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Parker Pyne ermittelt

Parker Pyne ermittelt

Titel: Parker Pyne ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Patientin?«, fragte er mit einer leisen, aber kräftigen Stimme.
    »Ich bin keine Patientin«, sagte Mrs Rymer.
    »Ihr Körper ist nicht krank«, sagte der Arzt, »aber Ihre Seele ist erschöpft. Wir im Osten wissen diese Krankheit zu heilen. Setzen Sie sich und trinken Sie eine Tasse Kaffee.«
    Mrs Rymer nahm Platz und erhielt eine winzige Tasse des wohlriechenden Gebräus. Während sie trank, sprach der Arzt weiter.
    »Hier im Westen behandeln sie nur den Körper. Ein Fehler. Der Körper ist nur das Instrument. Auf ihm wird eine Melodie gespielt. Es kann eine traurige, müde Melodie sein. Es kann ein fröhliches Lied voller Leben sein. Letzteres werden wir Ihnen zurückgeben. Sie haben Geld. Sie werden es ausgeben und es genießen. Das Leben wird sich wieder zu leben lohnen. Es ist so einfach – einfach – einfach…«
    Schläfrigkeit bemächtigte sich Mrs Rymers. Die Gestalten des Arztes und der Krankenschwester verschwammen. Sie fühlte sich sehr wohl und sehr müde. Die Gestalt des Arztes wurde größer. Die ganze Welt wurde größer.
    Der Doktor schaute in ihre Augen. »Schlafe«, sagte er. »Schlafe. Deine Augenlider werden schwer. Bald wirst du schlafen. Du wirst schlafen. Du wirst schlafen…«
    Mrs Rymer fielen die Augen zu. Sie schwebte in einer wundervollen, riesigen Welt umher…
     
    Als sie die Augen öffnete, schien ihr eine lange Zeit vergangen zu sein. Sie erinnerte sich schwach an verschiedene Dinge – seltsame, unmögliche Träume; dann das Gefühl des Erwachens; dann weitere Träume. Sie erinnerte sich an irgendetwas mit einem Auto und an das dunkelhäutige, wunderschöne Mädchen, das wie eine Krankenschwester gekleidet war und sich über sie beugte.
    Jedenfalls war sie jetzt hellwach und lag in ihrem eigenen Bett.
    Aber war es wirklich ihr eigenes Bett? Es fühlte sich anders an. Ihm fehlte diese wunderbare Weichheit ihres eigenen Bettes. Es erinnerte sie irgendwie an längst vergangene Zeiten. Sie bewegte sich, und es knarzte. Mrs Rymers Bett in der Park Lane knarzte nie.
    Sie schaute sich um. Das war eindeutig nicht Park Lane. War es ein Krankenhaus? Nein, beschloss sie, kein Krankenhaus. Es war aber auch kein Hotel. Vor ihr standen ein Holzwaschstand mit einem Krug neben einer Schale, ein Holzschubladenschrank und eine Blechtruhe. Auf den Haken hing ihr unbekannte Kleidung. Auf dem Bett befand sich eine ziemlich häufig geflickte Decke, und sie selbst lag darin.
    »Wo bin ich?«, fragte Mrs Rymer.
    Die Tür ging auf und eine kleine, mollige Frau wuselte herein. Sie hatte hübsch gerötete Wangen und war bestens gelaunt. Ihre Ärmel hatte sie hochgekrempelt, und sie trug eine Schürze.
    »Ha!«, rief sie aus. »Sie ist wach. Kommen Sie, Herr Doktor.«
    Mrs Rymer öffnete den Mund, um einiges zu sagen – aber es blieb ungesagt, denn der Mann, der der molligen Frau ins Zimmer folgte, hatte nicht im Geringsten Ähnlichkeit mit dem eleganten, dunkelhäutigen Doktor Constantine. Er war ein alter, gebückt gehender Mann, der sie durch dicke Brillengläser anblickte.
    »Das ist besser«, sagte er, kam an ihr Bett und packte Mrs Rymers Handgelenk. »Ihnen wird es schon bald besser gehen, meine Verehrteste.«
    »Was war denn los mit mir?«, verlangte Mrs Rymer zu wissen.
    »Sie hatten eine Art Anfall«, meinte der Arzt. »Sie waren ein oder zwei Tage bewusstlos. Nichts, worüber Sie sich Sorgen zu machen brauchen.«
    »Hast uns einen echten Schrecken eingejagt, Hannah«, sagte die mollige Frau. »Du hast auch ganz schön fantasiert und die merkwürdigsten Dinge erzählt.«
    »Ja, ja, Mrs Gardner«, sagte der Doktor, um sie zu unterbrechen. »Aber wir dürfen die Patientin nicht aufregen. Sie werden bald schon wieder auf den Beinen sein, meine Liebe.«
    »Mach dir keine Sorgen um deine Arbeit, Hannah«, sagte Mrs Gardner. »Mrs Roberts hat vorbeigeschaut und mir geholfen, und wir haben alles im Griff. Bleib ruhig liegen und erhole dich, meine Liebe.«
    »Warum nennen Sie mich Hannah?«, fragte Mrs Rymer.
    »Nun, das ist dein Name«, sagte Mrs Gardner verwirrt.
    »Nein, ist er nicht. Mein Name ist Amelia. Amelia Rymer. Mrs Abner Rymer.«
    Der Arzt und Mrs Gardner warfen sich einen kurzen Blick zu.
    »Nun, werde erst mal wieder gesund«, sagte Mrs Gardner.
    »Ja, genau; machen Sie sich keine Gedanken«, sagte der Arzt.
    Sie verließen den Raum. Mrs Rymer rätselte über das Geschehene. Warum hatten sie sie Hannah genannt, und warum hatten sie sich diesen leicht amüsierten Blick zugeworfen, als sie

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