Partials 1 – Aufbruch
Raubtier, und die Vermehrung ging weiter.
Shaylon betrachtete Samm. »Was ist das?«, fragte er unsicher und
nervös.
»Ich habe keine Ahnung.« Kira knirschte mit den Zähnen und stürzte
sich auf den wachsenden Stapel der Berichte, Scans und Bilder, um endlich zu
finden, was sie suchte: den Umwandlungsprozess von der Spore zum Raubtier. Die
kleinen Einzelheiten, die ihr verrieten, wie das Virus funktionierte und welche
chemischen Abläufe mit jedem Prozess verbunden waren. Die Informationsflut
überwältigte sie, als versuchte sie aus einem Wasserfall zu trinken. Auf einmal
fuhr Shaylon auf, legte den Finger an den Kopfhörer und ging in die Hocke.
»Runter!«
»Warum? Was ist …«
»Runter!«, wiederholte Shaylon mit Nachdruck und zog Kira hinter den
Metallkasten des Mikroskops. »Da schleicht jemand herum. Man vermutet, dass
jemand aus dem Gefängnis ausgebrochen ist.«
Kira spähte um die Ecke des Computers. Samm beobachtete sie voller Interesse.
Will ihn wirklich jemand holen?, fragte sie sich. Ihre Pistole steckte im
Halfter, das auf der Arbeitsfläche lag. Viel zu weit entfernt, um sie von dem
Versteck aus zu erreichen. Falls jemand eindrang, konnte sie die Waffe nicht
mehr rechtzeitig an sich nehmen.
Sie blickte zu Shaylon hinüber, der aufmerksam dem Funkverkehr
lauschte. »Sie glauben, die Gefahr sei draußen«, berichtete er leise. »Du
bleibst hier, während ich aus dem Fenster sehe.« Geduckt lief er zur Wand und
hielt ständig das Gewehr bereit. Kira blickte zu Samm, dann zur Tür, rannte zur
Theke und griff nach der Pistole. Dann tauchte sie sofort wieder ab. In
Richtung Fenster war sie gedeckt, aber nicht zur Tür hin. War der zweite Soldat
noch draußen? Sie zog die Pistole aus dem Halfter und warf das Leder in die
Ecke, dann überprüfte sie Magazin und Kammer.
»Ich erkenne nichts«, berichtete Shaylon. Vorsichtig stand er auf,
schmiegte sich dicht an die Wand und spähte schräg hinaus. Er hob die Hand ans
Ohr und redete beunruhigt mit Mkele. »Ich sehe nichts … Moment, da draußen bei
den Autos. Sind sie denn noch so weit weg?«
Es ist doch sinnlos, das Krankenhaus bei vollem Tageslicht
anzugreifen, dachte Kira. Die Autos bieten eine gute Deckung, und vor dem
Gebäude gibt es Bäume, aber ideal ist es nicht. Wenn sie die Wand durchbrechen
wollen, kämen sie besser bei Nacht. Warum warten sie nicht, bis sie überall
günstigere Bedingungen vorfinden?
Wart mal!, dachte sie auf einmal. Wenn sie durch die Wand kommen …
Sie sprang auf und lief zu Shaylon hinüber. »Zurück! Du bist zu nahe
an der …« Dann explodierte die Mauer. Ziegelsteine, Metall und Putz platzten
nach innen wie eine große Blase. Die Schockwelle erfasste Kira und stieß sie
wie mit unsichtbarer Hand zurück. Shaylon wurde zur Seite geworfen und landete
auf dem Boden wie eine Lumpenpuppe. Sogar Samm wurde weggeschleudert, und der
Operationstisch flog wie ein trockenes Blatt durch die Luft. Er rammte Kiras
Schreibtisch und stürzte um.
Kira prallte mit großer Wucht gegen die Rückwand, konnte nicht mehr
atmen und verlor die Waffe. Sie landete hinter dem Ganzkörperscanner, der
bereits bedenklich schwankte und dann mit ihr umfiel und sie am Boden
festklemmte. Kira schrie vor Schmerz auf und war sicher, dass ein Bein
gebrochen war, dann überwand sie sich und blieb ruhig.
Tief durchatmen, Kira, redete sie sich gut zu. Tief durchatmen. Du
darfst die Beherrschung nicht verlieren. Langsam setzte die Wahrnehmung wieder
ein, und auch die Schmerzen im Bein wurden stärker. Das Bein war nicht
gebrochen, nur eingeklemmt. Du kannst die Maschine wegschieben, dachte sie. Sie
hörte im Raum eine Bewegung, Schutt prasselte herunter. Besorgt sah sie sich
um, doch die Maschine versperrte ihr den Blick, sie konnte nur die Tür
erkennen. Der Plastiktunnel hing zerfetzt von der Decke herab, die Trümmer der
eingedrückten Wand hatten ihn zerstört und gegen die Tür gepresst, die jetzt
versperrt war. Im eingeklemmten Bein spürte Kira einen kleinen elektrischen
Schlag. Das Plastikgehäuse des Scanners war defekt. Die Maschine hat einen Kurzschluss,
ging ihr auf. Ich muss mich befreien. Sie hörte weitere Schreie, irgendwo
bewegte sich jemand. War es Shaylon oder Samm? Sie stemmte die Arme gegen die
Wand, setzte das unverletzte Bein an die Maschine und schob mit aller Kraft.
Der Apparat rutschte eine Handbreit, dann eine weitere. Langsam und
quälend bewegte er sich, dann hörte sie tief in der Maschine etwas knacken, und
sie
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