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Parker Pyne ermittelt

Parker Pyne ermittelt

Titel: Parker Pyne ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»Hören Sie«, fing er an. »Was Sie angeht.« Er hielt inne. »Ich – ich muss Sie beschützen.« Dann ließen ihn die Grenzen respektablen Anstands rot anlaufen. »Nicht von hier aus, meine ich. Ich werde dort sein.« Er nickte in Richtung des Waschraums.
    »Wenn Sie hierbleiben möchten – « Sie warf einen Blick auf den oberen, unbenutzten Schlafplatz.
    Roberts errötete bis über beide Ohren. »Nein, nein«, widersprach er ihr. »Da drinnen ist mir schon recht. Wenn Sie mich brauchen, rufen Sie einfach.«
    »Vielen Dank, mein Freund«, sagte die junge Frau sanft.
    Sie glitt auf den unteren Schlafplatz, legte die Decke über sich und lächelte ihn dankbar an. Er zog sich in den Waschraum zurück.
    Plötzlich – es mussten schon mehrere Stunden vergangen sein – dachte er, er hätte etwas gehört. Er lauschte angestrengt – nichts. Vielleicht hatte er sich getäuscht. Und trotzdem war er sich recht sicher, dass er aus dem Abteil nebenan ein leises Geräusch gehört hatte. Wenn es sich nur – wenn es vielleicht…
    Er öffnete leise die Tür. Das Abteil sah genauso aus, wie er es verlassen hatte, einschließlich des kleinen blauen Lichts in der Decke. Er stand einen Augenblick still und bemühte sich im Halbdunkeln etwas zu erkennen, musste aber warten, bis sich seine Augen daran gewöhnt hatten. Er erkannte den Umriss des Schlafplatzes.
    Er war leer. Das Mädchen war verschwunden!
    Er schaltete das Licht ein. Das Abteil war leer. Plötzlich witterte er etwas. Nur ein Hauch, aber er erkannte es – der süße, widerwärtige Geruch von Chloroform!
    Er verließ das Abteil (das nicht verschlossen war, wie er bemerkte) und ging auf den Flur hinaus. Er schaute nach links und nach rechts, aber nichts zu sehen! Sein Blick richtete sich auf die Tür neben der Kabine der jungen Frau. Sie hatte gesagt, dass sich Wassiliewitsch direkt neben ihr befand. Vorsichtig drückte Roberts die Klinke herunter. Die Tür war von innen verriegelt.
    Was sollte er bloß tun? Zutritt verlangen? Aber der Mann würde sich weigern – und außerdem bestand die Chance, dass die Frau nicht bei ihm war! Und wenn sie es wäre, würde sie sich bei ihm dafür bedanken, dass er daraus eine öffentliche Angelegenheit gemacht hatte? Er hatte mittlerweile verstanden, dass Geheimhaltung in diesem Spiel von großer Bedeutung war.
    Ein verstörter kleiner Mann schlich langsam den Flur entlang. An der letzten Kabine blieb er stehen. Die Tür stand offen, und drinnen lag der schlafende Schaffner. Und über ihm hing an einem Haken seine braune Dienstj a cke und Schir m mütze.
     
    In null Komma nichts hatte Roberts sich seine Vorgehensweise überlegt. Nach wenigen Augenblicken hatte er die Jacke angezogen und die Mütze aufgesetzt und eilte den Flur entlang. Er blieb vor der Tür neben dem Abteil der jungen Frau stehen, nahm seinen ganzen Mut zusammen und klopfte bestimmt.
    Als niemand reagierte, klopfte er noch mal.
    »Monsieur.« Er sprach mit seinem besten französischen Akzent.
    Die Tür öffnete sich leicht und ein Kopf wurde hervorgestreckt – der Kopf eines Fremden, haarlos, abgesehen von einem schwarzen Schnurrbart. Es war das Gesicht eines wütenden, bösartigen Menschen.
    »Qu’est-ce-qu’il y a?«, blaffte er ihn an.
    »Votre passport, monsieur.« Roberts wich einen Schritt zurück und deutete ihm herauszukommen.
    Der andere zögerte, kam dann aber hinaus auf den Flur. Roberts hatte damit gerechnet. Wenn er die junge Frau bei sich in der Kabine hatte, würde er den Schaffner nicht hineinkommen lassen wollen. Roberts handelte blitzschnell. Mit ganzer Kraft stieß er den Fremden zur Seite – der Mann war darauf nicht vorbereitet und der schlingernde Zug tat sein Übriges –, stürmte in das Abteil hinein, schloss die Tür hinter sich und verriegelte sie.
    Am Ende eines Schlafplatzes lag sie, mit einem Knebel im Mund und gefesselten Handgelenken. Er befreite sie schnell, und sie fiel ihm seufzend in die Arme.
    »Ich fühle mich so schwach und unwohl«, murmelte sie. »Es war Chloroform, nehme ich an. Hat er – hat er sie bekommen?«
    »Nein.« Roberts tippte leicht an seine Tasche. »Was machen wir jetzt?«, fragte er.
    Die junge Frau setzte sich auf. Sie kam wieder zur Besinnung und betrachtete seine Verkleidung.
    »Wie schlau von Ihnen. So was, dass Sie darauf gekommen sind! Er sagte, er würde mich töten, wenn ich ihm nicht sagte, wo die Juwelen sind. Ich hatte solche Angst – und dann kamen Sie.« Plötzlich lachte sie. »Aber wir

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