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Partials 1 – Aufbruch

Partials 1 – Aufbruch

Titel: Partials 1 – Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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bilden und mich für einen anderen, schöneren Job zu qualifizieren, aber
alle Schulen haben meine Bewerbungen abgelehnt. Wir konnten nicht aus dem Slum
ausziehen, den uns die Regierung zugewiesen hatte, weil unsere Gehälter kaum
zum Überleben reichten, und außerdem wollte uns sowieso niemand etwas
verkaufen. Wer will schon neben künstlichen Leuten leben?«
    »Also habt ihr rebelliert.«
    »Wir haben euch gehasst. Ich habe euch gehasst.« Er wandte den Kopf
und fing ihren Blick ein. »Aber ich wollte keinen Völkermord verüben. Keiner
von uns wollte das.«
    »Jemand hat es aber getan«, murmelte Kira mit belegter Stimme. Ihr
kamen fast die Tränen.
    »Ihr habt jede Verbindung zur Vergangenheit verloren«, fuhr Samm
fort. »Ich weiß genau, wie du dich fühlst.«
    »Nein, weißt du nicht«, fauchte Kira. »Du kannst sagen, was du
willst, aber wag nicht, so etwas zu behaupten! Wir haben unsere Welt und unsere
Zukunft verloren, unsere Familien …«
    »Dir wurden die Eltern genommen«, sagte Samm einfach. »Wir haben
unsere getötet, als wir euch getötet haben. Egal, welche Schmerzen du
empfindest, du hast nicht obendrein auch noch Schuldgefühle.«
    Kira biss sich auf die Unterlippe und versuchte, ihre Empfindungen
zu begreifen. Samm war der Feind, und doch tat er ihr leid. Seine Worte hatten
sie wütend gemacht, und doch hatte sie deshalb beinahe ein schlechtes Gewissen.
Sie schluckte und rang sich eine Antwort ab, die teils eine Anklage und teils
ein verzweifeltes Flehen um Verständnis war. »Erzählst du mir dies alles
deshalb? Weil du dich schlecht fühlst, nachdem du uns getötet hast?«
    »Ich erzähle es dir, weil du verstehen sollst, dass das Heilmittel nicht
ausreicht. Der Krieg war vernichtend, aber die Probleme haben viel früher
begonnen.«
    Kira schüttelte den Kopf, ihre Antwort fiel schärfer aus, als sie
selbst erwartet hätte. »Sag mir nicht, was ich verstehen muss!« Sie ließ ihn liegen
und machte sich wieder an die Arbeit.
    »Es ist ein Kommunikationssystem«, erklärte Kira. Es war Abend,
und da sie das Mittagessen ausgelassen hatte, nahm sie nun mit Marcus ein
frühes Abendessen ein. Er hatte bei einem Straßenverkäufer Sushi erstanden, und
nun aßen sie in einem leeren Zimmer im zweiten Stock, weit entfernt vom Treiben
der Menschen weiter unten. Sie biss ab, schluckte, sprach dabei unablässig
weiter und war so aufgeregt, dass sich ihre Stimme fast überschlug. Die
Unterhaltung mit Samm ging ihr nicht aus dem Sinn. Irgendetwas hatte sie in
starke Erregung versetzt, doch sie schob es zur Seite und konzentrierte sich
lieber auf die neuen Entdeckungen. Es gelang ihr beinahe. »Ein chemisches
Kommunikationssystem, ähnlich wie bei Ameisen, aber unendlich komplizierter.
Stell dir vor, du könntest mit Leuten sprechen, indem du atmest. Du musst kein
Wort sagen, sondern wüsstest sofort alles …«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du kein Wort sagst«, antwortete
Marcus. »Du würdest ziemlich bald ausrasten.«
    »Haha!«, machte Kira und verdrehte die Augen.
    »Aber wie funktioniert das überhaupt?«
    »Ich weiß noch nicht, was sie sich chemisch mitteilen können. Bisher
habe ich mindestens zwanzig verschiedene Pheromone katalogisiert, und selbst
mit der zehnfachen Menge wäre es noch ein sehr kleines Vokabular. Aber wenn
einer von ihnen beispielsweise Ich bin verwundet sendet, sobald ein Soldat getroffen wird, dann erfahren es die anderen sofort
und wissen auch, wo sie ihn finden. Es ist ein Sinn, den wir nicht haben. Eine
Art Gruppengefühl, nur dass es für den Partial beständig ist und zu seinem
Wesen gehört. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, von so etwas abgeschnitten
zu sein? Er muss sich einsamer fühlen als …« Sie dachte über Samms Worte nach
und erinnerte sich, dass er die Menschheit als seine Eltern bezeichnet hatte.
Wie musste es sein, wenn man sich da draußen in dem weiten, leeren und stillen
Amerika bewegte? »Sie sind allein, Marcus. Das ist doch irgendwie tragisch,
nicht wahr?«
    »Nur gut, dass er dich hat und du dich um ihn kümmerst«, erwiderte
Marcus. »Ich fände es traurig, wenn sich der arme Partial einsam fühlen würde.«
    »Das meinte ich nicht«, widersprach Kira. »Ich würde das nur auch
gern können, Marcus. Du hast doch wie ich eine medizinische Ausbildung, und ich
dachte, du verstehst, warum das so cool ist. Es geht nicht um Samm, es geht um …«
    »Ah, dann seid ihr euch menschlich nähergekommen, ja?« Es sollte wie
ein Scherz klingen,

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