Parker Pyne ermittelt
Carver in seine Tasche und holte einen formlosen Klumpen Knetgummi hervor.
»Sehr schlau von Ihnen«, sagte er. Sein Gesicht war eine ausdruckslose Maske.
»Ich würde gerne mit Ihnen darüber reden«, sagte Mr Parker Pyne.
Mit geschäftigen Fingern und einem Grunzen barg er einen leicht verschmierten Perlenohrring. »Aus reiner Neugier, wissen Sie?«, fügte er entschuldigend hinzu. »Ich würde es gerne hören.«
»Ich erzähle es Ihnen«, sagte Carver, »wenn Sie mir erklären, wie Ihr Verdacht auf mich gefallen ist. Sie haben doch nichts bemerkt, oder?«
Mr Parker Pyne schüttelte den Kopf. »Ich habe nur darüber nachgedacht.«
»Zu Beginn war es reiner Zufall«, sagte Carver. »Ich bin den ganzen Morgen lang hinter ihnen hergelaufen, und plötzlich lag er vor meinen Füßen – er musste dem Mädchen kurz zuvor vom Ohr geglitten sein. Es war ihr nicht aufgefallen. Niemandem war es aufgefallen. Ich habe ihn aufgehoben und in die Tasche gesteckt, um ihn ihr sofort zurückzugeben, sobald ich sie eingeholt hatte. Aber dann habe ich es vergessen.«
»Und dann, als wir etwa die Hälfte des Aufstiegs geschafft hatten, habe ich angefangen nachzudenken. Das Juwel war für dieses alberne Mädchen ohne jede Bedeutung – ihr Vater würde ihr einfach ein neues kaufen, ohne den Verlust überhaupt zu spüren. Aber mir würde es eine Menge bringen. Der Verkauf dieser Perle würde eine gesamte Expedition ausstatten.« Sein teilnahmsloses Gesicht zuckte plötzlich und wirkte auf einmal ganz lebendig. »Wissen Sie, wie schwierig es heutzutage ist, die Mittel für eine Grabung zusammenzubekommen? Nein, natürlich nicht. Der Verkauf dieser Perle würde alles erleichtern. Es gibt einen Fundort, an dem ich ausgraben möchte – oben in Belutschistan. Ein ganzes Kapitel der Vergangenheit wartet darauf, entdeckt zu werden…«
»Es fiel mir wieder ein, was Sie gestern gesagt hatten – über einen beeinflussbaren Zeugen. Ich dachte, die junge Frau wäre genau dieser Typ. Als wir den Gipfel erreichten, habe ich ihr gesagt, ihr Ohrring wäre lose. Ich tat so, als ob ich ihn wieder festdrehte. Was ich wirklich getan habe, war, die Spitze eines kleinen Bleistifts in ihr Ohr zu drücken. Ein paar Minuten später habe ich einen Kieselstein fallen lassen. Sie war mehr als bereit darauf zu schwören, dass der Ohrring in ihrem Ohr gesteckt hatte und gerade erst hinuntergefallen war. In der Zwischenzeit drückte ich die Perle in einen Klumpen Knetgummi in meiner Tasche. Das ist die gesamte Geschichte. Wenig erquicklich. Jetzt sind Sie an der Reihe.«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, meinte Mr Parker Pyne. »Sie waren der einzige Mann, der Dinge vom Boden aufgehoben hatte – deswegen habe ich an Sie gedacht. Und diesen kleinen Kieselstein zu finden war entscheidend. Das wies auf Ihren Trick hin. Und dann – «
»Fahren Sie fort«, sagte Carver.
»Nun, wissen Sie, sie hatten sich ein wenig zu sehr beim Thema Ehrlichkeit ereifert. Sie wissen ja, was Shakespeare dazu sagt – ›Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zu viel.‹ Es schien irgendwie, als ob Sie sich selbst zu überzeugen versuchten. Und das Geld haben Sie mit zu viel Verachtung gestraft.«
Das Gesicht des Mannes vor ihm wirkte nun müde und voller Sorgenfalten. »Nun, es ist vorbei«, sagte er. »Mit mir ist es jetzt aus. Sie werden der Frau ihren Tand zurückgeben, nehme ich an? Eine seltsame Sache, dieses barbarische Verlangen nach Verzierung. Es reicht bis ins Paläolithikum zurück. Einer der ersten Instinkte des weiblichen Geschlechts.«
»Ich denke, Sie schätzen Miss Carol falsch ein«, sagte Mr Parker Pyne. »Sie hat Köpfchen – und was noch wichtiger ist, sie hat ein goldenes Herz. Ich denke, sie wird die ganze Angelegenheit für sich behalten.«
»Der Vater aber nicht«, sagte der Archäologe.
»Ich denke schon. Wissen Sie, ›Papa‹ hat seine Gründe, warum er sich ruhig verhält. An diesem Ohrring hängen keine vierzigtausend Dollar. Ein einfacher Fünfer deckt seinen Wert ab.«
»Sie meinen -?«
»Genau. Die junge Frau weiß von nichts. Sie hält sie auf jeden Fall für echt. Ich bin letzte Nacht misstrauisch geworden. Mr Blundell hat zu ausführlich über all das Geld gesprochen, das er besitzt. Wenn die Sachen nicht so gut laufen und man in geschäftliche Schwierigkeiten gerät, dann ist das Beste immer noch, sich nichts daraus zu machen und einfach zu bluffen. Mr Blundell hat geblufft.«
Plötzlich grinste Dr. Carver. Es war das ansteckende
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