Paris - Stadt der Sehnsucht
mit dem Stift in der Hand eingeschlafen sein.“ Sie leckte an ihrem Finger und rieb über den Fleck, doch damit machte sie den Schaden nur noch schlimmer. Schuldbewusst sah sie Damon an. „Ich kaufe Ihnen eine neue Decke. Mir ist bewusst, dass Sie nicht viel von mir halten, aber normalerweise passiert mir so etwas nicht. Es tut mir wirklich sehr leid!“
„Verglichen mit den Katastrophen, die normalerweise passieren, wenn Sie auftauchen, würde ich sagen, dass ich diesmal Glück gehabt habe.“ Damons lange Wimpern verbargen seinen Augenausdruck. „Ziehen Sie sich an. Ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen.“
„Was habe ich denn diesmal angestellt?“
„Genau das möchte ich herausfinden.“
Polly runzelte die Stirn und überlegte fieberhaft. Ging es noch immer um die Fische auf ihrem Schreibtisch? Oder um den Stil, in dem sie ihr Büro eingerichtet hatten? „Wir müssen ein andermal reden“, erwiderte sie entschieden. „Jetzt habe ich keine Zeit, ich muss den Zug nach Paris erwischen.“
„Haben Sie heute Morgen schon in den Spiegel geschaut? Sie sehen aus, als könnten Sie sich kaum auf den Beinen halten. Sie fahren nirgendwohin, und schon gar nicht nach Paris!“
Polly errötete. Musste er auch noch Salz in ihre Wunden reiben? „Mein Aussehen liegt nur an der Uhrzeit und den Nächten ohne Schlaf und hat überhaupt nichts mit meiner Kopfverletzung zu tun!“, erklärte sie trotzig. „Seit ich erfahren habe, dass Sie mit Ihrer Übernahme mein Leben und das unserer Leute ruinieren, habe ich nicht eine Nacht in meinem Bett verbracht. Ich muss nach Paris fahren! Wir brauchen den Auftrag!“
Polly leerte ihre Tasse und stellte sie auf den Nachttisch. Als sie eine Haarsträhne aus ihrer Stirn schob, berührte sie die Beule auf der Stirn und zuckte zusammen, aber sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Damon beobachtete sie aus schmalen Augen. „Wieso ist Ihnen die Firma so wichtig?“
„Was ist denn das für eine Frage?“, gab Polly ungeduldig zurück. „Weil ich für unsere Leute verantwortlich bin, natürlich! Sie waren immer freundlich zu mir. Sie tragen keine Schuld an dem Schlamassel, in dem die Agentur jetzt steckt – und für den zum Teil mein Vater verantwortlich ist. Als ich in unserer Firma angefangen habe, hatte ich gerade die Schule verlassen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung vom Geschäft, aber alle haben mir immer geholfen.“
„Haben Sie nicht die Universität besucht?“
Für einen Augenblick dachte Polly wehmütig an die Prospekte, die sie gestern in den Schredder gesteckt hatte. Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe meinen Job in der Praxis gelernt.“ Bestimmt schaute er auf sie herab, weil sie keine vernünftige Ausbildung abgeschlossen hatte. „Gibt es sonst noch etwas, das Sie wissen wollen, oder sind wir endlich fertig? Wenn ich den Zug noch erwischen will, muss ich mich beeilen.“
Ihr Blick fiel plötzlich auf ihr pinkfarbenes Notizbuch, das aufgeschlagen auf dem Bettvorleger lag. Hatte Damon etwa darin herumgeblättert? Das Blut schoss in ihre Wangen, als sie an all die albernen Kritzeleien darin dachte.
Damon folgte ihrem Blick. „Es war eine sehr aufschlussreiche Bettlektüre.“
„Hat Ihnen niemand gesagt, dass es sehr schlechtes Benehmen ist, in den privaten Aufzeichnungen fremder Leute herumzuschnüffeln? Gucken Sie auch durch Schlüssellöcher und horchen an Türen?“
„Warum haben Sie mir nicht die Wahrheit gesagt, als ich Sie gestern gefragt habe, wer in der Agentur für die Entwicklung der kreativen Ideen verantwortlich ist?“
„Ich habe Ihnen erklärt, dass das gesamte Team dafür verantwortlich ist. Das ist die Wahrheit!“
„Sie haben das Motto für die Laufschuhkampagne entworfen. Aber das ist noch lange nicht alles! Wenn ich Ihrem Notizbuch glauben kann, sind Sie für jede einzelne Idee verantwortlich, die in den vergangenen drei Jahren von der Prince-Agentur entwickelt wurde. Die Leiterin meiner Finanzabteilung ist Ihre Bilanzen durchgegangen. Wieso haben Ihre Leute einer dermaßen drastischen Gehaltskürzung zugestimmt?“
„Ihre Finanzabteilung wird von einer Frau geleitet? Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“
„Wechseln Sie nicht das Thema!“
„Wieso alle eine Gehaltskürzung hingenommen haben? Was denken Sie denn? Niemand wollte entlassen werden. Wenn Sie schon nicht gehen, machen Sie wenigstens die Augen zu, wenn ich aufstehe. Dies ist kein Gespräch, das ich im Pyjama führen möchte.“ Polly stieg
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