Parrish Plessis 02 - Code Noir
auf die Robokids zu, wobei es sich bei ihnen zwar um eine Zufallskreation handelte, die aber dennoch von Menschenhand erschaffen worden war.
Was auch immer sich in diesem Gebiet ereignet hatte, die Menschen hier sahen aus, als hätten sie einen Krieg mit Biowaffen überlebt.
Ich konnte nur raten: »Meinst du etwa Nanos?«
»Nein. Nanos werden doch nur beim Bau von Häusern oder bei Reparaturen eingesetzt. Warum glaubst du wohl, ist Vivacity so sauber und perfekt? Die Stadt wird buchstäblich von Nanos überschwemmt«, erklärte Daac.
Viva! Ich erinnerte mich noch sehr gut an die makellosen Straßen, die glitzernden Gebäude und die frische Luft.
Loyl fuhr fort: »Nein, die Wilde Technologie hat etwas mit der Verschmutzung des Bodens zu tun; es sind Mutationen auf molekularer Ebene.« Er atmete tief durch. »Vor langer Zeit gab es hier neben der üblichen Industrie auch riesige Produktionsanlagen unter der Erde. Das alles geschah in einer Ära, lange bevor überhaupt jemand daran gedacht hat, diese Villenmetropole zu errichten.« Loyl ließ seinen Blick umher wandern – genau wie bei mir lag auch in seinen Augen eine fremde Mischung aus. Faszination und Angst. Ich hatte noch nie erlebt, dass er sich auch nur im Geringsten vor etwas fürchtete.
»Kennst du diesen Ort? Weißt du, wie es hier früher einmal ausgesehen hat?«, fragte ich neugierig.
»Ich kenne nur die üblichen Gerüchte. Bisher hatte ich nie einen Grund, hierher zu kommen.«
»Und wie hast du es über den Kanal geschafft?«
Loyl zog die Schultern hoch. »Mein Großvater hat Boote aus Samenhülsen gebaut. Keine Problem für mich.«
Er ergriff meinen Oberarm mit seiner künstlichen Hand und zog mich hinter sich her.
Ich stöhnte leise.
»Hast du dich verletzt?«, fragte er besorgt.
»Nun ja, ich hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Bungarra.«
»Ja«, sagte er lachend, »dem bin ich auch begegnet. Draußen, in den Midlands, gibt es auch solche Tiere. Wenn man diesen Biestern zu nahe kommt, können sie ganz schön gefährlich werden.«
»Hat dich denn auch diese Kanratten-Versammlung empfangen?«
Wir waren in einen leichten Trott gefallen, in der Hoffnung, auf diese Weise den Eindruck erwecken zu können, wir würden uns hier auskennen. Einfach nur in der Gegend herumzustehen, brachte einen hier unweigerlich in Schwierigkeiten; so viel hatte ich mittlerweile begriffen.
»Ich habe die Schreie der Kanratten gehört und einen weiten Bogen geschlagen. Ansonsten hat es keine Probleme gegeben«, bemerkte Daac beiläufig.
Ich fragte mich, wie es sich für einen Heiligen wie Daac wohl anfühlen mochte, durch die Hölle zu wandern – gedankenverloren und unnahbar.
»Warum fragst du, Parrish? Hattest du etwa Probleme?« Loyl zog mich näher zu sich heran.
Ich wich vor ihm zurück. »Ja, allerdings.«
Natürlich hatte ich nicht die geringste Absicht, ihm etwas über meine Erlebnisse auf dem Weg hierher zu erzählen. Erstens klang das Meiste davon einfach zu verrückt, und außerdem wollte ich diese Informationen nicht mit meinem Konkurrenten teilen.
Das musste ein Geistesblitz gewesen sein, denn genau das war Daac: mein Konkurrent, mein Widersacher.
Endlich hatte ich eine Schublade für ihn gefunden. Es fiel mir wesentlich leichter von ihm als einen Konkurrenten zu sprechen, anstatt ihn meinen heimlichen Schwarm, einen Heiligen oder Volkshelden zu nennen.
Wir stritten beide um das Vorrecht, die Zukunft des Tert nach unseren gegensätzlichen Vorstellungen zu formen, und im Moment bedeutete das: Wer als erster herausfand, was in Dis vor sich ging, würde die Nase vorne haben.
Plötzlich überfiel mich die beängstigende Vorstellung, dass Daac meinen Kampf mit dem Bungarra und den Kanratten möglicherweise beobachtet und geglaubt hatte, ich sei tot. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte seine Gedanken lesen; ich konnte nie ganz sicher sein, was in seinem Kopf vor sich ging.
»Weißt du überhaupt, wonach du suchst, Parrish?«, wollte er von mir wissen.
»Weißt du es?«
»Es macht dir doch nichts aus, wenn ich dich ein wenig begleite, oder?«
Ich setzte eine gleichgültige Miene auf. »Wäre ja nicht das erste Mal.«
Schulter an Schulter trotteten wir nebeneinander her, wie zwei Milizionäre auf Patrouille.
»Leesa Tulu gehört mir, Loyl«, flüsterte ich.
Er packte meine verletzte Schulter. »Nein.«
Trotz der Schmerzen elektrisierte mich seine Berührung. Ich wollte ihn. Wie Feuer brannte plötzlich das Verlangen in
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