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Parker Pyne ermittelt

Parker Pyne ermittelt

Titel: Parker Pyne ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»Neid und Häme?«, warf er ein. »Sie haben recht, Monsieur. Wir wünschen uns alle so reich zu sein, dass wir mehrere dieser Perlenohrringe kaufen könnten. Außer vielleicht unser Monsieur hier.«
    Er verbeugte sich vor Doktor Carver, der wie üblich wieder etwas abwesend war. Er spielte mit einem kleinen Objekt in seinen Händen.
    »Hm?« Er riss sich zusammen. »Nein, ich muss gestehen, dass ich mich nicht für große Perlen interessiere. Geld ist natürlich immer nützlich.« Sein Tonfall zeigte, welche Funktion Geld für ihn besaß. »Aber sehen Sie sich das an«, sagte er. »Hier habe ich etwas, das hundert Mal interessanter ist als Perlen.«
    »Was ist es denn?«
    »Das ist ein Rollsiegel aus schwarzem Hämatit, auf dem eine Opferszene eingraviert ist – ein Gott stellt einen Bittsteller einem anderen Gott vor, der auf seinem Thron sitzt. Der Bittsteller trägt ein Zicklein als Opfer, und der erhabene Gott auf seinem Thron lässt sich von einem Lakaien die Fliegen mit einem Palmwedel vom Leibe halten. Diese saubere Inschrift weist den Mann als einen Diener Hammurapis aus, was bedeutet, dass es vor knapp viertausend Jahren hergestellt wurde.«
    Er entnahm seiner Hosentasche einen Klumpen Knetgummi, schmierte etwas davon auf den Tisch, ölte es mit ein wenig Vaseline ein und drückte das Siegel mit einer rollenden Bewegung darüber. Dann schnitt er mit einem Taschenmesser ein Viereck aus dem Knetgummi und hebelte es vorsichtig von der Oberfläche hoch.
    »Sehen Sie?«, fragte er.
    Die Szene, die er zuvor beschrieben hatte, lag nun vor ihnen, sauber und klar auf dem Knetgummi zu erkennen.
    Einen Moment lang zog eine glorreiche Vergangenheit sie in ihren Bann. Dann unterbrach Mr Blundells unmelodisch klingende Stimme den Zauber.
    »Hört mal, ihr Neger! Bringt mein Gepäck aus dieser verdammten Höhle in ein Zelt! Diese unsichtbaren Mistviecher beißen heut wie blöde! Ich werde kein Auge zumachen.«
    »Unsichtbare Mistviecher?«, fragte Sir Donald.
    »Vermutlich Sandfliegen«, antwortete Doktor Carver.
    »Mir gefallt ›unsichtbare Mistviecher‹«, sagte Mr Parker Pyne. »Es ist ein viel passenderer Name.«
     
    Die Gruppe brach morgens früh auf, setzte sich aber erst nach verschiedensten, begeisterten Ausrufen über die Farbe und Zeichnungen des Gesteins in Bewegung. Die ›rote‹ Stadt war tatsächlich eine Laune der Natur, die sich in farbenfroher und verschwenderischer Form ausgetobt hatte. Die Gruppe kam nur langsam voran, da Doktor Carver seine Augen stets auf den Boden gerichtet hielt und von Zeit zu Zeit kleine Objekte aufhob.
    »Den Archäologen kann man stets erkennen«, sagte Colonel Dubosc lächelnd. »Er blickt niemals in den Himmel, noch sieht er die Berge oder die Schönheit der Natur. Er ist mit gesenktem Kopf immer auf der Suche.«
    »Ja, aber wonach?«, fragte Carol. »Was sind das denn für Dinger, die Sie aufheben, Doktor Carver?«
    Mit einem schwachen Lächeln hielt der Archäologe einige schlammverkrustete Keramikscherben hoch.
    »Was für ein Müll!«, rief Carol verächtlich aus.
    »Keramik ist interessanter als Gold«, sagte Doktor Carver. Carol starrte ihn ungläubig an.
    Sie erreichten eine scharfe Biegung und gingen an zwei oder drei Gräbern vorbei, die in den Fels gehauen waren. Der Anstieg erwies sich als recht anstrengend. Die Beduinen, die ihnen als Bewacher dienten, eilten die steil abfallenden Abhänge unbekümmert hinauf, ohne auch nur einen Blick in die gähnende Tiefe neben sich zu werfen.
    Carol wirkte recht blass. Ein Bewacher sprang von oben herab und reichte ihr die Hand. Hurst trat vor sie und hielt ihr seinen Spazierstock wie ein Geländer neben den Abgrund. Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu und stand eine Minute später sicher auf einem breiten Felspfad. Die anderen folgten langsam. Die Sonne stand nun hoch am Horizont, und die Hitze machte sich bemerkbar.
    Endlich erreichten sie ein großes Plateau kurz unter dem Gipfel. Ein leichter Anstieg führte zu einem großen, viereckigen Felsblock. Blundell gab ihrem Reiseleiter durch Zeichen zu verstehen, dass die Gruppe nun allein weitergehen würde. Die Beduinen machten es sich an den Felsen gemütlich und rauchten. Nach wenigen Minuten erreichte die Reisegruppe den Gipfel.
    Es war ein merkwürdiger, leerer Ort. Der Ausblick war atemberaubend, und sie konnten die Täler zu allen Seiten sehen. Sie standen auf einem ebenen, rechteckigen Platz, an dessen Seite Felsbecken in den Stein getrieben worden waren. Ein

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