Partials 1 – Aufbruch
Ich konnte mich ja nicht bewegen und
erst recht nicht mit jemandem reden, der über die Vorgänge Bescheid wusste.«
Kira sank auf das Kissen zurück und grunzte erleichtert, als die
Spannung in dem verbrannten Bein nachließ. »Ich dürfte gar nicht hier
herumliegen. Ich muss herausfinden, was los ist.«
»Das sollten wir beide.«
Kira lachte trocken. »Das klingt, als wärst du genauso übel dran wie
ich.«
»Ach ja, weißt du, es geht auf und ab.« Madison rutschte auf dem
Bett hin und her, bis sie bequemer lag. »Ich habe noch zehn Wochen und kann von
Glück reden, wenn es noch vier werden.« Sie war traurig und sprach leise. »Ich
werde sie verlieren, Kira.«
»Du wirst sie nicht verlieren.«
»Selbst wenn sie zur richtigen Zeit geboren wird, selbst wenn sie zu
spät geboren wird und viel Zeit hat, sich zu entwickeln, werde ich sie wegen
des RM -Virus verlieren.«
»Das lasse ich nicht zu.«
»Du kannst es nicht verhindern«, beharrte Madison. »Ich weiß, dass
du es versuchst und alles Menschenmögliche getan hast, um mir zu helfen, aber
das reicht nicht. Vielleicht eines Tages, aber nicht für mich.« Ihre Stimme
brach. »Nicht für Arwen.«
Kira warf den Kopf herum. »Wer ist Arwen?« Sie hatte angenommen, ihr
seien alle schwangeren Frauen bekannt. Ob Arwen neu ist?, fragte sie sich. Ich
habe nur ein paar Tage mit Samm verbracht, aber das war offenbar genug Zeit, um
weitere werdende Mütter auf die Liste zu setzen.
Madison setzte zum Sprechen an, zögerte dann aber. »Arwen ist mein Baby«,
flüsterte sie schließlich. »Ich habe ihr einen Namen gegeben.«
Die Worte trafen Kira wie ein Fausthieb in den Magen.
»Mads …«
»Ich weiß, ich hätte es nicht tun sollen«, murmelte Madison. »Ich
weiß. Aber ich liebe meine Tochter, Kira. Ich liebe sie mehr, als ich es dir
überhaupt erklären kann. Es ist, als würde ich sie schon ewig kennen – sie ist
so eigensinnig und stark und so … witzig. Ich weiß, wie lächerlich das klingt,
aber sie bringt mich jeden Tag zum Lachen. Es ist, als erzählten wir uns einen
Witz, den niemand sonst versteht. Es war mir unmöglich, ihr keinen Namen zu geben, Kira. Sie ist ein echter Mensch.«
»Es tut mir so leid, Mads.« Kira wischte sich die Augen trocken.
»Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es für dich ist, wenn sich Samm in
diesem Gebäude aufhält …«
»Haru weiß nicht, dass ich einen Namen für sie ausgesucht habe«,
fuhr Madison fort. »Übrigens hasse ich den Partial nicht.« Kira glaubte, im
Zwielicht ein Achselzucken zu erkennen. »Was die Partials auch getan haben, es
geschah vor elf Jahren. Wenn ich so lange an meinem Hass festhalte, bin ich so
tot wie alle, die wir hinter uns gelassen haben. Ich will in keiner Welt voller
toter Menschen leben.« Sie hielt inne und holte tief Luft. »Aber selbst wenn
sie stirbt, ich werde meine Tochter wenigstens kennenlernen und kann mit ihr
über ihre Scherze lachen.«
Die Tür öffnete sich erneut, und Oberschwester Hardy trat mit einer
Spritze ein. Kira musste sich schon wieder die Augen wischen.
»Nur eine kleine Hilfe, damit Sie schlafen«, erklärte die Schwester.
»Ich brauche nichts«, widersprach Madison.
»Sie wollen es nicht«, korrigierte Hardy, während sie die Injektion
vorbereitete. »Ich bin diejenige, die entscheidet, was Sie brauchen. Etwas
Schlaf wird Ihnen guttun.« Sie nahm die Kappe von Madisons Infusionsschlauch,
stach die Nadel hinein und injizierte das Mittel. »Fertig. Es müsste in ein
paar Minuten wirken, und dann können Sie sich endlich ausruhen. Wir sehen uns
morgen früh.«
Madison seufzte. »Na gut.«
»Ich will Mkele sprechen«, verlangte Kira. »Sofort.«
»Und wie soll mir das Ihrer Meinung nach gelingen?«, gab
Oberschwester Hardy zurück. »Das Krankenhaus wurde angegriffen. Mkele ist
beschäftigt.«
»Können Sie ihn suchen?«
Hardy deutete auf Madison und hob hilflos die Schultern. »Sie ist
eine von sieben Müttern auf dieser Station. Ich habe selbst mehr als genug zu
tun.« Sie seufzte. »Wenn ich ihn sehe, sage ich ihm, dass Sie ihn sprechen
wollen.«
»Danke.«
Oberschwester Hardy drehte das Licht herunter und ging hinaus.
»Arwen Sato«, sagte Kira. »Das ist ein schöner Name.«
»Meine Großmutter hieß so«, erklärte Madison. »Haru hätte lieber
einen japanischen Namen gewollt, aber ich glaube, Arwen gefällt ihm auch.«
»Der gefällt ihm bestimmt«, versicherte Kira ihrer Freundin.
»Dann sehen wir uns … morgen früh.« Madison gähnte
Weitere Kostenlose Bücher