir noch kein Wort über Larissas Tod gesprochen hat: Weil meine Frau furchtbar unter dem Verlust ihrer Schwester leidet.«
    »Ha, und wie, Moussu!« sagte Florine. »Man dachte, sie wird wahnsinnig, so hat sie geschrien und geweint! Und dabei jubelte Larissa einen Monat vorher noch vor Freude!«
    »Und warum war Larissa so froh?« fragte ich, »immerhin war auch ihr Mann im Krieg!«
    »Weil ein Magier, der durch Montfort l’Amaury kam, ihr eine Salbe auf ihre Warze gestrichen hatte, von der diese völlig verschwand.«
    »Was!« sagte ich und spürte, wie ich erbleichte, und preßte meine Hände hinterm Rücken zusammen, damit sie nicht zitterten, »ganz und gar? Ohne eine Spur zu hinterlassen? Ohne Narbe sogar?«
    »Nichts, nur ein kleiner weißer Fleck blieb zurück, und der, versicherte der Magier, würde sich nach einem Monat auch verlieren.«
    |138| Ich war sprachlos über diese Neuigkeit. In meinem Kopf tobte eine solche Konfusion, und Hände und Knie bebten mir dermaßen, daß ich ans Fenster trat, um Florine meine Aufregung zu verbergen.
    »Und wieso«, fragte ich, indem ich meine Stimme zu festigen versuchte, »trägt Angelina immer noch diesen schwarzen Tupfer am Kinn?«
    »Nun, weil beide Schwestern ihn reizend fanden, eine wie die andere«, sagte Florine lächelnd, »auch als er für Larissa nicht mehr nötig war und keine Warze mehr verdeckte.«
    »Und wie kam es«, fragte ich nach einer Weile, »daß Larissa so schnell starb?«
    »Ja, das kam ganz plötzlich. Eines Morgens, als ich in ihr Zimmer wollte, fand ich Frau Angelina vor ihrer Tür, die sagte, ich solle wieder gehen, Larissa leide sehr, und sie erwarte den ehrwürdigen Doktor Merdanson.«
    »Florine«, sagte ich erregt, »woher weißt du, daß es Angelina war, die mit dir sprach?«
    »Aber, Herr Baron«, sagte Florine, »das war doch keine Frage: Weil sie ein hellblaues Kleid anhatte wie immer.«
    »Und wie kleidete sich Larissa?«
    »Hellgelb.«
    »Das ist mir neu!« sagte ich. »Soweit ich weiß, gingen beide Schwestern immer gleich gekleidet!«
    »Gewiß«, sagte Florine, »aber einen Monat vor dem Tag, von dem ich rede, beredeten sie, während ich Frau Angelina in ihrem Kabinett schminkte – Frau Larissa saß derweile zu Füßen ihrer Schwester –, daß sie sich fortan unterscheiden sollten, damit das Gesinde sie auseinanderhalten könne.«
    »Merkwürdig«, sagte ich, »ich weiß doch, daß Larissa von klein auf nichts anderes im Sinn hatte, als daß man sie mit Angelina verwechsle.«
    »Aber an besagtem Tag«, versetzte Florine, »als ich Madame schminkte, war gerade sie es, die wollte, daß man sie an ihrer Kleiderfarbe erkenne.«
    »Bist du dessen sicher, Florine?«
    »Gewiß! So sicher wie daß es morgen wieder Tag wird.«
    Es wurde tatsächlich wieder Tag, aber mein Denken drehte und wendete sich fortan wie in einem Nest voll Schlangen, eine immer bedrohlicher als die andere. Überall umlauerten mich |139| die gräßlichsten Zweifel. Ich bestand nur mehr aus Verdacht, spähte, horchte, fragte, und so verhörte ich denn auch die Magd, die Florine in Angelinas Kabinett zur Hand ging, ob meine Gemahlin noch unter der Gicht leide, und ob sie gesehen habe, daß ihr Daumen mitunter geschwollen und steif sei, so daß sie keine Feder halten könne.
    »Nein, Herr Baron.«
    »Bist du sicher?«
    »Wie sollt ich nicht? Sonst hätte Madame sich doch

Weitere Kostenlose Bücher