Parker Pyne ermittelt
werden für morgen einen Platz im Schlafwagen von Genf nach Paris buchen. Sie werden Wagenplatz Nummer neun reservieren.«
»Und wenn er nicht zur Verfügung steht?«
»Er wird zur Verfügung stehen. Dafür wird gesorgt sein.«
»Schlafwagenplatz Nummer neun«, wiederholte Roberts. »Habe ich mir gemerkt.«
»Auf Ihrer Reise wird Sie jemand wie folgt ansprechen: ›Pardon, Monsieur, aber ich glaube, ich habe Sie vor Kurzem in Grasse gesehen.‹ Ihre Antwort wird lauten: ›Ja, ich war letzten Monat dort.‹ Die Person wird dann sagen: ›Sind Sie an Parfüm interessiert?‹ Und Sie werden antworten: ›Ja, ich stelle synthetisches Jasminöl her.‹ Danach stehen Sie der Person, die Sie angesprochen hat, zur freien Verfügung. Übrigens, sind Sie bewaffnet?«
»Nein«, sagte der kleine Mr Roberts ganz aufgeregt. »Nein; ich habe nie erwartet – oder gedacht – «
»Das lässt sich leicht ändern«, sagte der bärtige Mann. Er blickte sich kurz um. Niemand war in ihrer Nähe. Etwas Hartes und Glänzendes wurde Mr Roberts in die Hand gedrückt. »Klein, die Waffe, aber äußerst wirksam«, sagte der Fremde mit einem Lächeln.
Mr Roberts, der noch nie in seinem Leben einen Revolver abgefeuert hatte, ließ ihn behutsam in seine Tasche gleiten. Ihn beschlich das unbestimmte Gefühl, dass er jeden Augenblick losgehen könnte.
Sie sprachen die Losung erneut durch. Dann erhob sich Roberts’ neuer Freund.
»Ich wünsche Ihnen viel Glück«, sagte er. »Ich hoffe, Sie überstehen das heil. Sie sind ein sehr mutiger Mann, Mr Roberts.«
»Bin ich das?«, fragte sich Roberts, nachdem der andere gegangen war. »Ich bin mir sicher, dass ich nicht getötet werden möchte. Das geht ganz und gar nicht.«
Eine angenehme Nervosität ergriff von ihm Besitz, die nur durch einen nicht ganz so angenehmen Schauer verdorben wurde, der ihm den Rücken hinunterlief.
Er ging auf sein Zimmer und untersuchte die Waffe. Den Mechanismus hatte er immer noch nicht ganz verstanden und hoffte nur, dass er sie nicht würde benutzen müssen.
Dann reservierte er am Bahnhof den Schlafwagenplatz.
Der Zug verließ Genf um 21.30 Uhr. Roberts war sehr früh am Bahnsteig. Der Schlafwagenschaffner nahm sein Ticket, seinen Ausweis und ließ einen Untergebenen Roberts’ Koffer auf die Ablage wuchten. Auf ihr befand sich weiteres Gepäck: ein Schweinslederkoffer und eine exquisite Reisetasche.
»Nummer neun ist der untere Platz«, sagte der Schaffner.
Als sich Roberts umdrehte, um den Waggon zu verlassen, stieß er mit einem großen Mann zusammen, der gerade einstieg. Sie wichen mit entschuldigenden Worten voneinander – Roberts auf Englisch und der Fremde auf Französisch. Er war ein großer, kräftiger Mann mit kurz geschorenen Haaren und dicken Brillengläsern, durch die seine Augen voller Misstrauen um sich zu blicken schienen.
»Was für ein unangenehmer Kerl«, sagte der kleine Mann zu sich selbst.
Sein Reisebegleiter hatte etwas Unheilvolles an sich. Hatte er Schlafwagenplatz Nummer neun gebucht, weil er diesen Mann beobachten sollte? Er hielt es durchaus für möglich. – Er trat wieder auf den Flur. Er hatte noch zehn Minuten bis zur Abfahrt des Zuges, und er dachte, er könnte den Bahnsteig kurz auf und ab gehen. Auf halbem Weg machte er einer Dame Platz. Sie kam gerade in den Zug, und der Schaffner ging mit ihrem Ticket in der Hand vorneweg. Als sie an Roberts vorbeikam, ließ sie ihre Handtasche fallen. Der Engländer hob sie auf und reichte sie ihr.
»Vielen Dank, Monsieur.« Sie sprach ihn auf Englisch an, jedoch mit einem ausländischen Akzent. Ihre leise, aber volle Stimme klang äußerst reizvoll. Als sie gerade weitergehen wollte, zögerte sie kurz und flüsterte: »Pardon, Monsieur, aber ich glaube, ich habe Sie vor Kurzem in Grasse gesehen.«
Roberts’ Herz schlug vor Begeisterung schneller. Er sollte sich diesem bezaubernden Wesen zur Verfügung stellen – und bezaubernd war sie auf jeden Fall, daran gab es keinen Zweifel. Nicht nur bezaubernd, sondern auch adlig und wohlhabend. Sie trug einen pelzbesetzten Reisemantel und einen modischen Hut. Um ihren Hals schmiegte sich eine Perlenkette. Ihre Haut hatte einen dunklen Ton, und ihre Lippen waren scharlachrot.
Roberts antwortete wie verabredet. »Ja, ich war letzten Monat dort.«
»Sind Sie an Parfüm interessiert?«
»Ja, ich stelle synthetisches Jasminöl her.«
Sie neigte ihren Kopf, ging weiter und flüsterte zum Abschied. »Im Flur, sobald der Zug
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